Weltweite Geburtstagsfeier sowie Vater und Tochter gemeinsam

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Der 80. Geburtstag des tschechischen Autors und Schauspielers Zdeněk Svěrák wird auch in München gefeiert. Außerdem geht dort die Vortragsreihe „Mein Weg zu unseren Deutschen“ weiter. Und Literaturfans können sich auf einen Abend mit der tschechischen Autorin Tereza Boučková und ihrem Vater, dem Schriftsteller und Dramatiker Pavel Kohout freuen. Einzelheiten dazu im Gespräch mit dem Leiter des Tschechischen Zentrums München, Ondřej Černý.

„Die Volksschule“
Herr Černý, beginnen will ich das Gespräch mit einer Einladung in das Münchener Arena-Filmtheater. Dort werden gleich mehrere tschechische Filme präsentiert. Am 28. März läuft „Die Volksschule“ von Jan Svěrák. Dieser Film wurde schon 1991 gedreht. Warum wird er gerade jetzt gezeigt?

„Es ist für uns eine große Freude und eine große Ehre, dass wir etwas zum Geburtstag von Zdeněk Svěrák beitragen können.“

Zur Erläuterung: Zdeněk Svěrák ist der Vater von Filmregisseur Jan Svěrák und hat das Drehbuch zu „Die Volksschule“ geschrieben…

„Zum 80. Geburtstag von Zdeněk Svěrák am 28. März wird in der ganzen Welt – beziehungsweise dort wo das Interesse besteht und die Kinos Kapazitäten haben – „Die Volksschule“ gezeigt.“

„Svěrák und seine Produktion haben jedenfalls ein Projekt initiiert, das am 28. März in der ganzen Welt – beziehungsweise dort wo das Interesse besteht und die Kinos Kapazitäten haben – „Die Volksschule“ gezeigt wird. Wir in München sind da gerne dabei und freuen uns schon darauf. Auch wenn die Besucher eher Tschechen sein werden, die in München leben. Aber ich hoffe, dass auch einige Deutsche kommen.“

Am 6. April läuft im Münchener Arena-Filmtheater dann der Film „Fairplay“ von Andrea Sedláčková. Gibt es auch für diesen Film einen besonderen Grund oder Anlass?

‚Fairplay‘  (Foto: Falcon)
„Allgemein gesagt: Ja. Aber konkret eigentlich nicht. Wir versuchen jeden ersten Mittwoch im Monat im Münchener Arena-Filmtheater einen guten tschechischen Film zu zeigen. Und ‚Fairplay‘ hatten wir bisher verpasst. Dabei ist er einer der erfolgreichsten Filme, die 2014 in Tschechien gedreht wurden. Und das Thema ist weiter sehr aktuell. Es geht um Doping zu den sozialistischen Zeiten in Prag. Aber erst letztens hat sich gezeigt, dass dies im ehemaligen Ostblock immer noch nachwirkt.“

Radka Denemarková  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Im April geht die Reihe „Mein Weg zu unseren Deutschen“ im Sudetendeutschen Haus weiter. Wir haben diese Reihe in unserem letzten Gespräch vorgestellt. Da sagten Sie, dass tschechische Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle dabei ihre Inspirationen und Erfahrungen thematisieren, die sie mit den Deutschböhmen aber auch mit den Deutschen generell verbinden. Gestartet wurde die Vortragsreihe mit der Schriftstellerin Radka Denemarková. Wer kommt als nächstes?

„Mark Ther ist in einem neuen Kunstbereich sehr engagiert – und zwar im Versuch, die Wurzeln unseres Landes wiederzuerkennen, zu beobachten und zu erfassen. Und die Wurzeln sind natürlich nicht nur mit den Tschechen verknüpft, sondern auch mit den Deutschen.“

„Das werde ich gleich verraten. Ich wollte noch sagen: Die Lesung von Denemarková, die die Erste in dieser Reihe war, verlief sehr erfolgreich. Das haben Wolfgang Schwarz, dem Kulturreferenten für die böhmischen Länder, und ich gemeinsam evaluiert. Und wir freuen uns jetzt schon auf den zweiten Gast. Das wird Mark Ther sein. Er ist kein Schriftsteller, sondern ein Videokünstler und Maler. Ther hat 2011 den Jindřich-Chalupecký-Preis bekommen. Das ist die wichtigste Auszeichnung für junge Künstler bis 35 Jahre. Der Grund für die Einladung ist aber, dass Mark Ther. In einem neuen Kunstbereich sehr engagiert ist – und zwar im Versuch, die Wurzeln unseres Landes wiederzuerkennen, zu beobachten und zu erfassen. Und die Wurzeln sind natürlich nicht nur mit den Tschechen verknüpft, sondern auch mit den Deutschen, die 1000 Jahre lang in Böhmen gelebt haben. Mark Thers Familie hat ihre Wurzeln im Braunauer Ländchen. Ein Teil wurde nach 1945 vertrieben, und der andere Teil durfte bleiben. Seine deutschsprachigen Großeltern siedelten 1968, während des Prager Frühlings, nach Bayern über. Mark Ther setzt sich in seiner künstlerischen Tätigkeit mit diesem Thema auseinander. Und wir werden auch im Rahmen dieser Veranstaltung einige Filme von ihm aufführen. Zum Beispiel den Film ‚Die Pflaumen‘. Es handelt sich um eine Kurzgeschichte, die aber sehr spannend und stark ist. Es geht um eine Frau und ein Kind, die 1946 vertrieben wurden. Und es geht darum, dass das Kind irgendwo in einem Wald ist. Es ist typisch für Mark Ther, dass seine Filme sehr emotional und auch visuell sind. Natürlich wird er auch über seine Gefühle sprechen und das Gespräch mit dem Publikum suchen.“

„Europa in der Schule“  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums München)
Ab 11. April wird bei Ihnen im Tschechischen Zentrum eine neue Ausstellung zu sehen sein, und zwar zum 25. Jubiläum des Kunstwettbewerbs „Europa in der Schule“. Worum geht es bei diesem Wettbewerb, und was zeigt die Ausstellung?

