Vaclav Havel im Cafe d'Europe

Vaclav Havel, Jiri Paroubek und Margot Klestil-Löffler (Foto: CTK)
0:00
/
0:00

Europa feierte sich selbst am 9. Mai - mit dem Europatag. In Prag etwa mit der Fahrt einer "Eurotramvaj" vom Moldauufer zum "Eurocentrum" auf der Jungmannova Straße, mit einer Konferenz unter dem Titel "Europa der Menschen" oder, als Höhepunkt des Tages, mit einer Lesung des früheren Präsidenten Vaclav Havel unter dem Motto Cafe d'Europe. Renate Zöller war dabei.

Vaclav Havel,  Jiri Paroubek und Margot Klestil-Löffler  (Foto: CTK)
Ganz Europa sollte das Café d'Europe zusammenbringen - in 27 europäischen Hauptstädten gleichzeitig fanden initiiert vom Institut der Regionen Europas (IRE) und unter der Schirmherrschaft der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft Lesungen zum Europatag statt. In Prag trug Vaclav Havel seinen Aufsatz "Europa als Aufgabe" vor. Er hatte ihn bereits vor zehn Jahren geschrieben. Aktuell ist er auch heute noch. Havel liest:

"Die Aufgabe Europas ist es nicht mehr und wird es niemals mehr sein, die Welt zu beherrschen, auch nicht, seine Vorstellungen von Wohlstand und Heil in der Welt zu verbreiten und auch nicht der Welt seine Kultur aufzudrängen, erst recht nicht, die Welt zu unterweisen. Das einzige, was Europas sinnvolle Aufgabe sein kann ist, für sich selbst das Beste zu sein. Das heißt, seine eigenen besten geistigen Traditionen wieder zu beleben und auf das Leben zu übertragen und damit gestalterisch mitzuwirken an dem Kunstwerk der neuen Form eines weltweiten Zusammenlebens."

Zu diesem Kunstwerk kann auch das kleine Mitgliedland Tschechien seinen Beitrag leisten, so Havel. Diesen sieht Havel vor allem als Mahner für die Einhaltung der Menschenrechte:

"Ich würde sagen, dass ich insgesamt ein Optimist bin. Nichtsdestotrotz meine ich, dass gerade wir Tschechen mit unserer Erfahrung in einem totalitären System dafür Sorge tragen müssen, dass Europa nicht gleichgültig wird gegenüber denjenigen, die in anderen Teilen der Welt unter autoritären Regimes leiden. Europa darf nicht über den kurzfristigen Interessen an wirtschaftlichem Gewinn sein Interesse an den Menschenrechten beschneiden."

Europa ist nicht einer, Europa sind viele Menschen, und das zeigt Havel auch mit einem dramaturgischen Trick. Mitten im Vortrag hält er ein und überrascht sucht das Publikum nach der fremden Stimme, die im Text fortfährt - eine namenlose Person aus dem Publikum. Nach der ersten Überraschung wird es schnell zum Spiel, die immer wechselnden Vortragenden irgendwo mitten im Saal ausfindig zu machen, Männer und Frauen, die Havels Überlegungen zu Europa lesen und damit zu einer gemeinsamen Idee werden lassen. Europa geht uns alle an, das ist auch das Motto der österreichischen Botschafterin Margot Klestil, die die Veranstaltung organisiert hatte. Klestil sagt:

"Die Antworten auf die Fragen, die Europa aufwirft können nicht auf einem Zeichenbrett entworfen werden. Sie werden auch nicht in Thinktanks von Intellektuellen unter sich gefunden werden. Die Lösung der individuellen Probleme müssen durch konsequente harte Arbeit gefunden werden, letztlich durch Ausprobieren und durch Fehler. Um das zu erreichen braucht Europa auch unsere Hilfe. Lasst uns einmischen. Wir sind alle eingeladen mit Europa zu interagieren, entweder in unserem vertrauten Cafe nebenan oder an der Straßenecke oder eben hier im Cafe d'Europe."

Ob sie mit ihrem Aufruf wirklich die Menschen auf der Straße und diejenigen, die an Europa zweifeln erreicht, ist allerdings fraglich. Europaskeptiker Vaclav Klaus jedenfalls, der als einziger europäischer Präsident das Hissen der Europaflagge auf der Burg verhindert hatte, kam nicht vorbei an diesem Morgen im Cafe d'Europe.