„Vertrauen auf Wahrheit und Kultur“ – internationale Persönlichkeiten erinnern an Václav Havel
Am Samstag wurde in ganz Tschechien an Präsident Václav Havel erinnert. Der Politiker, Dramatiker und Bürgerrechtler starb am 18. Dezember 2011. Unter dem Titel „Zehn Jahre ohne Václav Havel“ fanden in Prag Diskussionen, Filmvorstellungen, ein Konzert sowie ein Umzug statt.
Viele der Veranstaltungen spielten sich am Samstag im Palais Lucerna ab. Den Höhepunkt erreichten sie mit einem Konzert im dortigen Musikclub. Tagesüber war bereits eine Gruppe von Menschen am Masaryk-Denkmal zusammengetroffen. Sie nahmen an dem Umzug teil, der jedes Jahr unter dem Motto „Srdce na Hrad“ (zu Deutsch: Ein Herz für die Prager Burg) stattfindet. An seiner Spitze wurde ein großes Herz aus Karton getragen. In diesem Jahr führte dessen Weg jedoch nicht auf die Burg, sondern von der Burg über die Kleinseite bis auf das Podium der Lucerna Music Bar. Den Umzug organisiere er bereits seit mehreren Jahren, merkte Jiří Bareš als einer der Initiatoren an.
„Der Grund ist, dass wir das Herz auf der Prager Burg vermissen. Und zwar schon seitdem Václav Havel nicht mehr das Präsidentenamt innehat. Darum tragen wir das symbolische Herz alljährlich auf die Burg. Sobald dort jemand einzieht, der dieselben Werte wie Václav Havel vertritt, werden wir ihm gern das Herz übergeben. Dann hoffen wir, dass er als Staatspräsident eine ähnliche Politik wie Havel verfolgen wird.“
Auf dem Podium in der Lucerna Music Bar waren am Samstag zahlreiche Musiker und Bands zu sehen. Zwischen den einzelnen Auftritten wurden Videogespräche gezeigt, die im Rahmen des Projektes „10 Jahre ohne V.H.“ mit 40 Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland aufgezeichnet wurden. Allen Gesprächspartnern wurden die drei selben Fragen gestellt. Dem ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer fällt beim Namen Václav Havel folgendes ein:
„Václav Havel war ein Symbol des Kampfes für Freiheit und Menschenrechte, der nicht mit Druck und mit Machtinstrumenten, sondern mit Argumenten arbeitete. Er war ein Mensch mit einer eher leisen Stimme, der auf sehr hohem Niveau diskutierte. Ich habe ihn sehr geschätzt. Havel war ein Symbol dafür, dass die Anstrengungen des Prager Frühlings von 1968 nicht umsonst waren. Schließlich haben die Freiheit und der Idealismus gesiegt.“
Der Altbundespräsident merkte an, er habe sehr viele schöne Erinnerungen an den Verstorbenen. Was würde er aber Havel sagen, wenn er mit ihm heute sprechen könnte?
„Ich würde ihm sagen, dass die Geschichte ein nie endender Prozess ist. Wenn man besiegt wird, kann dies auch der Anfang eines Sieges sein. Die Niederlage von 1968 trug zum Happy End bei – zum Sieg der Demokratie. Ich habe von Havel gelernt, dass eine friedliche Kraft, das Vertrauen auf die Wahrheit und die Kultur ausschlaggebend sein können, um ein Ziel zu erreichen.“
Live zu Wort kamen auch einige Redner auf der Bühne. Šimon Pánek ist Begründer und Leiter der renommierten tschechischen Hilfsorganisation „Člověk v tísni“ (Mensch in Not). Er warnte zu diesem Anlass vor intoleranten Haltungen in der Gesellschaft:
„Václav Havel hörte sich immer auch die andere Seite an. Wir sind – als liberale Intellektuelle – sind ebenfalls manchmal davon überzeugt, dass wir die Vernunft gepachtet haben. Damit tragen wir aber zur Polarisierung der Gesellschaft bei. Zweitens möchte ich anmerken, dass ich mich an Václav Havel mit einem seiner Zitate erinnere: Auch wenn sich die andere Seite ekelhaft verhält und lügt, muss dies laut Havel nicht bedeuten, dass wir uns genauso verhalten müssen.“
Pánek forderte unter Hinweis auf Havels Engagement zur weiteren Unterstützung von Regimegegnern in Ländern mit autoritären Regimen auf.
Die Fotoausstellung über Václav Havel ist noch bis 23. Dezember in der Lucerna-Passage zu sehen.