Urteil: Neonazi-Aufmarsch in Pilsen darf stattfinden – Oberbürgermeister wurde verklagt

Illustrationsfoto: Štěpánka Budková

Rechtsextremisten wollten am 19. Januar in Pilsen demonstrieren. Wir berichteten bereits. Die Stadt Pilsen hatte den Aufmarsch zwei Tage zuvor verboten. Nun hat das Kreisgericht in seinem aktuellen Urteil dieses Verbot als ungesetzlich bezeichnet. Die Geschichte geht also weiter und schlägt höhere Wellen, als den meisten lieb ist.

Illustrationsfoto: Štěpánka Budková
Die Demonstration von Rechtsextremisten in Pilsen – sie hatte ein langes Vorspiel, und wird nun wohl ein noch längeres Nachspiel haben. Fest steht: Der Aufmarsch war am 12. November beantragt worden und sollte am 19. Januar stattfinden. Der Tag, an dem vor 66 Jahren die Pilsener Juden ins KZ Theresienstadt abtransportiert worden waren. Innerhalb der gesetzlich vorgeschrieben Frist von drei Tagen, hatte die Stadt kein Verbot ausgesprochen. Erst zwei Tage vor der Demonstration, am 17. November, hatte der Pilsener Oberbürgermeister Pavel Rödl den Aufmarsch kurzfristig untersagt, mit Rückendeckung des Stadtrates. Die Rechtsextremisten hielten sich an das Verbot.

Nun ist eine neue Situation eingetreten. Das Verbot des Aufmarsches von Neonazis in Pilsen, ausgesprochen von Oberbürgermeister Rödl, sei ungesetzlich gewesen. Damit könne der Veranstalter der Demonstration, Václav Bureš, den Aufmarsch erneut organisieren, so die Entscheidung des Pilsener Kreisgerichtes vom vergangenen Freitag. Oberbürgermeister Rödl muss sich erst einmal fügen, wie er am Montag mittelte:

„Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass mein Verbot für den Aufmarsch nicht rechtens war. Der Veranstalter hat also vom Gesetz her das Recht, den ursprünglich angemeldeten Aufmarsch innerhalb von 30 Tagen durchzuführen. Leider kann ich jetzt noch nicht sagen, wie sich die Stadt verhalten wird, weil wir noch keine Urteilsbegründung vom Verwaltungsgericht erhalten haben. Das heißt, wir wissen noch nicht, ob wir Revision einlegen dürfen, ob wir beim Gericht Aufschub für das Inkrafttreten des Urteils beantragen können.“

Nach Ansicht des Gerichtes hätten die Gründe für ein Verbot nicht ausgereicht, hieß es in einer Meldung der Presseagentur CTK. Der Oberbürgermeister sagte, er habe den Aufmarsch verboten, da er mit einer Teilnahme auch ausländischer Extremisten gerechnet habe. Wenn Revision möglich sei, dann wolle er sie einlegen, sagte Rödl. Der Aufmarsch für die „freie Meinungsäußerung“ – so der offizielle Anlass – wird aber wohl stattfinden und zwar am 1. März. Gleicher Ort, gleiche Zeit, wie Veranstalter Václav Bureš erklärte.

Doch damit ist die Angelegenheit noch nicht ausgestanden. Die Wellen schlagen höher, als von allen Beteiligten gewollt – sieht man einmal ab von den Rechtsextremisten selbst. Die neonazistische „Arbeiterpartei“ (DS) und der Veranstalter des Aufmarsches, Václav Bureš, haben Oberbürgermeister Rödl wegen Amtsmissbrauch verklagt. Damit ist auch Rödls politische Karriere in Gefahr. Er kandidiert für das Amt des Kreishauptmanns von Pilsen. Mit einer Vorstrafe ist das allerdings ausgeschlossen. Und auch die hohe Politik hat sich mit dem Fall schon befasst. Obwohl Rödl Mitglied der Bürgerdemokraten ist, hat sich Sozialdemokraten-Chef Jiří Paroubek für ihn eingesetzt. Bevor der Fall überhaupt zur Verhandlung gekommen ist, hat Paroubek bei Präsident Václav Klaus um Gnade für Rödl ersucht. Der Präsident hat seine Bereitschaft zu diesem Schritt signalisiert. Aber erst, wenn es zu einer rechtmäßigen Verurteilung des Pilsener Oberbürgermeisters kommen sollte.