Tvrdík sorgt mit abermaligem Rücktritt für Verwirrung in Prager Politik

Jaroslav Tvrdik, Foto: CTK

Am vergangenen Donnerstag hatten wir Sie darüber informiert, dass der tschechische Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík seinen Rücktritt eingereicht habe, da er die seiner Meinung bei der Haushaltsreform zu hohen Kürzungen in seinem Ressort so nicht mittragen könne. Zu diesem Zeitpunkt stand jedoch noch nicht fest, ob Tvrdík sein Rücktrittsgesuch auch nach dem mit Premier Vladimír Spidla vereinbarten Gespräch noch aufrecht erhalten würde oder nicht. Eine offene Frage, die ihre Berechtigung hatte, doch wie sie letztendlich beantwortet wurde, übertraf so fast alles bisher Dagewesene bei der Entscheidungsfindung in der tschechischen Politszene. Lothar Martin berichtet.

Jaroslav Tvrdik,  Foto: CTK
Am Donnerstag schmiss der wegen seiner Power und Entschlusskraft recht populäre Verteidigungsminister die Brocken hin. Der Grund: Die für die von ihm eingeleitete und vorangetriebene Armeereform bewilligten Zuwendungen sollten im Zuge der oberste Priorität bekommenden Reform der Öffentlichen Finanzen nun nicht mehr 2,2 Prozent, sondern nur noch 2,05 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes betragen. Eine Reduzierung, mit der sich seine ehrgeizigen Ziele, nämlich die Tschechische Armee ab dem Jahr 2007 als vollständig transformierte effiziente Berufsarmee präsentieren zu können, nicht mehr verwirklichen ließen, weshalb er konsequenterweise auch nicht die politische Verantwortung dafür tragen wolle. Am Freitagvormittag dann aber der Rücktritt vom Rücktritt, da ihm - so Tvrdík - Premier Spidla im beiderseitigen Gespräch zumindest die Chance eingeräumt habe, dass er innerhalb eines Vierteljahres einen neuen Entwurf zur Realisierung der Armeereform erarbeiten könne, auch wenn dieser sich nunmehr gar nur noch auf 1,9 Prozent des Bruttoinlandproduktes beziehen solle. Soweit, so gut, doch schon einige Stunden später folgte das Dementi vom Dementi, sprich: der von Tvrdík erneut erklärte Rücktritt, verbunden mit der Konsequenz, dass er ebenso sein Abgeordnetenmandat niederlegen und sich definitiv aus der Politik verabschieden werde. Eine seiner - wenn auch nun etwas fadenscheinigen - Begründungen für diesen Schritt war der, dass er die beabsichtigten Kürzungen in seinem Ressort zuerst über die Medien und gar noch später als der am vergangenen Montag in Prag weilende NATO-Generalsekretär George Robertson erfahren habe. Vor der Presse kommentierte Tvrdík dann seine erneute "Wandlung" u.a. mit diesen Worten:

"Im Verlauf des Nachmittags bin ich mir dessen bewusst geworden, dass ich diese Entscheidung innerlich nicht mit mir vereinbaren kann, da ich weder an sie glaube noch von ihr überzeugt bin, und das Leben ist viel zu kurz dafür, als dass man etwas macht, an das man nicht glaubt. Besser ist, einen Tag lang wie ein Trottel auszusehen als wie ein Trottel für das ganze Leben."

Eine zweimalige Kehrtwendung innerhalb weniger Stunden, die zeigt, wie schwer es dem ehemaligen Berufssoldaten Jaroslav Tvrdík fiel, eine endgültige Entscheidung zu treffen über ein Ressort, das ihm ans Herz gewachsen ist. Präsident Václav Klaus, der als letzte Instanz den Rücktritt entgegen zu nehmen und den jeweiligen Nachfolger zu vereidigen hat, konnte die Gründe für Tvrdíks Abgang durchaus nachvollziehen, nicht aber die Art und Weise:

"Ich habe für bestimmte Dinge, die die Angelegenheit um Minister Tvrdík betreffen, durchaus Verständnis. Ich denke, dass er der bisher eindrucksvollste Verteidigungsminister in der noch kurzen Geschichte der Tschechischen Republik war. Ich denke, dass er sich um einiges verdient gemacht hat, aber das jetzt, verstehe ich einfach nicht und so sollte es auch nicht gemacht werden."

Bis Montagmittag war Tvrdík offiziell noch im Amt, da die Gespräche mit seinen fünf potenziellen Nachfolgern - drei praxiserprobte Militärs und zwei mit der militärischen Problematik vertraute sozialdemokratische Abgeordnete - noch nicht abgeschlossen waren. Tvrdík hingegen hat sich mit seinem Hick-hack-Kurs vom Freitag einen verdient würdigeren Abgang selbst verwehrt. Und die Ereignisse vom Freitag hat die französische Nachrichtenagentur AFP gar zu dieser Einschätzung veranlasst: "Diese Wendungen haben selbst die Analytiker überrascht, die ansonsten bereits eine gewisse Unreife der hiesigen Politiker gewohnt sind." Der Abgang des populären Ministers birgt zudem die Gefahr, dass die ohnehin geringe Popularität von Premier Vladimír Spidla nun noch geringer wird, ergänzte AFP.