Tscheutschlandbahn
Jeder Theaterregisseur, der ein deutsch-tschechisches Bühnenprojekt im Grenzgebiet aufbauen will, steht früher oder später vor der Gretchenfrage: In welcher Sprache lasse ich meine Darsteller sprechen? Deutsch oder Tschechisch? Die Gruppe "A-Basta" hat dieses Problem elegant gelöst: Sie erfand einfach eine neue Sprache. Wie diese sich anhört, stellt Ihnen Sebastian Kraft vor.
"Ich bin jsem ein Säumer, proto kauf vam weisbier zlato gold. Bin jsem snilek ein Träumer, Weiber zensky sind mir na klone hold."
Na, haben Sie es verstanden? Mit dieser Sprache tourten im diesjährigen Sommer 24 junge Theaterkünstler durch das Grenzgebiet, um in je drei deutschen und tschechischen Städten ihre Aufführungen dem Publikum darzubieten. Um dem Sprachenproblem Herr zu werden, erfanden sie die Sprache "Tscheutsch". Was es damit auf sich hat, verrät Ihnen David Prochazka von der Gruppe A-Basta:
"Tscheutsch ist eine Bühnensprache, die auf deutscher wie tschechischer Seite vom Publikum zu verstehen ist. Eigentlich ist der Begriff aus den beiden Namen tschechisch und deutsch entstanden, zusammen also "tscheutsch". Es handelt sich um eine Sprache, die deutsch-tschechische Wörter kombiniert und viele Germanismen hat, dazu von Mimik, Gestik und praktisch allen existierenden Kommunikationsmitteln lebt."
Die zweite Besonderheit dieses Projekts ist die "Tscheutschlandbahn", ein Güterwaggon, der A-Basta nicht nur als Fortbewegungsmittel für ihre 26-tägige Tour von Bad Reihenhall bis Marktretwitz diente, sondern auch als Bühne für die Auftritte. Diese visionäre Zugstrecke von Südbayern bis nach Böhmen wurde von den jungen Schauspielern in Anlehnung an die mittelalterliche Handelsstraße für Salz wieder belebt. Dementsprechend standen auch die Lebensläufe der Händler im Mittelpunkt, die von den Darstellern vor dem Hintergrund von Zügen und Schienen personifiziert wurden. Fand das Projekt aber bei den Zuschauern überhaupt Anklang? Ein Bahnhof scheint ja auf den ersten Blick nicht die ideale Kulisse für eine Samstagabendvorstellung zu sein. Dazu noch einmal David Prochazka:
"Wir haben mit unserem Theater ziemlichen Erfolg gehabt. Im Durchschnitt sind 80 Leute zu einer Aufführung gekommen. Der größte Erfolg war in Eger / Cheb, wo über 170 Zuschauer das Stück gesehen haben."
Das Projekt "Tscheutschlandbahn" ist erfolgreich abgeschlossen worden. Im November dieses Jahres findet nun in Selb eine weitere "Tscheutschkonferenz" statt, auf der die Gruppe A-Basta zusammen mit anderen Darstellern neue Projekte erarbeiten will. Man darf also gespannt sein, mit welcher Aktion die jungen Schauspieler die deutsch-tschechischen Beziehungen demnächst bereichern werden.