Vergangenheit feiern, aber mit Blick nach vorn: Sobotka bei Merkel in Berlin
Mit dem Deutsch-Tschechoslowakischen Vertrag über gutnachbarschaftliche Beziehungen von 1992 wurde ein großer Schritt in Richtung gemeinsamer Zukunft gemacht. Dies haben die Regierungschefs der mittlerweile drei Länder – Angela Merkel, Bohuslav Sobotka und Robert Fico – am Dienstag in Berlin auch gefeiert. Doch die Zukunft scheint nicht mehr so rosig wie damals, zumindest was die Europäische Union betrifft.
Bei allen positiven Rückblicken war die Bewertung der gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen kritischer. Besonders zwei Reibungspunkte bestehen zwischen Deutschland auf der einen, und Tschechien und der Slowakei auf der anderen Seite: die Flüchtlingskrise und die deutschen Mautpläne. Zudem liegt auch die Zukunft der EU nach dem anstehenden Austritt des Vereinigten Königreichs im Nebel.
Am stärksten scheint die Flüchtlingskrise einen Graben zwischen Deutschland und den östlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu reißen. Zwar betonten alle drei Regierungschefs die Notwendigkeit der europäischen Solidarität. Dennoch äußerten Bohuslav Sobotka und Robert Fico Unmut darüber, dass beispielsweise bei der Frage der Flüchtlingsquoten die Staaten der Visegrád-Gruppe in der EU überstimmt wurden. Man müsse seine Solidarität in der Flüchtlingskrise auch auf andere Weise zeigen dürfen, so die Premierminister Tschechiens und der Slowakei. Unter anderem beim Schutz der Schengen-Außengrenzen.Im Vorfeld der Gespräche hatte der tschechische Premier seine Zweifel an der Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland deutlich gemacht. Ihrem Konzept nach sollen vor allem ausländische Autofahrer für die Benutzung deutscher Autobahnen zahlen. Halter von in Deutschland gemeldeten Fahrzeugen sollen über Rabatte bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Tschechien sei nicht glücklich über die deutschen Mautpläne, so Sobotka. Dahingegen bekräftigte Bundeskanzlerin Merkel die Vereinbarkeit der sogenannten Infrastrukturabgabe mit europäischem Recht.
Einigkeit herrschte zwischen Merkel, Fico und Sobotka jedoch bei den Herausforderungen im Zuge des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union. Man müsse die negativen Folgen des Brexit für die Gemeinschaft klein halten, so die deutsche Bundeskanzlerin. Der Brexit biete nun die Möglichkeit, Gemeinsamkeiten zu finden und zu betonten, konstatierte Bohuslav Sobotka in der Frage.Angela Merkel, Bohuslav Sobotka und Robert Fico trafen sich zudem zu einer offenen Diskussion mit Studenten aus den drei Ländern. Geplant sind weiterhin Gespräche mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem SPD-Parteichef und Kanzlerkandidaten Martin Schulz.