Tschechischer Botschafter Frantisek Cerny mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

Zum Anhören des folgenden Beitrags im Format Real audio klicken Sie bitte hier: Der Tschechische Botschafter in Deutschland, Frantisek Cerny, ist zum Abschluss seiner Amtszeit von Bundespräsident Johannes Rau am Dienstag mit dem großen Verdienstkreuz mit Stern und Band ausgezeichnet worden. Mit der Verleihung dieses zweithöchsten staatlichen Ordens der Bundesrepublik wurde Cernys besonderer Verdienst um die Entwicklung der tschechisch-deutschen Beziehungen gewürdigt. Silja Schultheis im Gespräch mit dem tschechischen Botschafter.

Schultheis: "Sie haben die Auszeichnung zum Ende Ihrer Amtszeit in Deutschland erhalten. Welche Bilanz können Sie ziehen?"

Cerny: "Naja, wenn man selber von einer Bilanz spricht, an der man irgendwie auch selbst mitgestrickt hat, dann will man das nicht zu sehr loben, aber ich glaube, eine insgesamt positive. Diese zehn Jahre, die ich praktisch - mit Unterbrechungen - hier in Berlin und auch in Bonn war, die zehn Jahre nach der Wende, waren eigentlich die erfolgreichsten Jahre in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Und ich freue mich, dass es auch in der jahrhundertlangen Geschichte der Nachbarschaft der Deutschen und der Tschechen, glaube ich, sehr erfolgreiche Jahre waren. Wenn man so bedenkt, wie das ausgesehen hat 1990 und wie weit fortgeschritten es heute ist, dann kann man sagen, dass sich wirklich sehr viel Wesentliches zum Besseren verändert hat. Ich denke nur daran, dass noch als ich kam, an der bayerisch-tschechischen Grenze auf tschechischer Seite so ein bisschen noch das Niemandsland war. Es gab wenige Grenzübergänge, es war wenige Wochen, nachdem da spektakulär Genscher und Dienstbier mit diesen großen Drahtzangen Löcher in die Zäune geschnitten haben..."

Schultheis: "Wenn Sie vergleichen, was sich in den zehn Jahren einerseits auf politischer Ebene getan hat und andererseits in der Einstellung der Bevölkerung: Sehen Sie da eine parallele Entwicklung? Man spricht ja oft von den inneren Grenzen in Europa, die noch überwunden werden müssen, obwohl es jetzt schon diese Grenzübergänge gibt..."

Cerny: "Naja, also eine innere Übereinstimmung zwischen hoher Politik und den Befindlichkeiten der Bürger ist selten - nicht nur im deutsch-tschechischen Nachbarschaftsverhältnis. Ich glaube schon, dass auch, sagen wir die Meinung über Deutsche, die bei uns heute vorherrschender ist - es gibt da natürlich Unterschiede - dass die sich auch positiv entwickelt hat. Je enger, je intensiver man miteinander etwas zu tun hat, desto eher können auch gewisse Spannungen entstehen. Es gibt das geflügelte Wort: Am besten verstehen sich die Menschen, die sehr sehr sehr weit voneinander leben. Sie wissen, die meisten Streitigkeiten entstehen zwischen Nachbarn. Da gibt es dann, sagen wir, Ängste auf deutscher Seite, besonders jetzt auch im Zuge der nahenden EU-Osterweiterung und des Beitritts Tschechiens. Da ist es nicht mehr so, wie es in Sonntagsreden beschworen wird: Wir alle freuen uns auf Euch... Nein, so ist das nicht. Je realer der Beitritt der Nachbarländer Polen, Tschechien ist, desto mehr wachsen auch so die Befürchtungen, was da auf uns zukommen kann. Für mich ist es immer wichtig gewesen, dass auch wenn man sich streitet und auch wenn man andere Positionen einnimmt und das dem anderen eventuell kundtun will, dann ist das auch ein Interesse, und das ist sehr gut.

Das Schlimmste ist Desinteresse. Eheberater sagen immer: Solange Sie sich, liebe Leute, streiten, solange ist Ihre Ehe doch einigermaßen gut. Das Schlimmste ist, wenn man dann überhaupt nicht mehr miteinander spricht und sich aus dem Wege geht. Und das ist bei Deutschen und Tschechen heute nicht der Fall."