Versöhnung in Nordböhmen: das Heimattreffen Peterswald
Die Gemeinde Petrovice / Peterswald zieht sich auf sieben Kilometer Länge entlang der Straße 248 in Nordböhmen, das Dorf endet ziemlich genau am Grenzübergang zu Deutschland. Den sächsischen Nachbarn ist die Gemeinde daher auch gut bekannt - auf der Straße, vor den vielen Restaurants, Märkten und Tankstellen sieht man mehr Autos mit deutschen als mit tschechischen Kennzeichen. Vor der Vertreibung waren die Einwohner fast ausschließlich deutschsprachig. Diese ehemaligen Bewohner und ihre Nachkommen haben sich in der Heimatgemeinschaft Peterswald zusammengeschlossen und treffen sich alle zwei Jahre in ihrer alten Gemeinde. Am vergangenen Samstag war Radio Prag dabei.
Es ist laut und zugig an der Landstraße 248 in Richtung Deutschland. Insgesamt sechs Menschen stehen beisammen, einer ist ein Fotograf. Der Plan ist, Aufnahmen der alten deutschen Einwohner von Peterswald, dem heutigen Petrovice, vor ihren Geburtshäusern zu machen. Nach den Aufnahmen vor dem Restaurant Hirsch, einer ehemaligen Schmiede, ist der Fotografierte sichtlich ergriffen:
„Das sind schon seltsame Gefühle. Wir sind ja nicht freiwillig weggegangen, meine Eltern hat es bestimmt ganz schwer getroffen. Ich bin aber froh, dass das Haus in einem anständigen Zustand ist, mir wäre es weniger lieb, wenn es eine Ruine wäre. Ich kann ja die Leute, die heute da wohnen, nicht verurteilen. Die können genauso wenig dafür wie wir.“
Die Aufnahmen sollen später als Teil eines Bildbandes veröffentlicht werden. Die Treffen der ursprünglichen Bewohner von Petrovice organisiert die Vorsitzende der Heimatgemeinschaft, Renate von Babka:
„Heute treffen sich hier die ehemaligen Bewohner von Peterswald, die 1945 und 1946 vertrieben wurden. Sie treffen sich bereits zum zweiten Mal, das erste Treffen vor zwei Jahren war historisch, weil es früher wegen der politischen Verhältnisse gar nicht möglich gewesen war. Wir sind aber nun sehr froh und dankbar, dass wir das heute hier machen dürfen.“Zu den Treffen in Petrovice reisen zwischen 100 bis zu 130 Menschen an. Die Teilnehmer sind teilweise noch in der Gemeinde geboren, teilweise handelt es sich um die nachgeborene Generation. Die ehemaligen Bewohner treffen sich aber nicht nur in Petrovice, sondern unterstützen die Gemeinde auch aktiv. Zum Beispiel haben sie Exponate für das am Samstag frisch eröffnete Heimatmuseum gestiftet. Generell ist das Verhältnis zu den heutigen tschechischen Bewohnern sehr freundschaftlich, wie Renate von Babka betont:
„Sie haben uns immer in allem unterstützt. Als wir damals fragten, ob wir die Treffen der Gemeinschaft hier (im Gemeindesaal, Anm. d. Red.) veranstalten dürften, war das überhaupt kein Problem. Generell: Wenn ich hier irgendwohin komme, bekomme ich immer Hilfe - und ich werde sehr freundlich aufgenommen. Wir freuen uns sehr, dass sich alles so positiv verändert hat.“Bei der anschließenden Eröffnung der teilrestaurierten Kirche in Petrovice saßen die ehemaligen und gegenwärtigen Einwohner der Gemeinde dann auch zusammen, um den Klängen eines Barockorchesters zu lauschen.