Ukraine-Krieg und mehr Innovationen: Beratungen über tschechische Wirtschaftsdiplomatie
Tschechien ist ein Exportland, deswegen hat die Wirtschaftsdiplomatie große Bedeutung. In dieser Woche beraten sich die entsprechenden Fachleute des Außenministeriums sowie Vertreter von CzechTrade und CzechInvest in Prag. Dabei geht es unter anderem um die Folgen des Ukraine-Kriegs, aber auch um die langfristige Herausforderung, Forschung, Entwicklung und Innovation in der tschechischen Industrie stärker zu akzentuieren.
Ohne den Export wäre Tschechien längst nicht so wohlhabend, wie es mittlerweile ist. Rund 80 des Bruttoinlandsproduktes würden gerade auf der Ausfuhr von Waren beruhen, sagte Außenminister Jan Lipavský (Piraten) am Montag. Mit seiner Rede startete der Ressortchef die Beratungen von Wirtschaftsdiplomaten und Vertretern der Handelsagentur CzechTrade und der Investitionsagentur CzechInvest in den Räumen des Ministeriums in Prag.
„Es ist grundlegend für die Zukunft unserer Ökonomie, dass sich unsere Wirtschaftsdiplomatie auch um Wissenschaft, Forschung und Innovationen kümmert“, so Lipavský weiter in seinem Eröffnungsbeitrag.
Derzeit bestehen aber auch noch andere Herausforderungen, die sich durch die Weltlage ergeben. Jiří Kozák ist erster Stellvertreter des Außenministers und sagt im Interview für Radio Prag International:
„In der Zeit nach der Corona-Pandemie und angesichts der russischen Aggression in der Ukraine hat sich gezeigt, dass wir darüber nachdenken müssen, welche Zulieferer wir haben und wie zuverlässig unsere Partner sind. Deswegen darf die tschechische Wirtschaft in Zukunft nicht zu abhängig sein von Ländern, die sie erpressen oder die ökonomischen Beziehungen für ihre Ziele missbrauchen könnten.“
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Das betrifft zum einen die Frage, woher Tschechien seine Rohstoffe bezieht – besonders Gas, Öl und Uran. Zum anderen waren zahlreiche Firmen in Russland aktiv, und die mussten sich nun umorientieren.
Einer der Schritte dabei ist, in anderen Regionen der Welt aktiver zu sein als bisher. Im Herbst vergangenen Jahres wurde dafür eine neue Strategie ausgearbeitet. So stehen für die Wirtschaftsdiplomatie nun besonders der indopazifische Raum und Afrika im Vordergrund.
„Der Markt in Afrika entwickelt sich sehr dynamisch und ist interessant für tschechische Firmen. Sie versuchen dort Fuß zu fassen, und vielen ist dies auch schon gelungen. Dabei ist der Markt eher schwierig, weil die Firmen ihn nicht so leicht verstehen. Man muss sich gut überlegen, wie man seine Investitionen absichert, da viele afrikanische Länder nicht stabil sind. Aber die Firmen, die dort operieren, bestätigen, dass es sich auszahlt, wirtschaftliche Partnerschaften auf dem afrikanischen Kontinent anzuknüpfen“, sagt Jiří Kozák.
Er betont den partnerschaftlichen Aspekt. Das bedeute, nicht nur seine Produkte zu verkaufen. Man wolle hingegen mit den Firmen vor Ort kooperieren und deren Beschäftigte anlernen, sagt der Diplomat. Tschechische Firmen sind zum Beispiel im Bereich Gesundheitswesen erfolgreich, eine Firma hat im Senegal einen Flughafen gebaut, weitere liefern Autobusse oder sind im Bergbau aktiv.
Verstärkt will die Regierung in Prag aber auch den Export von Wissenschaft, Forschung und Innovationen unterstützen. Der stellvertretende Minister erläutert dies am Beispiel Afrika:
„Da geht es zum Beispiel um die Wasser- oder Abwasserwirtschaft, aber auch um eine effektive Landwirtschaft, die wir in Subsahara-Afrika unterstützen. In diesem Bereich haben tschechische Forscher hervorragende Ergebnisse. Das sind Beispiele für die Verbindung von Spitzen-Technologie und Entwicklungszusammenarbeit.“
Gerade für dieses Gebiet gibt es seit April beim tschechischen Außenministerium den neuen Bereich wissenschaftliche Diplomatie…
„Ziel der neuen Abteilung ist, Firmen, wissenschaftliche Institutionen und Universitäten aus Tschechien bei einer größeren Internationalisierung und der Suche nach Partnern zu unterstützen – sodass sie in der Welt zur Geltung kommen“, so Kozák.
Die Beratung der Wirtschaftsdiplomaten in Prag dauert noch bis zum Freitag.
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