Tschechische Präsidentschaftskandidaten bringen sich in Stellung – noch hundert Tage bis zur Wahl

Standarte der tschechischen Präsidenten

Im Januar stimmen die Menschen in Tschechien über einen neuen Staatspräsidenten ab. Denn Amtsinhaber Miloš Zeman steht vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit und kann nicht wiedergewählt werden. Mittlerweile ist klar, dass die stärkste Kraft in der Regierung – das Bündnis Spolu – keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt. Das handhaben die Oppositionsparteien anders. Daneben bewerben sich auch einige renommierte Persönlichkeiten auf unabhängiger Basis. Eine Zusammenfassung des Stands einhundert Tage vor der Wahl.

Miloš Zeman | Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

In Tschechien wird der Staatspräsident seit 2012 direkt gewählt. Auch wenn er eigentlich nur repräsentative Funktionen hat, kommt ihm mehr politisches Gewicht zu als etwa dem deutschen Bundespräsidenten. Das hat Amtsinhaber Miloš Zeman immer wieder versucht, bis zum Letzten auszureizen. Von daher ist spannend, wer sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin wird.

Am Dienstag kam nun aber heraus, dass das konservative Regierungsbündnis Spolu keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt. Stattdessen gab man drei Namen unabhängiger Bewerberinnen und Bewerber bekannt, die aus Sicht von Bürgerdemokraten, Top 09 und Christdemokraten des Amtes würdig sind. Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten):

Danuše Nerudová | Foto: Jana Přinosilová,  Tschechischer Rundfunk

„Unserer Überzeugung nach ist jeder von ihnen in der Lage, das Amt so auszuüben, dass dies mit den Grundwerten unserer drei Parteien übereinstimmt.“

Konkret nannte Spolu den Armeegeneral Petr Pavel, die frühere Universitätsdirektorin Danuše Nerudová und den unabhängigen Senator Pavel Fischer.

Jan Králík gehört zum Beraterteam von Nerudová und sagte dazu:

„Wir begrüßen es, dass Spolu sie für eine relevante Bewerberin hält. Zugleich gilt weiter, dass Danuše Nerudová eine unabhängige Kandidatin ist und in diesem Sinne auch das mögliche Präsidentenamt ausüben möchte.“

Jaroslav Bašta | Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Einen eigenen Kandidaten hat hingegen zum Beispiel die Rechtsaußenpartei „Freiheit und direkte Demokratie“ nominiert – nämlich Jaroslav Bašta, den früheren tschechischen Botschafter in Russland und in der Ukraine.

Von Gewicht dürfte sein, wen die Partei Ano benennt. Dies soll Ende Oktober geschehen. Viele Beobachter gehen davon aus, dass Parteichef und Ex-Premier Andrej Babiš selbst ins Rennen um die Nachfolge von Miloš Zeman geht.

Aber auch unabhängige Kandidaten haben Chancen, auf die Prager Burg gewählt zu werden. Am häufigsten wird dabei von Petr Pavel gesprochen. Der 60-jährige Armeegeneral hat sich in Tschechien unter anderem als Vorsitzender des Nato-Militärausschusses einen Namen gemacht. Sein Team hat bereits 55.000 Unterschriften von Bürgern gesammelt. Das sind 5000 mehr, als nötig sind, um zur Wahl zugelassen zu werden.

Petr Pavel | Foto: Jana Přinosilová,  Tschechischer Rundfunk

„Trotzdem sammeln wir noch weiter. Denn wir müssen damit rechnen, dass ein Teil der Unterschriften nicht anerkannt wird, weil beispielsweise die Angaben unleserlich sind. Deswegen wollen wir bis Ende Oktober insgesamt 70.000 Unterschriften beieinander haben“, so Eva Hromádková, die Sprecherin von Petr Pavel.

Pavel Fischer | Foto:  Tschechischer Rundfunk

Alle Kandidaten müssen spätestens am 8. November beim Innenministerium ihre Bewerbung anmelden. Anstatt von 50.000 Bürgern kann man sich auch von 20 Angehörigen des Abgeordnetenhauses oder zehn Senatoren zur Wahl aufstellen lassen. Letzteres etwa plant der Senator Pavel Fischer. Auch er gehört zu den Bewerbern, denen hierzulande Erfolgsaussichten eingeräumt werden. Zu diesen zählt zudem Josef Středula, der Vorsitzende des größten tschechischen Gewerkschaftsdachverbandes ČMKOS. Die Jugendorganisation der Sozialdemokraten sammelt derzeit auf den Straßen die nötigen Unterschriften für ihn. Und starke Umfragewerte hat ebenfalls die bereits erwähnte Wirtschaftswissenschaftlerin Danuše Nerudová.

Josef Středula | Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl ist für den 13. und den 14. Januar kommenden Jahres angesetzt. Sollte niemand die absolute Mehrheit der Stimmen erlangen, gehen die beiden stärksten Kandidaten zwei Wochen später in eine Stichwahl. Angesichts der Zahl der Bewerber ist eine Entscheidung in der ersten Runde eher unwahrscheinlich. Schon jetzt haben 28 Männer und Frauen ihre Kandidatur angekündigt.

Autor: Till Janzer
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