Umweltschützer kritisieren Gesetzentwurf zum Nationalpark Böhmerwald
Der Nationalpark Šumava / Böhmerwald gehört zu den größten Nationalparks in Europa. Er erstreckt sich über 69.000 Hektar. Nun will das tschechische Abgeordnetenhaus ein neues Gesetz über diesen Nationalpark verabschieden, ausgearbeitet wurde die Novelle von Umweltminister Tomáš Chalupa. Doch Umweltverbände und Wissenschaftler kritisieren den Entwurf, sie wollen ein größeres naturbelassenes Gebiet als geplant. Die Umweltorganisation Hnutí Duha / Bewegung Regenbogen hat deswegen einen eigenen Gesetzentwurf ausgearbeitet. Dieser wurde am Donnerstag in Prag vorgestellt.
„Der Entwurf von Umweltminister Chalupa gefährdet die Wildnis im Nationalpark Böhmerwald. So kann Holzfällern der Zutritt auch in die wertvollsten Gebiete des Nationalparks ermöglicht werden – wie beispielsweise in den Bergfichtenwald von Smrčina oder ins Flusstal von Křemelná / Kieslingbach. Der Gesetzentwurf öffnet zudem Bauunternehmern weitere wertvolle Gegenden des Nationalparks. So müssen gemäß dem Entwurf neue Gebäude nicht mehr im typischen Böhmerwald-Stil gebaut werden. Der vom Umweltminister vorgelegte Gesetzentwurf stellt keinerlei Kompromiss dar.“ Genau dies hatte Chalupa aber immer betont: Keiner der Vorschläge von Umweltschützern sei bisher akzeptabel für die Gemeinden im Nationalpark gewesen, erst sein Gesetzentwurf biete eine Lösung. Doch die Novelle wird auch im Ausland sehr skeptisch begutachtet. 70 Leiter von Nationalparks und von wissenschaftlichen Institutionen vor allem aus weiteren Staaten Europas haben sich bereits mit einem Protestbrief an den tschechischen Umweltminister gewandt. Einwände gegen das Gesetz erklangen auch von der Internationalen Union für die Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen (IUCN). Jan Piňos hält die tschechischen Probleme rund um den Nationalpark für künstlich geschaffen. Nationalparks würden überall dort errichtet, wo es noch eine intakte und wertvolle Natur gibt, sagt er. Die Lage hierzulande bezeichnet er als absurd:
„Die Wildnis wird durch das Gesetz geschützt. Es kommen Touristen, die diese Wildnis erleben wollen. Das Geld, das sie mitbringen, kommt den dortigen Gemeinden und den dortigen Unternehmern zugute. Jeder Staat ist stolz darauf, dass er einen Nationalpark hat. Denn er ist Bestandteil des Kulturerbes. Hinter dem Gesetzentwurf stehen in der Wirklichkeit die politisch-ökonomischen Interessen. Hinter dem Gesetz steht die Lobby der Holzverarbeiter und der Bauinvestoren.“
Bleibt abzuwarten, wie sich die Debatte im Abgeordnetenhaus weiter entwickeln wird. Die oppositionelle Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV) will den Gesetzentwurf der Umweltschützer im Abgeordnetenhaus vorlegen.