Verfassungsgericht stützt Lebensmittelbanken
Seit einem Jahr müssen Einzelhandelsketten in Tschechien einen Teil der unverkäuflichen Lebensmittel an sogenannte Lebensmittelbanken abgeben. Das schreibt ein Gesetz vor. Diese Banken verteilen die Lebensmittel dann an gemeinnützige Organisationen, dadurch unterscheiden sie sich von den deutschen Tafeln. Gegen die Abgabepflicht für die Händler haben Senatoren vor dem Verfassungsgericht geklagt. Am Mittwoch sind sie in dem Verfahren unterlegen.
„Wir haben aber vorläufige Zahlen, demnach gehen unsere Lebensmittel an mehr als 100.00 Endabnehmer. Dies geschieht unter anderem über Heime für Obdachlose, Kinder oder Senioren sowie Hilfsorganisationen unterschiedlicher Art. Zu Letzteren gehören sowohl kleine Einrichtungen, die nur einige Dutzend Menschen betreuen, als auch große wie etwa die Caritas, die sich an mehrere Zehntausend Menschen wenden.“
Seit Jahresbeginn 2018 müssen Einzelhandelsmärkte einen Teil ihrer unverkäuflichen Nahrungsmittel abgeben. Diese Pflicht gilt für Geschäfte ab 400 Quadratmeter Verkaufsfläche. Es sind Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen oder deren Verpackung beschädigt ist.
Einige tschechische Senatoren stoßen sich an dieser Regelung. Sie sprechen von einem Enteignungsverfahren kommunistischer Art. Daher haben sich 25 Senatoren ans Verfassungsgericht gewandt. Initiiert wurde die Beschwerde vom Unternehmer Ivo Valenta. Er sitzt für die Partei der Privatiers im Senat:„Mit dem Gesetz hat der Staat erstmals Eignern angeordnet, ihr Eigentum jemandem anderen zu geben. Das ist nichts anderes als ein unfreiwilliges, erzwungenes Geschenk. Eigentlich liegt es in der Entscheidungsbefugnis des Eigners, was er mit dem Abfall macht. Er kann ihn auch an einen Zoo geben oder an ein Tierheim. Das ist aber gesetzlich verboten. Er kann die Waren noch nicht mal direkt einer wohltätigen Organisation schenken.“
Die Senatoren vergleichen die Abgabepflicht sogar mit der nationalsozialistischen Zwangsenteignung von Juden. Doch die Verfassungsrichter in Brno / Brünn sind dieser Argumentation nicht gefolgt. Vor allem sehe man den Begriff des Eigentums anders definiert, erläuterte der berichterstattende Richter Jan Filip:
„Es handelt sich nicht um ein Grundstück, das enteignet wurde. Vielmehr ist es eine Ware, die zum Verkauf bestimmt ist und nicht dafür, dass sie jemand wie Harpagon in seinem Lager hortet. Wenn der Verkauf nicht möglich ist, wird er sich ihrer zu möglichst geringen Kosten entledigen. Ansonsten wird daraus Abfall, und dessen Entsorgung muss auch bezahlt werden.“Laut dem Verfassungsgericht versucht der tschechische Staat seinen Teil dazu beizutragen, dass möglichst wenig Lebensmittel verschwendet werden, weniger Abfall entsteht, die Umwelt geschont und sozial Schwächeren geholfen wird.
Auch Veronika Láchová vom Verband der tschechischen Lebensmittelbanken ist froh über den Befund der Verfassungsrichter.
„Der Verstand hat hier über die Bürokratie gesiegt. Unseren Daten nach ersparen wir den Handelsketten pro Quartal Kosten von mehreren Hunderttausend Kronen für die Vernichtung dieser Lebensmittel. Manche Einzelhandelsketten haben das schon gewusst, bevor der Staat die Abgabe zur Pflicht gemacht hat. Weitere haben das dann sehr schnell ebenfalls festgestellt“, so die Verbandssprecherin.Auf der anderen Seite sagt Láchová, die Abgabepflicht sei nicht unbedingt nötig:
„Wir haben mit unseren Partnern im Einzelhandel bereits jetzt eine sehr stabile Zusammenarbeit. Daran hätte auch ein anderer Befund des Verfassungsgerichts nicht geändert.“
Allerdings ist der Staat mit dem Gesetz auch dazu übergegangen, die Verteilung von Lebensmitteln zu fördern. Am Donnerstag berichtete jedoch die Tageszeitung „Právo“, dass das bisher zuständige Landwirtschaftsministerium die Förderung 2020 wohl stoppen werde. Und das könnte ein viel größeres Problem werden als die Verfassungsklage. Denn im sozialen Sektor wird hierzulande jede Krone gebraucht.