Umweltbildung im Marathontempo – tschechischer Lehrer auf dem Weg nach Afrika

David Chrištof (Foto: Facebook-Seite des Projekts Water Is Life)

Wenn man etwas erreichen will in der heutigen Zeit, dann muss man manchmal Spektakel machen. David Chrištof ist Ultramarathonläufer und Lehrer an der Deutschen Schule Prag – und erregt Aufsehen. Vor einem Jahr lief er von Prag nach London, um Geld für ein Projekt zu sauberem Trinkwasser an einer Waisenschule in Uganda zu sammeln. Dieses Jahr führt ihn der Weg nach Marokko. Der Englischlehrer will bei seiner 3000 Kilometer weiten Reise zu Fuß und auf dem Fahrrad viele Kinder darüber aufklären, was der Mangel an sauberem Trinkwasser in vielen Teilen der Welt bedeutet.

David Chrištof
Der Start erfolgte am Montag vergangener Woche an der Deutschen Schule in Prag. Dort unterrichtet David Chrištof im Fach Englisch. Schon früher hatte er sich für sauberes Trinkwasser engagiert. Und dieses Engagement habe gut ins Konzept der Deutschen Schule gepasst, als er dort angestellt wurde, erzählt er:

„Damals habe ich festgestellt, dass es an der Schule ein Projekt mit dem Titel ‚Moldau’ gibt. Die Kinder haben dabei das Wasser des Flusses untersucht. Es ist eigentlich ein landesweites Projekt. Ich hatte bereits Kenntnisse über unsauberes Trinkwasser auf der Welt, denn 2007 bin ich für einen Lauf rund um die Welt zu diesem Thema ausgewählt worden, den ‚Blue Planet Run’. Wir waren 20 Läufer und haben innerhalb von drei Monaten die Welt umrundet. Wir liefen in einer Staffel, jeden Tag 16 Kilometer. Damals lebte ich noch in den USA. Als ich dann nach Tschechien zurückgekommen bin, habe ich eben an der Schule das Projekt zum Wasser gesehen und meinen Lauf nach London zu planen begonnen. An der Schule waren alle begeistert, weil hier versucht wird, die Kinder auch zum Umweltschutz zu erziehen. Deswegen entschied die Schule, den Lauf nach London logistisch und finanziell zu unterstützen.“

David Chrištof in London
Fünf Wochen lang lief David Chrištof durch Tschechien, Deutschland, Belgien und England, bis er am Ort der Olympischen Sommerspiele angekommen war. Damals ging es vor allem darum, Spenden zu sammeln für ein konkretes Projekt der Unicef: den Bau eines Brunnens an einer Waisenschule im afrikanischen Uganda. Auf seinem Weg machte der Lehrer damals auch an drei Schulen halt, um über dieses Projekt zu sprechen. Gerade dieser zweite Aspekt steht beim aktuellen Lauf nun stärker im Vordergrund. Stephan Beyer ist stellvertretender Direktor der Deutschen Schule Prag:

David Chrištof läuft mit Kindern
„Im vergangenen Jahr war David in der Lage, über 11.000 Euro zu sammeln. Das war mehr, als er sich erhofft hatte. Dieses Jahr ist da natürlich noch mehr möglich, schon allein deshalb, weil er ja deutlich länger unterwegs sein wird. Aber es geht David nicht in erster Linie darum, Spenden zu sammeln, sondern aufzuklären. Er möchte 3000 Jugendliche erreichen, und wir hoffen sehr, dass er das schafft. Wenn daraus zudem noch die Unterstützung eines Projektes der Unicef resultieren würde, wäre das natürlich auch ein sehr schöner Erfolg.“

Und Schuldirektorin Monika Beuerle ergänzt, dass David Chrištof mit seiner Aufklärungsarbeit natürlich schon in Prag begonnen hat:

„David ist ein sehr beliebter Lehrer, auch weil er sehr gut Englisch spricht. Er arbeitet als englischer Assistent für den normalen Sprachunterricht. Alle Kinder, auch im Kindergarten und in der Grundschule, sind von ihm in einer großen Präsentation aufgeklärt worden, indem er auf Deutsch, Englisch und Tschechisch seinen Lauf erklärt hat und worum es ihm geht. Er hat allen Kindern gezeigt, was man tun muss, um sich auf solch einen langen Lauf vorzubereiten.“

An insgesamt 30 Schulen will David Chrištof Station machen. Dies erfordert eine sehr strenge Zeitplanung und war ein Grund, warum der Ultrasportler diesmal abwechselnd läuft und Fahrrad fährt. Außerdem hatte er Angst vor der Monotonie des reinen Laufens. Sein Projekt hat David Chrištof in eine griffige Formel gebracht: 1000 Kilometer laufen, 2000 Kilometer Radfahren und 3000 Kinder inspirieren.

