Tschechische Filmwoche und „Vergessene Nachbarn“ in München
Die tschechische Filmwoche im Münchener Kino „Neue Arena“, eine Suche nach den verschwundenen jüdischen Nachbarn im Sudetendeutschen Haus und die Ausstellung „Tschechisches Memory“ im eigenen Ausstellungssaal: Das Tschechische Zentrum in München hat auch für den Juli ein reichhaltiges Programm vorbereitet. Dazu ein Gespräch mit der Leiterin des Zentrums, Zuzana Jürgens.
„Hier in Bayern fangen die Ferien erst im August an, deswegen machen wir im Juli noch ein reges Programm. Bei uns beginnt die tschechische Filmwoche, bei der wir das aktuelle tschechische Kino präsentieren. Die Tschechische Filmwoche geht vom 8. bis zum 13. Juli“
In welcher Weise werden die tschechischen Filme in München gezeigt: Bieten Sie eine Übersetzung ins Deutsche an oder muss man Tschechisch beherrschen?
„Wir wollen das tschechische Kino dem deutschen Publikum präsentieren, deswegen wollen wir niemandem zumuten, dass er nur mit Tschechisch-Kenntnissen kommen kann. Wir zeigen die Filme in einem traditionsreichen Münchner Kino, im Neue-Arena-Kino, und alle Filme sind mit Untertiteln ausgestattet. Leider sind es englischsprachige Untertitel, das kann vielleicht eine kleine Hürde sein. Dies war aber in den letzten Jahren auch schon so, und trotzdem waren wir mit den Besucherzahlen sehr zufrieden.“
Werden im Allgemeinen überhaupt viele tschechische Filme ins Deutsche übersetzt?
„Das kommt drauf an, ob der Film in den deutschen Vertrieb kommt. Dann wird er natürlich nicht nur mit Untertiteln ausgestattet, sondern wird auch synchronisiert. Das war in der neuesten Zeit zum Beispiel der Fall des Films `Habermann` von Juraj Herz. Der Film entstand sogar in deutsch-tschechischer Koproduktion und lief ganz normal in den Kinos. Aber der Sinn der Tschechischen Filmwoche ist von Anfang an eben das zu zeigen, was man als normaler Kinobesucher nicht sehen kann.“Gibt es einen Film, den Sie aus dem Programm der Tschechischen Filmwoche besonders empfehlen möchten? Haben Sie da Ihre eigenen Tipps?
„Natürlich. Wenn ich darf, wird es nicht bei einem bleiben. Ich würde ganz gerne den Eröffnungsfilm erwähnen, ´Pouta´ (´Handfesseln´) von Radim Špaček. Zu der Eröffnung kommt auch der Drehbuchautor Ondřej Štindl. Und ich freue mich sehr, dass wir den Streifen zeigen können, weil er ja auch in Tschechien sehr erfolgreich war und viele Preise gewonnen hatte. Zugleich ist er einem Thema gewidmet, das auch Deutschland betrifft, nämlich der Geheimpolizei, der Verfolgung der Bürger durch die Geheimpolizei. Für mich ist es ein sehr beeindruckender Film. Das einerseits und andererseits haben wir uns diesmal ein bisschen tschechische Trickfilme vorgenommen, die – das möchte ich betonen – nicht nur für Kinder sind. Wir zeigen ´Kuky´ von Jan Svěrák, das ist ein Familienfilm, und dann auch ´Fimfárum´, einen Film nach drei Geschichten von Jan Werich - und auch das ist für Kinder, für ältere Kinder und für Erwachsene. Der Film ist sehr unterhaltsam.“„Verschwundene Nachbarn“ ist der Name eines umfangreichen Projekts, das in München nun im Rahmen einer Ausstellung präsentiert wird. Wer sind diese verschwundenen Nachbarn und was zeigt die Ausstellung?„Ich würde zuerst sagen, dass es sich um ein Projekt des Jüdischen Museums und des tschechischen Vereins ´Die Vergessenen´ handelt. Es ist ein Projekt, das sich auf die Spuren der verschwundenen jüdischen Bewohner in Tschechien gemacht hatte, in Zusammenarbeit mit Schulen und Jugendlichen. Es werden die Schicksale von einigen jüdischen Familien aus Tschechien gezeigt, was mit ihnen während des Zweiten Weltkriegs geschehen ist. Mich persönlich erinnert dieses Projekt an die ´Stolpersteine´, die es in vielen Städten in Deutschland gibt. Es wird ebenso auf die Orte aufmerksam gemacht, von denen die jüdischen Bewohner verschwunden sind. Die Ausstellung kann man den ganzen Monat Juli im Sudetendeutschen Haus sehen. Ich muss sagen, ich bin sehr froh über diese Zusammenarbeit. Und was wir als Begleitprogramm noch anbieten, ist ein Konzert von Hana Frejková und ihrer Musikgruppe. Das Konzert heißt ´Jiddisch zu dritt´, und wie der Titel sagt, wird es sich um jüdische Lieder handeln.“
Können Sie die Sängerin vorstellen?„Hana Frejková ist Musikerin, Schauspielerin und Buchautorin. Ihr Vater war Ludvík Frejka, der im Prozess gegen Slánský veruerteilt und 1952 hingerichtet wurde. Ihre Mutter war eine deutsche Schauspielerin, die in den 30er Jahren aus Hamburg nach Prag kam und in Tschechien geblieben ist. Hana Frejková verbindet in ihrem Leben gewissermaßen das Schicksal der Juden in Tschechien, aber auch der Deutschen in Tschechien. Gerade deswegen haben wir sie eingeladen, nicht nur wegen ihrer Musik, sondern auch weil sie mit ihrem Schicksal für das Thema steht.“
Und ihr Konzert wird also die Ausstellung über die verschwundenen Nachbarn ergänzen?„Genau, am 20. Juli um 19 Uhr im Sudetendeutschen Haus.“
Ist das Programm des Tschechischen Zentrums damit ausgeschöpft?
„Noch nicht ganz. Wir haben auch unsere eigenen Ausstellungsräumlichkeiten, und dort zeigen wir in den zwei Sommermonaten die Wanderausstellung ´Europäisches Memory´. Es ist eine Ausstellung, die sich vor allem an Kinder und Jugendliche wendet. Sie zeigt auf spielerische Art die EU und die EU-Staaten zeigt. Im Rahmen der Ausstellung sind auch kurze Trickfilme zu sehen, die sich auf die einzelnen Staaten beziehen. Das ganze Projekt geht auf eine Trickfilmserie zurück, die von Maria Procházková mitgestaltet wurde. Sie wurde im Jahre 2009, als die Tschechische Republik die EU-Ratspräsidentschaft inne hatte, im Tschechischen Fernsehen gesendet.“
Die tschechische Kultur wird also auch im Sommer aus München nicht verschwinden, und im Herbst knüpfen Sie mit einem weiteren Programm an.„Natürlich, unser Programm geht immer weiter, und wir sind auch im Sommer eben mit der Ausstellung da und freuen uns über die Besucher.“