Tvrdík sorgt mit abermaligem Rücktritt für Verwirrung in Prager Politik
Am vergangenen Donnerstag hatten wir Sie darüber informiert, dass der tschechische Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík seinen Rücktritt eingereicht habe, da er die seiner Meinung bei der Haushaltsreform zu hohen Kürzungen in seinem Ressort so nicht mittragen könne. Zu diesem Zeitpunkt stand jedoch noch nicht fest, ob Tvrdík sein Rücktrittsgesuch auch nach dem mit Premier Vladimír Spidla vereinbarten Gespräch noch aufrecht erhalten würde oder nicht. Eine offene Frage, die ihre Berechtigung hatte, doch wie sie letztendlich beantwortet wurde, übertraf so fast alles bisher Dagewesene bei der Entscheidungsfindung in der tschechischen Politszene. Lothar Martin berichtet.
"Im Verlauf des Nachmittags bin ich mir dessen bewusst geworden, dass ich diese Entscheidung innerlich nicht mit mir vereinbaren kann, da ich weder an sie glaube noch von ihr überzeugt bin, und das Leben ist viel zu kurz dafür, als dass man etwas macht, an das man nicht glaubt. Besser ist, einen Tag lang wie ein Trottel auszusehen als wie ein Trottel für das ganze Leben."
Eine zweimalige Kehrtwendung innerhalb weniger Stunden, die zeigt, wie schwer es dem ehemaligen Berufssoldaten Jaroslav Tvrdík fiel, eine endgültige Entscheidung zu treffen über ein Ressort, das ihm ans Herz gewachsen ist. Präsident Václav Klaus, der als letzte Instanz den Rücktritt entgegen zu nehmen und den jeweiligen Nachfolger zu vereidigen hat, konnte die Gründe für Tvrdíks Abgang durchaus nachvollziehen, nicht aber die Art und Weise:
"Ich habe für bestimmte Dinge, die die Angelegenheit um Minister Tvrdík betreffen, durchaus Verständnis. Ich denke, dass er der bisher eindrucksvollste Verteidigungsminister in der noch kurzen Geschichte der Tschechischen Republik war. Ich denke, dass er sich um einiges verdient gemacht hat, aber das jetzt, verstehe ich einfach nicht und so sollte es auch nicht gemacht werden."
Bis Montagmittag war Tvrdík offiziell noch im Amt, da die Gespräche mit seinen fünf potenziellen Nachfolgern - drei praxiserprobte Militärs und zwei mit der militärischen Problematik vertraute sozialdemokratische Abgeordnete - noch nicht abgeschlossen waren. Tvrdík hingegen hat sich mit seinem Hick-hack-Kurs vom Freitag einen verdient würdigeren Abgang selbst verwehrt. Und die Ereignisse vom Freitag hat die französische Nachrichtenagentur AFP gar zu dieser Einschätzung veranlasst: "Diese Wendungen haben selbst die Analytiker überrascht, die ansonsten bereits eine gewisse Unreife der hiesigen Politiker gewohnt sind." Der Abgang des populären Ministers birgt zudem die Gefahr, dass die ohnehin geringe Popularität von Premier Vladimír Spidla nun noch geringer wird, ergänzte AFP.