Verwaltungsrichter Passer zum Verbot der rechtsextremen Arbeiterpartei

Jan Passer (Foto: ČTK)

Mitte vergangener Woche hat das Oberste Verwaltungsgericht die rechtsextreme Arbeiterpartei verboten. Dem zweiten entsprechenden Antrag der tschechischen Regierung haben die Brünner Richter stattgegeben. Sie kamen zu dem Schluss, die Arbeiterpartei rüttle an den demokratischen Grundfesten des Landes und stehe mit der gewaltbereiten Neonazi-Szene in Verbindung. Die Arbeiterpartei weist diese Anschuldigungen zurück und denkt an einen Gang vors Verfassungsgericht. An der Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts mitgewirkt hat Richter Jan Passer. In einem Interview für das „Radiojournal“, das erste Programm des Tschechischen Rundfunks, nahm er zu dem Urteil Stellung. Wir fassen es für Sie zusammen.

Jan Passer  (Foto: ČTK)
Bereits im Jahr 2009 hatte der damalige Innenminister Ivan Langer einen Antrag auf Auflösung der als rechtsextrem eingestuften Arbeiterpartei eingebracht. Er wurde durch das Oberste Verwaltungsgericht abgewiesen. Höchstrichter Jan Passer erläutert, warum:

„Das erste Gesuch der Regierung umfasste nur ein paar Seiten. Es gab darin so gut wie keine Beilagen und keine Beweise. Unser Urteil im März 2009 war also ganz eindeutig: Die Regierung als klagende Partei hat weder in der Beweisaufnahme noch in der Begründung bestanden. Sie hat nur sehr wenige Fakten vorgebracht. Im Rückblick muss ich konstatieren, dass unser Urteil angesichts der Fakten- und Beweislage gar nicht anders hätte ausfallen können.“

Der zu Beginn dieses Jahres von der Regierung unter Federführung von Innenminister Martin Pecina eingebrachte neuerliche Verbotsantrag sei das genaue Gegenteil der ersten Eingabe, sagt Verwaltungsrichter Passer:

„Wir haben immer betont, dass wir voll auf die Qualität der Anträge angewiesen sind. Mit anderen Worten: Wir sind kein Inquisitionstribunal, das von selbst rechtswidriges Verhalten einer bestimmten politischen Partei konstatieren würde. Der neue Antrag hat gegenüber dem ersten viel weiter reichende Indizien für ein rechtswidriges Verhalten der Arbeiterpartei geliefert. Ich will jetzt nicht die Qualität bewerten. Auf der Pressekonferenz nach dem Urteil hat jemand von einer Lawine von nicht unbedingt geordneten Fakten gesprochen, mit denen die Regierung das Gericht quasi überflutet hat. Dazu ist zu sagen, dass der Antrag in verschiedene Kapitel eingeteilt war. Als erstes hat die Regierung darin das problematische politische Programm der Arbeiterpartei angeführt und außerdem die Verbindungen zur rechtsextremen Szene beschrieben. Auch die Veranstaltungen der Arbeiterpartei, bei denen es oft zu Gewaltakten gekommen ist, werden detailliert aufgelistet.“

Tomáš Vandas  (Foto: ČTK)
Dieser zweite Regierungsantrag hat dem Obersten Verwaltungsgericht nun genügend Gründe geliefert, die rechtsextreme Arbeiterpartei als nicht mit der tschechischen Rechtsordnung vereinbar anzusehen und ihre Auflösung zu verfügen. Parteichef Tomáš Vandas hat bereits vor dem Urteilsspruch wissen lassen, dass er und seine Leute nach einem Verbot auf jeden Fall weitermachen wollen. Sei es unter anderem Namen, sei es mit einer Kandidatur auf den listen anderer extrem rechter Parteien. Die Auflösung der Arbeiterpartei wird zwar allgemein als wichtiges Signal gegen die Ausbreitung rechtsextremer Tendenzen angesehen, die praktische Wirkung des Richterspruchs ist aber umstritten. Experten befürchten durch die Verdrängung in die Illegalität eine Radikalisierung der rechten Szene. Verwaltungsrichter Jan Passer sagt dazu:

