Verteidigungsminister unter Druck: verdächtiger Auftrag aus Zeiten der Ratspräsidentschaft

Alexandr Vondra (Foto: ČTK)

Eigentlich wollte die Regierung von Petr Nečas die Korruption bekämpfen. Derzeit wird sie jedoch am meisten bei sich selbst fündig. Erwischt hat es nun den Chef des Verteidigungsressorts, Alexandr Vondra. Er ist in Verdacht geraten, während der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft vor zwei Jahren dafür verantwortlich gewesen zu sein, dass ein Auftrag ohne öffentliche Ausschreibung vergeben wurde und das auch noch weit überteuert.

Alexandr Vondra  (Foto: ČTK)
Ausgerechnet Verteidigungsminister Vondra von der Demokratischen Bürgerpartei. In den vergangenen Monaten hatte er sich zum „Mister Saubere Hand“ im Regierungsteam gemausert. Auf überteuerte Rüstungsaufträge seiner Vorgänger hatte er hingewiesen und zum Teil bereits personelle Konsequenzen gezogen. Doch seit der vergangenen Woche steht er selbst unter Verdacht. So soll Vondra als Europaminister vor zwei Jahren für einen Auftrag für die Beschallungstechnik bei der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft verantwortlich gewesen sein. Das Problem: Der ursprüngliche Preis soll laut Medienberichten bei umgerechnet 3,4 Millionen Euro gelegen haben. Tatsächlich habe die beauftragte Firma mit dem Namen Promopro aber mehr als 30 Millionen Euro in Rechnung gestellt, also rund neun Mal so viel, schreibt die Presse. Und dazu war der Auftrag auch noch ohne öffentliche Ausschreibung vergeben worden. Das Finanzministerium, geleitet vom Top-09-Vizechef Kalousek, hat bereits Anzeige erstattet. Doch Vondra bezweifelt die genannten Summen. Deswegen forderte er am Dienstag auf, erst einmal genau nachzurechen:

Foto: Archiv ČRo 7
„Es ist wirklich nötig, alle Rechnungen auszuwerten und nebeneinander zu legen. Ich glaube, dass sich die Wahrheit dann zeigen wird und dass es viele Fehlinformationen gibt. Ich will mich damit nicht der Verantwortung entledigen, bin mir aber zugleich sicher, dass nicht alles, was geschrieben wurde, der Wahrheit entspricht.“

Erste Nachprüfungen der insgesamt 183 Rechnungen durch das Regierungsamt hatten bereits in der vergangenen Woche eine deutlich niedrigere Endsumme ergeben. Sie soll bei umgerechnet etwa 22 Millionen Euro liegen. Der Chef der beauftragten Firma, Jaroslav Veselý, bestätigte am Mittwoch in der Tageszeitung Mladá fronta Dnes ungefähr diesen Preis. Zudem erläuterte er, warum dies immer noch viel mehr ist als der ursprüngliche Vertragspreis. Die 3,4 Millionen seien nur die Kosten für die Beschallungstechnik als solche gewesen, so Veselý. Dazu seien dann später noch die Kosten für die Montage, für Catering und vieles weiteres gekommen.

Doch die Frage bleibt, warum es bei einem Auftrag in dieser Höhe keine öffentliche Ausschreibung gegeben hatte. Und ob Vondra überhaupt verantwortlich war. Bisher behauptet der Minister, er war es nicht. Doch unter den Rechnungen steht die Unterschrift seiner damaligen Stellvertreterin. Und auch Ex-Premier Topolánek meldete sich und sagte, dass der Vertrag im Verantwortungsbereich von Vondra lag.

Nachdem im Dezember Umweltminister Drobil bereits über eine Bestechungsaffäre gestolpert war, drohen der Regierung jedenfalls eine weitere Blamage und weiterer Streit. Am Dienstag beriet sich deswegen die Fraktion der TOP 09 im Abgeordnetenhaus:

Petr Gazdík
„Wir haben selbstverständlich schwere Zweifel und wir halten dies für eine ähnliche Affäre wie die von Drobil. Während es bei Drobil um Dinge ging, die in der Zukunft hätten passieren sollen, geht es nun um Dinge, die bereits passiert sind. Deswegen hat die Polizei alle relevanten Beweise, um herauszufinden, ob eine Straftat begangen wurde oder nicht, wer die Straftat begangen hat und wer die Verantwortung trägt. Wir vertrauen der Polizei in ihren Ermittlungen – und danach werden nicht nur strafrechtliche, sondern auch politische Konsequenzen gezogen“, so Top-09-Fraktionschef Petr Gazdík.

Doch Premier Petr Nečas hat am Wochenende bereits die Koalitionsparteien dazu aufgerufen, sich eher mit den geplanten Reformen als mit der Affäre um Vondra zu beschäftigen.