Lebensmittelbanken und Rabattaktionen: Tschechen suchen Lösungen für hohe Nahrungsmittelpreise

Lebensmittelbank

Die Verbraucherpreise in Tschechien sind im Oktober um 8,5 Prozent gestiegen. Nach den Wohnkosten haben die Menschen hierzulande vor allem für Lebensmittel mehr bezahlt. Für manche Haushalte bedeuten Rabattaktionen einen Ausweg aus der schwierigen Lage. Immer mehr Menschen sind aber auch auf Spenden aus Lebensmittelbanken angewiesen.

Jeder zehnte Mensch in Tschechien lebt heute unterhalb der Armutsgrenze. Dies hat die neueste Statistik des Europäischen Netzwerks gegen Armut und soziale Ausgrenzung ergeben. Zweimal im Jahr wird hierzulande eine Lebensmittelsammlung organisiert. Sie kann all jenen helfen, denen es am schlechtesten geht. Am Samstag steht nun die Herbstrunde der Sammlung an. Die Kunden können dabei in 2000 Geschäften landesweit Lebensmittel, Arzneimittel oder Babynahrung in die Körbe werfen. Diese kommen dann in regionale Lebensmittelbanken, in denen sie an Bedürftige verteilt werden.

Sabina Keprdová | Foto: František Tichý,  Tschechischer Rundfunk

Man brauche Windeln, Zahnbürsten und -pasten, Fleischkonserven, Tütensuppen, Babynahrung. Einfach alles, was im Haushalt von Nöten sei, sagt die Leiterin der Kreislebensmittelbank in Ostrava-Vítkovice, Sabina Keprdová. Insgesamt 890 Tonnen überwiegend frische Lebensmittel passierten im vergangenen Jahr das Lager der Hilfsstelle in Ostrava. Sie wurden von Ladenketten geliefert, die dazu per Gesetz verpflichtet sind.

„Von den Geschäften bekommen wir Sachen wie Wasabi oder Algen, die sie nicht verkaufen können. Daraus kann man nichts kochen. Deswegen sind für uns die Spendensammlungen so wichtig, um unser Lager füllen zu können.“

Auch im Kreis Karlovy Vary / Karlsbad bereitet man sich auf die Spendensammlung vor. Milan Hloušek ist Direktor der regionalen Lebensmittelbank.

„Die Vorräte wurden viel schneller als in der Vergangenheit ausgeschöpft. Wir haben ein Projekt ins Leben gerufen, bei dem wir mit einer mobilen Ausgabestelle in Städte und Gemeinden fahren und direkt vor Ort konkreten Klienten helfen.“

In der Lebensmittelbank im Kreis Liberec / Reichenberg fehle es an Nahrungsmitteln und Drogerieartikeln, obwohl die Zahl der Spenden von Jahr zu Jahr zunehme, sagt der dortige Leiter Josef Vlček. Ihm zufolge steigt nämlich auch der Hilfsbedarf:

Illustrationsfoto: Jaroslav Hroch,  Tschechischer Rundfunk

„Vor etwa drei bis vier Jahren waren unsere Abnehmer hauptsächlich Großfamilien und Obdachlose. Nun sind noch die alleinerziehenden Eltern sowie die Senioren dazugekommen.“

Infolge der hohen Inflation greifen Kunden, die Lebensmittel selbst kaufen können, aktuell auch viel häufiger auf Rabattaktionen zurück. Die Firma Česká distribuční verteilt Rabattprospekte an Haushalte. Das Unternehmen führt aber auch Untersuchungen der Lage auf dem Lebensmittelmarkt durch. Martina Bolacká ist die Sprecherin der Firma:

„Wir verfolgen in unserer Analyse 13 Grundnahrungsmittel wie etwa Butter, Milch, Zucker und Kartoffeln. Daraus ergibt sich ein Bild der Ausgaben der Haushalte. Im Vergleich zum Anfang dieses Jahres sind die Lebensmittel nun ein wenig billiger. Preissteigerungen gibt es bei einigen Milchprodukten wie Butter mit 23 Prozent und Joghurt mit 56 Prozent. Eier hingegen sind fast um die Hälfte günstiger.“

Laut einer aktuellen Umfrage lesen 88 Prozent der Verbraucher zumindest ab und zu und 41 Prozent regelmäßig Rabattprospekte, berichtet Bolacká:

„Es herrscht landläufig die Vorstellung, dass vor allem Senioren nach den Rabattprospekten greifen. Laut Forschungen sind es aber oft auch junge Familien mit Kindern. Tschechien ist eine Großmacht der Rabattprospekte, sie sind hier wirklich sehr beliebt.“

Autor: Markéta Kachlíková | Quelle: Český rozhlas
schlüsselwörter:
abspielen