Verkehrsminister unter Beschuss tritt zurück – Zweifel am neuen Kandidaten

Antonín Prachař (Foto: ČTK)

Das Verkehrsministerium ist der Schleudersitz der tschechischen Regierung: Zehn Ressortchefs innerhalb von fünf Jahren lautet die Bilanz, nachdem am Mittwoch Antonín Prachař zurückgetreten ist. Doch an dessen möglichen Nachfolger werden schon im Vorfeld gewisse Zweifel laut.

Antonín Prachař  (Foto: ČTK)
Er wolle nicht länger unter Beschuss der Opposition und der Medien stehen – mit diesen Worten verabschiedete sich am Mittwoch Antonín Prachař. Offiziell heißt es, der Politiker der Partei Ano habe selbst den Rücktritt angeboten. Andere sprechen aber auch davon, er sei von seiner eigenen Partei dazu gezwungen worden. Denn auch die Kollegen Prachařs von der Ano-Partei haben wiederholt auf die Probleme im Verkehrsressort hingewiesen, wie zum Beispiel der Abgeordnete Martin Kolovratník:



Martin Kolovratník  (Foto: Archiv von Martin Kolovratník)
„Auf der einen Seite ist es Antonín Prachař gelungen, den Aufkauf von Grundstücken für den Autobahn-Ausbau wieder in Gang zu bringen und die Verhandlungsposition des Staates gegenüber den Baufirmen zu stärken. Auf der anderen Seite haben sich viele Unzulänglichkeiten gezeigt: Seine Kommunikation mit dem Abgeordnetenhaus war schlecht, in der wichtigen Autobahn- und Straßendirektion häuften sich die Personalprobleme, und die Ausschreibung für den Betreiber der Lkw-Maut wurde ständig hinausgeschoben. Daher war es an der Zeit für einen Wechsel.“

Es gibt aber auch Stimmen, die einen erneuten Wechsel an der Spitze des Ministeriums kritisch sehen. Und diese kommen nicht nur aus der Politik. Petr Moos ist Verkehrsexperte an der Prager Technischen Universität und war 2009 innerhalb der sogenannten Beamtenregierung selbst Leiter des Ressorts:



Petr Moos  (Foto: ČT24)
„In Westeuropa und in den Vereinigten Staaten gilt die Leitung des Verkehrsministeriums meist als der stabilste Posten in der Regierung. Denn Investitionen und die Planungsprozesse im Bauwesen brauchen viel Zeit. Baufirmen fordern daher eine gewisse Stabilität für ihre Planungsentscheidungen. Wir hier in Tschechien pfeifen darauf und tauschen den Verkehrsminister alle acht Monate aus. Das ist eine schlimme Unsitte.“



Autobahn D47  (Foto: Archiv der Straßen- und Autobahn-Direktion,  Wikimedia CC BY 2.5)
Nun kommt also der zehnte Ressortchef in fünf Jahren. Ano-Parteichef Andrej Babiš schlägt einen ausgesprochenen Fachmann vor. Doch genau dort beginnt auch das Problem. Dan Ťok war bis Mittwoch ausgerechnet Generaldirektor der Baufirma Skanska, sie ist einer der wichtigsten Kunden des Staates bei öffentlichen Aufträgen. Politiker der Opposition äußerten deswegen hämisch, die Partei Ano wolle den Bock nun zum Gärtner machen. Denn Skanska und der tschechische Staat führen zudem einen Rechtsstreit um die Höhe der Kosten für den Bau der Autobahn D47. Doch der 55-jährige mögliche neue Minister versichert, dass seine bisherigen Verbindungen im neuen Amt keine Rolle spielen werden:

Dan Ťok  (Foto: ČTK)
„Falls ich Verkehrsminister werde, dann sind der Staat beziehungsweise die Steuerzahler meine Arbeitgeber. Ich werde mich dann von Skanska fernhalten müssen, das sind dann die ehemaligen Kollegen. Und über Angelegenheiten wie das Rechtsverfahren zwischen Baufirmen und Staat wird durch ein unabhängiges Gericht beziehungsweise ein Schlichtungsverfahren entschieden werden.“

Ano-Parteichef Babiš glaubt außerdem, dass Ťok gerade wegen seiner Herkunft aus dem Bauwesen im Vorteil sei. Er genieße in der Branche großen Respekt. Doch beim sozialdemokratischen Koalitionspartner sind nicht alle von der Personalentscheidung überzeugt. Nun wird darauf gewartet, was Parteichef und Premier Bohuslav Sobotka dazu sagt. Der Sozialdemokrat will sich aber erst nach einem Treffen mit Dan Ťok äußern.