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„Ich muss sagen, dass das bei unserer Entscheidung keine Rolle gespielt hat. Wir haben uns an den Rahmen der Verfassung gehalten und an die Bestimmungen im Parteiengesetz, die eine Auflösung von Parteien ermöglichen. Wir haben überprüft, ob diese Bedingungen erfüllt sind. Was die Bedrohung des demokratischen Rechtsstaates betrifft möchte ich unterstreichen, dass das Oberste Verwaltungsgericht derzeit keine Gefahr für den gesamten Staat sieht. Bisher handelt es sich nur um ein lokal begrenztes Problem, aber mit dem Potenzial, sich weiter auszubreiten. Aber wir sehen nicht die Gefahr eines Staatsstreiches durch die Arbeiterpartei.“

Das Oberste Verwaltungsgericht in Brünn hat am vergangenen Mittwoch die rechtsextreme Arbeiterpartei als verfassungsfeindlich eingestuft und deren Auflösung verfügt. Eine Entscheidung, gegen die die Partei innerhalb von 30 Tagen Beschwerde beim Verfassungsgericht erheben kann, wie Verwaltungsrichter Jan Passer im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk erläutert:

„Eine Beschwerde an das Verfassungsgericht hat aufschiebende Wirkung. Vereinfacht ausgedrückt: Dadurch wird unser Urteil eingefroren und die Arbeiterpartei existiert legal weiter. Sie kann sich also uneingeschränkt an allen politischen Aktivitäten beteiligen. Und das gilt so lange, bis das Verfassungsgericht ein Urteil gesprochen hat. Das Verfassungsgericht kann die Beschwerde entweder ablehnen. Dann erlangt unser Urteil Rechtskraft und die Arbeiterpartei ist definitiv aufgelöst. Oder es gibt dem Antrag der Arbeiterpartei statt. Das ist meiner Meinung nach zwar unwahrscheinlich, aber ausschließen kann man es nicht. In diesem Fall könnte die Arbeiterpartei weitermachen wie bisher.“

Bis 18. März hat die Arbeiterpartei nun die Möglichkeit, beim Verfassungsgericht Beschwerde gegen die Parteiauflösung durch das Oberste Verwaltungsgericht einzubringen. Etwas mehr als zwei Monate nach diesem Termin, am 28. und 29. Mai, finden die Wahlen zum Abgeordnetenhaus statt. Lässt sich eine Kandidatur der rechtsextremen Arbeiterpartei überhaupt noch verhindern? Wohl kaum, meint Verwaltungsrichter Passer. Aber alles hänge nun von der Entscheidung des Verfassungsgerichts ab.

„Wenn das Verfassungsgericht unser Urteil aufhebt, dann passiert gar nichts. Alle politischen – sagen wir – Gewinne der Arbeiterpartei würden aufrecht bleiben und die Partei könnte weitermachen. Im entgegen gesetzten Fall würde zwar die Partei aufgelöst werden und die Abgeordneten würden fraktionslos werden. Die errungenen Mandate würden aber bestehen bleiben.“

Im Falle einer Bestätigung des Parteiverbotes durch das Verfassungsgericht würde auch der Anspruch auf staatliche Parteienfinanzierung erlöschen. Die bisher ausbezahlten Mittel würden aber nicht zurück an die Staatskasse fließen:

„Das restliche Geld würde im Rahmen der Auflösung der Partei abgerechnet werden. Das ist ein völlig normaler Vorgang wie bei jeder anderen Firma oder jedem anderen Verein auch: nach dem Ausgleich der Aktiva und Passiva würde das möglicher Weise übrige Geld unter den Mitgliedern aufgeteilt werden.“

Soweit der Verwaltungsrichter Jan Passer im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk. Und wie es weiter geht mit dem Verbot der Arbeiterpartei, das erfahren Sie natürlich hier auf Radio Prag.