Ukrainischer Parlamentspräsident in Prag: „Ich bin überzeugt, dass die Ukraine siegen wird“

Ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk

Die russische Aggression gegen die Ukraine und die Reaktion der EU war das Hauptthema der Konferenz der Parlamentspräsidenten der EU-Länder, die in den vergangen zwei Tagen in Prag veranstaltet wurde. Unter den Rednern war auch der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk. Der Politiker sprach nach der Konferenz mit den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Ruslan Stefantschuk | Foto: Tomáš Havlín,  Tschechischer Rundfunk

Der Vorsitzende der Werchovna Rada, Ruslan Stefantschuk, betonte in seiner Rede auf der Konferenz, die Ukraine habe sich für den Weg zu den europäischen Werten entschieden und dafür den höchstmöglichen Preis bezahlt. Er merkte an, Russland nutze gegenüber den EU-Ländern sämtliche Mittel, um sie zu erpressen. Stefantschuk brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass in diesem Jahr die EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine aufgenommen werden.

Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Markéta Pekarová Adamová und Ruslan Stefantschuk | Foto: Michal Krumphanzl,  ČTK

Laut dem Parlamentspräsidenten kämpft die Ukraine seit dem Beginn des Kriegs für ihre Staatlichkeit, und dies sozusagen an zwei Fronten: Einerseits gebe es den Konflikt auf dem Schlachtfeld, andererseits bemühe sich die Ukraine darum, eine internationale Koalition für ihre Unterstützung zu bilden. Dazu merkte Ruslan Stefantschuk im Gespräch für den Tschechischen Rundfunk an:

„Neben den Kämpfen ist auch die internationale Unterstützung wichtig. Diese kann verschiedene Formen annehmen: Es geht uns um die militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe sowie um die politische Unterstützung in Form verschiedener Sanktionen und bedeutender Entscheidungen. Dazu gehört die Errichtung eines speziellen Straftribunals, das sich mit den in der Ukraine verübten russischen Verbrechen befasst. Für uns ist wichtig, Resultate an beiden Fronten zu erreichen. Auf dem Kampfplatz verzeichnen wir sie schon. Der politische Bereich ist aber genauso bedeutend. Konkret muss die Ukraine Mitglied der Europäischen Union werden. Dafür versuchte ich mich auf der Prager Konferenz einzusetzen. Ich sprach mit den Parlamentspräsidenten über den Fortschritt, den mein Land macht. Außerdem schilderte ich, wie die Politiker unermüdlich arbeiten und das ukrainische Volk sehr viel leistet, damit die Ukraine ein vollberechtigtes Mitglied der EU und der Nato wird.“

In Prag sprach Stefantschuk zudem über Waffenlieferungen für sein Land. Er machte auf die Notwendigkeit aufmerksam, diese um weitere Waffentypen zu erweitern:

„Immer, wenn ich mit unseren Partnern spreche, versuche ich, möglichst offen und ehrlich zu sein. Unsere Beziehungen müssen von gegenseitigem Vertrauen ausgehen. Ich spreche darüber, dass die Ukraine diesen Zermürbungskrieg nicht mehr führen kann und dass sie neue Waffen braucht. Dies ist das Rezept, das uns den gemeinsamen Sieg bringt. Wir sind dankbar für sämtliche bisherige Unterstützung, brauchen jedoch derzeit auch Waffen der vierten Generation wie F16-Kampfflugzeuge und dazu die Ausbildung unserer Piloten. Dadurch wären ganz andere Kampfoperationen möglich und wir hätten völlig andere Resultate zu verzeichnen. Ich bin davon überzeugt, dass die Ukraine der Welt gezeigt hat, dass sie neue Waffen effektiv anwenden kann. Es ist nun notwendig, dass wir nach einer ,Panzer-‘ auch eine ,Flugzeugkoalition‘ haben.“

Wolodymyr Selenskyj und Petr Fiala | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Ruslan Stefantschuk ist nach Präsident Wolodymyr Selenskyj der zweithöchste ukrainische Politiker, der Tschechien besucht. Das Parlament, die Werchovna Rada, ist aktuell gezwungen, hinter verschlossener Tür ohne Medienpräsenz zu beraten. Vermisst der Politiker nicht die öffentliche Debatte?

„Unser Parlament arbeitet im Krieg. Es ist eines der Ziele der Russischen Föderation aus dem einfachen Grund, weil es das Zentrum ist, in dem Entscheidungen getroffen werden. Diese Situation ermöglicht uns leider nicht, die Vorschläge öffentlich zu erörtern, wie es früher üblich war. Wir müssen diese Institution schützen. Ich kann jedoch sagen, dass schon eine Stunde nach der Sitzung alle Entscheidungen der Öffentlichkeit bekannt sind.“

Ruslan Stefantschuk und Senatspräsident Miloš Vystrčil | Foto: Michal Krumphanzl,  ČTK

Gibt es etwas, was der Parlamentspräsident aus den schwierigen Zeiten für die Zukunft mitnehmen will?

„Das, was aufrechterhalten werden sollte, ist die Einheit, die in der zivilisierten Welt herrscht. Was die Herausforderungen für die Nachkriegszeit anbelangt, ist es notwendig, zur Kenntnis zu nehmen, dass Russland nicht verschwindet. Die Armee wird weiterhin an unserer Grenze stehen. Die Ukraine muss ihre Haltung in vielen Bereichen ändern: in der Verteidigung und in der Bildung muss Rücksicht auf den Aufbau des Landes genommen werden. Ich bin davon überzeugt, dass die Ukraine siegen wird und der ganzen Welt zeigt, dass wir das Recht haben, unseren Platz in der zivilisierten Welt zu haben.“

Autoren: Martina Schneibergová , Tomáš Havlín
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