„Es handelt sich um eine Ausstellung, die die erfolgreichsten Zeichnungen und Bilder der tschechischen Sieger des Wettbewerbs ‚Europa in der Schule‘ zeigt. Aber auch die Werke bayerischer Jugendliche werden gezeigt. Wir sind gespannt, wie das Thema auch im tschechisch-bayerischen Dialog dargestellt wird. Man muss sagen, dass der Kunst- und Literaturwettbewerb ‚Europa in der Schule‘ in Deutschland schon seit 63 Jahren veranstaltet wird – in Tschechien aber erst seit 25 Jahren.“

Die Vernissage zur Ausstellung ist am 9. April. An diesem Tag findet im Sudetendeutschen Haus auch eine Theateraufführung statt. Was wird dort gespielt?

‚Die Benachrichtigung‘  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums München)
„Dort wird an diesem Tag ‚Die Benachrichtigung‘ von Václav Havel zu sehen sein. Es ist fast unglaublich, dass das Theaterstück schon 50 Jahre alt ist. Die Theatergruppe des Gymnasiums ‚Christian-Ernestinum‘ in Bayreuth hat sich für dieses Stück entschieden. Sie hat eine Inszenierung gemeinsam mit der Heimatpflege für die Sudetendeutschen vorbereitet, diese wird dann im Sudetendeutschen Haus aufgeführt. Für uns ist es die erste Veranstaltung zu Václav Havel in diesem Jahr. Am 5. Oktober wäre er 80 Jahre geworden. Im Herbst bieten wir dann anlässlich dieses Jahrestages auch weitere Veranstaltungen an.“

„Es ist das erste Mal, dass Pavel Kohout und seine Tochter Tereza Boučková in Deutschland gemeinsam auftreten.“

Im Münchener Literaturhaus wird im April zu einem interessanten Abend eingeladen. Die Schriftstellerin Tereza Boučková und der Schriftsteller Pavel Kohout sind dort am 26. April zu Gast. Die beiden sind Tochter und Vater, treten allerdings nicht oft zusammen auf. Was darf man von diesem Abend erwarten?

„Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich bin gespannt, weil es das erste Mal ist, dass Pavel Kohout und seine Tochter in Deutschland gemeinsam auftreten. Vielleicht kann man sich ganz gut an Tereza Boučkovás Text ‚Indianerlauf‘ halten, dieser wurde 1993 in Deutschland publiziert. In diesem Text setzt sich Tereza Boučková mit ihrem eigenen Vater auseinander. Es ist keine einfache Beziehung. Dass sie aber hier zusammen auftreten werden, ist ein Zeichen, dass die Beziehung jetzt wieder gut ist. Anlass ist die Veröffentlichung von Tereza Boučkovás letztem Roman ‚Das Jahr des Hahns‘ auf Deutsch. In Tschechien wurde das Buch schon 2006 publiziert, aber erst vergangenes Jahr in Deutschland. Das Buch wird dann vorgestellt. Natürlich werden beide auch ein Gespräch führen, und wahrscheinlich werden beide verschiedene Geschichten und Erinnerungen an die Dissidentenzeiten und die Zeiten der Charta 77 erzählen.“

Das also zu den tschechischen Kulturveranstaltungen in München im April. Abschließend will ich die bayerische Metropole verlassen und nach Freiburg und die Region schauen. Dort finden Anfang Mai die elften Tschechischen Kulturtage statt. Womit präsentiert sich die tschechische Kultur diesmal im badischen Raum?

„Die Kulturtage sind eine sehr traditionsreiche Veranstaltung, die von der Brücke/Most-Stiftung veranstaltet wird. Eigentlich findet die Hauptveranstaltung dieser tschechischen Kulturtage, das muss man zugestehen, in Dresden statt. Dort gibt es dann auch einen Fokus auf Brücke/Most. Die Tage in Freiburg werden kleiner sein, und dieses Jahr leider ohne die erfolgreiche ‚Prager Nacht‘. Das war eine Veranstaltung, die in den letzten Jahren immer sehr populär in Freiburg war. Es war eine Lesung von tschechischen Texten an verschiedenen Orten, eine Site-Specific-Lesung. Die findet dieses Jahr leider nicht statt, weil nicht genug Geld dafür vorhanden ist. Deshalb konzentrieren sich die Veranstalter mehr auf tschechische Filme. Es gibt aber auch einige Ausstellungen und Vorträge. Von den Filmen lässt sich zum Beispiel ‚Das Meer sehen‘ von Jiří Mádl erwähnen. Er wurde vergangenes Jahr schon im Rahmen des Internationalen Filmfestes in München gezeigt. Und es wird auch der Film ‚Schmitke‘ von Štěpán Altrichter gezeigt.“