Viele Aufgaben, immer ein offenes Ohr: Die Pfarrerin der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde in Prag

Kristýna Malíšková Pilecká

Die Deutschsprachige Evangelische Gemeinde in Prag feiert in diesem Jahr ihr 30. Jubiläum. Zum ersten Mal predigt seit Kurzem eine Tschechin in St. Martin in der Mauer, und zwar Pfarrerin Kristýna Malíšková Pilecká. Radio Prag International hat mit ihr über ihr neues Amt und die Osterfeierlichkeiten gesprochen.

Frau Malíšková Pilecká, wie und wann sind Sie eigentlich Pfarrerin geworden?

„Der Weg dahin war bei mir keinesfalls eindeutig. Ich habe in Pilsen zunächst an der Pädagogischen Fakultät (der Westböhmischen Universität, Anm. d. Red.) studiert. Erst im Laufe der Zeit habe ich dann zu Evangelischer Theologie gewechselt. Dabei dachte ich aber nie daran, Pfarrerin zu werden, auch nicht nach meinem Magisterabschluss. Erst als ich mein Doktorstudium abgeschlossen hatte, wuchs dieser Wunsch in mir. Ich muss allerdings erwähnen, dass ich als Kind in der katholischen Kirche getauft wurde. Später wurde ich aber Mitglied der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, was natürlich auch eine der Voraussetzungen ist, um dort Pfarrerin zu werden. Natürlich hätte ich ebenso hussitische Priesterin werden können, aber ich hatte schon zahlreiche persönliche Kontakte zu den Böhmischen Brüdern, weshalb ich mich für sie entschied. Seit September 2023 bin ich nun Pfarrerin der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde in Prag.“

Wie genau sind Sie zu diesem Amt gekommen?

Kirche St. Martin in der Mauer | Foto: Kristýna  Maková,  Archiv Radio Prag International

„Das hat sich während meines Vikariats entwickelt, welches ich in der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder abgeleistet habe. Während diesem Jahr kam ich immer wieder in Kontakt mit der deutschsprachigen Gemeinde. Später kam es zu einem Treffen mit dem Gemeindevorstand und zu zwei Vorstellungspredigten. Und dann wurde die Entscheidung getroffen, dass sie mich als Pfarrerin wollen. Bisher war es allerdings so, dass immer eine Pfarrerin oder ein Pfarrer von der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Prag entsandt wurde. Ich bin nun die erste tschechische Pfarrerin in diesem Amt.“

Wie ist das für Sie?

„Vor allem am Anfang war die Sprache eine Herausforderung – und im Grunde ist das immer noch so. Ich kann mich im Deutschen einfach nicht so ausdrücken, wie das im Tschechischen der Fall wäre. Mit Rückblick auf die vergangenen sechs Monate muss ich aber sagen, dass es schon ganz gut funktioniert. Wir haben auch fünf neue Gemeindemitglieder bekommen, was ich als Erfolg sehe. Am Anfang hatte ich eine naive Vorstellung von dem, was der Dienst verlangt. Neben den Gottesdiensten unterrichte ich nämlich auch noch an der Deutschen Schule, gelegentlich besuche ich zwei Kindergärten. Hinzu kommen noch die seelsorgerischen Gespräche, Veranstaltungen wie das Online-Café und natürlich die ökumenische Kooperation mit der Deutschsprachigen Katholischen Pfarrei, die mir besonders am Herzen liegt. Anfang Mai unternehmen wir gemeinsam etwa einen Ausflug nach Příbram. Zu meinen Aufgaben zählt ansonsten noch die Arbeit mit den Konfirmanden, von denen wir glücklicherweise wieder einige haben.“

Es ist sehr spannend, dass Sie die Sprachbarriere erwähnt haben, denn ich stelle es mir sehr schwer vor, in einer Fremdsprache zu predigen und Fürbitte zu halten. Eine andere Sprache zu beherrschen, ist ja ohnehin eine Herausforderung, aber dann auch noch in ihr zu beten…

„Ich verlasse mich dabei auf die Hilfe Gottes. In meinem Dienst bin ich schon auf so einige Schwierigkeiten gestoßen. Aber bei all dem begleitet mich der Glaube, der meine Stütze ist. Manchmal muss man auch gar nicht viel sagen. Es reicht dann, bei den Menschen zu sein und ihnen zuzuhören. Worte können dann sogar eine Barriere sein.“

Sie sind nicht nur Pfarrerin, sondern eigentlich auch bildende Künstlerin. Wenn sie Gemälde malen oder Collagen erstellen, kommen Sie ohne Worte aus. Aber kommen Sie aktuell neben den Verpflichtungen im Pfarramt überhaupt noch zum Malen?

„Tatsächlich habe ich diese Tätigkeit aktuell ein wenig hintenangestellt, denn es fehlt mir dafür die Zeit und die Energie. Meine Kreativität drücke ich nun anders aus. Eine Predigt zu schreiben, ist meiner Meinung nach auch eine Art Kunst.“

In Ihrer Gemeinde gibt es seit einiger Zeit auch einen Chor. Wie ist es aktuell um ihn bestellt?

„Sehr gut. Es schließen sich immer mehr Menschen dem Martinschor an. Geleitet wird er von Ramona Schulz und Barbara Vávra, die eine hervorragende Arbeit machen. Die Proben finden immer mittwochs um 19 Uhr statt.“

Die Deutschsprachige Evangelische Gemeinde in Prag wurde 1994 gegründet. Wie werden Sie das 30-jährige Jubiläum in diesem Jahr feiern?

„Im Herbst soll es ein großes Gemeindefest geben. Derzeit bereiten wir die Veranstaltung vor. Angedacht ist unter anderem, die ehemaligen Pfarrerinnen und Pfarrer nach Prag einzuladen.“

Ostern steht unmittelbar bevor. Wie werden Sie in Ihrer Gemeinde das höchste Fest im Kirchenjahr begehen?

„Zunächst einmal ist ja Karfreitag, wo die Orgel üblicherweise stumm bleibt und nicht so viel oder gar nicht gesungen wird. Und daran werden auch wir uns halten. Der Karfreitagsgottesdienst findet um 10.30 Uhr statt. Für die gleiche Zeit ist auch der Gottesdienst am Ostersonntag angesetzt, der ebenfalls mit einem Abendmahl gefeiert wird.“

Werden Sie diesen Gottesdienst gemeinsam mit der katholischen Gemeinde begehen?

„Nein, das ist nicht geplant. Ökumenische Gottesdienst gibt es bisher nur zweimal im Jahr. Vielleicht wird es sich aber in Zukunft anders entwickeln, und wir werden öfter miteinander feiern. Bisher sieht die Kooperation so aus, dass einmal der katholische Pfarrer bei uns predigt und das andere Mal ich in der Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen. Die Zusammenarbeit mit dem katholischen Pfarrer, Lothar Vierhock, ist wirklich sehr schön und intensiv. Am Ostersamstag will ich mich übrigens in seinen Gottesdienst setzen, denn bei uns bieten wir an diesem Tag keine Andacht an.“

Der evangelische Gottesdienst zum Ostersonntag findet um 10.30 Uhr in St. Martin in der Mauer statt. Der Gemeindeausflug mit der Deutschsprachigen Katholischen Pfarrei ist für den 1. Mai geplant.