Tschechische Lebensmittelbanken derzeit leergeräumt – Hoffnung auf Herbstsammlung

Im Frühjahr wurden bei der Lebensmittelsammlung in Tschechien noch Waren in Rekordwert gespendet. Doch die sogenannten Lebensmittelbanken – das Äquivalent zur deutschen Tafel – sind bereits jetzt wieder leergeräumt.

Ladislav ist Rentner und wohnt in Vimperk / Winterberg im Böhmerwald:

Illustrationsfoto: Lucie Fürstová,  Tschechischer Rundfunk

„Ich habe in einem gemeinsamen Haushalt mit meinem Sohn gelebt und bin durch ihn in Schulden geraten. 15 Jahre lang hat er nicht gearbeitet, sondern getrunken, und ich habe ihn ernährt, trotz meiner niedrigen Rente. Er hat sogar noch weiteres Geld von mir verlangt“, sagt der alte Mann.

Ladislav ist einer der Klienten der südböhmischen Lebensmittelbank, im Deutschen würde man sie Tafel nennen. Regelmäßig erhält er nun über den Sozialdienst der Stadt ein Päckchen…

„Da sind Mehl, Zucker, Butter, Milch, Hygiene-Artikel und Süßigkeiten drin. Süßes mag ich gerne, muss ich sagen. Mir hilft das Päckchen sehr, ich bin wirklich dankbar.“

Doch die Lebensmittelbanken in Tschechien sind derzeit fast leergeräumt. Dabei hatte im Frühling die Sammlung ein Rekordergebnis eingebracht. Die Menschen spendeten 495 Tonnen Güter. Aleš Slavíček leitet den Verband der Lebensmittelbanken. In einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks verwies er unter anderem auf die hohen Inflationsraten hierzulande:

Aleš Slavíček | Foto: ČT24

„Die Nachfrage nach Lebensmittelhilfe ist je nach Region zwischen 20 und 30 Prozent angestiegen. Zwar gehen die Preise mittlerweile wieder zurück, aber das wird sich erst in längerer Sicht auswirken. Auch schon vor der Corona-Pandemie befanden sich rund zehn Prozent der Menschen in Tschechien am Rande der Armut.“

Aber dies ist nicht der einzige Grund dafür, dass derzeit kaum mehr etwas auf Lager ist…

„Seit Juli betreiben wir zusammen mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales ein neues Projekt, bei dem wir neue Ausgabestellen für unsere Hilfspakete eröffnet haben. Seitdem fahren wir in 120 kleinere Städte im Land und geben dort die Lebensmittel direkt an bedürftige Menschen aus, die bisher keine solchen Zuwendungen erhalten haben. Das sind insgesamt 10.000 Klienten“, so Slavíček.

Vor allem in den ärmeren Regionen wie den Kreisen Mährisch-Schlesien, Ústí nad Labem / Aussig an der Elbe und Karlovy Vary / Karlsad sei der Bedarf hoch, betont der Verbandschef.

Immerhin ist die Herbstsammlung bereits in Sicht. In zwei Wochen schon können die Kunden in Lebensmittelgeschäften und Drogerieläden wieder haltbare Waren spenden. Freiwillige beraten dann vor Ort, was sich am besten dafür eignet, und nehmen die Güter entgegen. Slavíček:

Foto: Kristýna Škabradová,  Sbírka potravin

„Wir wissen schon jetzt, dass die Herbstsammlung einen neuen Rekord bringen wird, weil sich ihr erstmals mehr als 2000 Geschäfte angeschlossen haben. Das ist der Erfolg unserer ganzjährigen Arbeit und ein Symbol der Solidarität. Ich bin froh, wenn die Menschen kommen und auch vielleicht nur kleine Sachen spenden.“

Allerdings werden die Lebensmittelbanken ab kommendem Jahr auf einen Teil des Geldes vom Staat verzichten müssen. Zehn Prozent weniger sollen es sein, so hat es die tschechische Regierung in ihrem Sparpaket beschlossen. Aleš Slavíček betont jedoch, dass es auch schlimmer hätte kommen können und man im Gegensatz zu zahlreichen weiteren NGOs weiterarbeiten werde:

„Die zehn Prozent bedeuten nur, dass wir im kommenden Jahr nicht in neue Fahrzeuge investieren werden, sondern mit den bestehenden auskommen müssen. Unsere Arbeit ist dadurch aber nicht gefährdet“, versichert der Chef der tschechischen Lebensmittelbanken.

Die Herbstsammlung der tschechischen Lebensmittelbanken findet am Samstag, 11. November, statt. Mehr dazu unter www.sbirkapotravin.cz. Man kann aber auch zu anderen Zeiten des Jahres spenden. Informationen dazu gibt es unter www.potravinovebanky.cz.

Autor: Till Janzer | Quelle: ČTK
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