„Das heißt, ich fahre zum Beispiel vier oder fünf Tage am Stück Fahrrad, dann habe ich einen Aufenthaltstag, an dem ich zwei Schulen besuche. Es sind Grund- und Mittelschulen, ich werde Englisch reden, hierzulande natürlich Tschechisch. Einige Schulen sind international, wie in Zürich oder in Barcelona. In den gesamten zwei Monaten habe ich nur einen Tag komplett frei, wo ich also weder laufe noch Rad fahre oder an einer Schule bin. Das ist eine ganz schön harte Sache.“

Die extrem starke Beanspruchung seines Körpers scheint den Läufer hingegen weniger zu schrecken:

„Wenn man dann mal fünf oder zehn Marathonrennen gelaufen ist, sucht man nach neuen Herausforderungen. Zu Olympia fahre ich nicht, den Weltrekord knacke ich auch nicht, weil ich zu langsam bin. Deswegen habe ich begonnen, immer weitere Strecken zu laufen.“

Und außerdem ginge es ja nicht um Rekord- oder Bestzeiten, ergänzt David Chrištof:

„Der Unterschied ist groß, ob man ein Rennen bestreitet oder – wie ich das nenne – auf diese Art reist. Ich werde jeden Tag entweder 30 bis 40 Kilometer laufen oder 80 bis 100 Kilometer Rad fahren. Meine Erfahrung vom Ultramarathon ist, dass sich nicht auf alles trainieren lässt. Auf ein 160-Kilometer-Rennen trainiert man zwar viel, aber nicht mehr als auf ein 80-Kilometer-Rennen. Der Rest ist Kopfsache, man muss daran glauben, dass man es schafft. Und wenn eine Krise kommt, dann ruht man eine Stunde aus und macht danach weiter.“

Ob der Lauf nach Marokko gelingt, stellt sich erst in seinem Verlauf heraus. Nach dem Start am Montag vergangener Woche ging es für David Chrištof erst einmal fünf Etappen lang im Dauerlauf bis ans westliche Ende der Tschechischen Republik – jeden Tag im Schnitt etwa 33 Kilometer. In Domažlice / Taus sattelte der 33-Jährige aufs Fahrrad um. Nun ist er in Deutschland unterwegs, wie er am Donnerstagmorgen aktuell per Telefon mitteilte:

In Domažlice
„Ich bin gerade in Freising, rund 35 Kilometer vor den Toren von München. Ich starte zum letzten Lauf in dieser Woche und komme am Nachmittag in München an. Dort werde ich zwei Tage Station machen, worauf ich mich freue. Ich spüre etwas die Müdigkeit, aber insgesamt fühle ich mich gut, weil ich bereits anderthalb Wochen meiner Reise hinter mir habe. Der Anfang ist immer das Schwerste, mit allen Vorbereitungen, das ist sehr hektisch. Von Prag aus bin ich 160 Kilometer nach Domažlice gelaufen. Dabei hat mich Martin, ein Kollege aus der Deutschen Schule begleitet. Von Domažlice bin ich dann in zwei Tagen mit dem Fahrrad nach Freising gefahren: zuerst nach Regensburg, das waren rund 115 Kilometer, und gestern dann von dort etwa 85 Kilometer hierher. Ich habe bereits an einigen Schulen Vorträge gehalten, in Beroun, in Zdice und in Pilsen. Morgen bin ich an dann an zwei Schulen in München und werde dort vor Jugendlichen der 11. und 12. Klasse vortragen, die also kurz vor dem Abitur stehen.“

Mit Schülern in Zdice
Auch die Reaktionen auf seinen Lauf nach Afrika würden ihn bisher erfreuen, sagt David Chrištof:

„Überall, wo ich bin, sind die Reaktionen sehr positiv. Anfangs verstehen die Kinder es zwar nicht, wenn ihnen der Lehrer oder die Lehrerin sagt, da sei einer, der wegen der Probleme mit schlechtem Trinkwasser von Prag nach London gelaufen ist und sich nun auf dem Weg nach Marokko befindet. Wenn ich aber die weltweiten Trinkwasserprobleme erläutere und den Kindern meinen Film über den Lauf nach London zeige, dann sind sie begeistert. Sie schreiben mir auch auf Facebook, sechsmal haben sich Schüler schon für meinen Vortrag bedankt und mir viel Glück gewünscht. Auf der Strecke sehen die Menschen meist zuerst den Kinderwagen, den ich beim Laufen vor mir herschiebe und in dem ich meine Siebensachen habe. Sie beginnen dann zu fragen. Meist sind sie ungläubig, dass ich wirklich bis Afrika will. Gleich am ersten Tag hatte ich eine interessante Begegnung. Nahe Prag waren wir in einem Restaurant zum Mittagessen. Da fragte mich ein Herr, ob ich der Läufer nach Afrika sei. Ich bejahte. Und er sagte: ‚Ich habe Sie doch im Fernsehen gesehen.’ Er rief das dann auch seinen Freunden im Restaurant zu und hat sich mit mir fotografieren lassen. Tolle Reaktionen sind das.“

Die nächsten Tage werde er in Deutschland bleiben, sagt der Ultramarathonläufer. Samstag habe er komplett frei, am Sonntag will er auf sein Fahrrad steigen und über Augsburg und Turkheim in Richtung Schweiz fahren, mit jeweils Vorträgen an Schulen. Die Stationen in der Schweiz sind St. Gallen, Zürich, Bern und Genf. Zum Schluss aber hat er noch einen Wunsch:

„Ich möchte alle Freunde, Kollegen und vor allem die Kinder an der Deutschen Schule in Prag grüßen. Vielen Dank für alle Wünsche über Facebook und die vielen E-Mails, ich wünsche allen eine schöne Woche.“

Fotos: Facebook-Seite des Projekts Water Is Life