"Wallfahrt und Reformation" - tschechisch-deutsches Historikerprojekt
In Pribram, einer Stadt unter dem Heiligen Berg, dem wohl bekanntesten Wallfahrtsort in Tschechien, wurde im vergangenen Jahr eine Zusammenarbeit tschechischer und deutscher Historiker gegründet, die in diesem Jahr in Heiligenstadt in Thüringen fortgesetzt wird. Mehr haben wir von Jan Hrdina vom Institut für Geschichte der Karlsuniversität - Archiv der KU erfahren.
Am Freitag wurde in Heiligenstadt in Thüringen ein tschechisch-deutsches Projekt feierlich vorgestellt. Wer beteiligt sich daran und worum geht es dabei?
"Es ist ein gemeinsames Projekt deutscher und tschechischer Wissenschaftler. Wir haben an eine andere Veranstaltung angeknüpft, und zwar an eine Konferenz, die Ende Mai 2004 in Pribram stattfand. Da haben wir mit unseren Kollegen aus dem Stadtarchiv in Pribram und aus verschiedenen Institutionen der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und der Karlsuniversität in Prag eine Tagung zu 'Wallfahrten in der europäischen Kultur' veranstaltet, und zwar mit dem Ziel, die Ergebnisse der tschechischen Forschung zusammenzufassen und zugleich mit ausländischen Ergebnissen zu vergleichen. Dazu kamen Kollegen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus der Slowakei, aus Polen. Eigentlich war es eine wirklich mitteleuropäische Veranstaltung."
Sie haben gesagt, dass die Tagung die Ergebnisse der tschechischen Forschung zum Thema Wallfahrten zusammengefasst hat. In wie weit beschäftigt sich die tschechische Wissenschaft eigentlich mit dieser Thematik?
"Man kann sagen, dass gerade dieses Thema in den früheren Zeiten aus verschiedenen Gründen nicht so beliebt war. Ein Grund waren vielleicht die ideologischen Beschränkungen, die heute nicht mehr bestehen. Und der andere war die eher protestantische Orientierung tschechischer Kirchenhistoriker. Aber das hat sich eigentlich seit zehn, zwölf Jahren geändert. Das haben wir gerade an der Zahl der Wissenschaftler auf dieser Pribramer Konferenz gesehen. Es waren mindestens 30 Leute aus der Tschechischen Republik, die dazu etwas wirklich Gründliches sagen konnten, also vom frühen Mittelalter, von den Anfängen des böhmischen Staates, bis zur Gegenwart am Beispiel der Wallfahrten zum Heiligen Berg oder nach Hostýn in Mähren nach 1945."
Diese neue Veranstaltung knüpft an die in Tschechien an. Worum handelt es sich in diesem Fall?
"Es stimmt, es geht wirklich um eine Weiterführung unserer Pribramer Tagung. Sie soll Ende September 2005 in Heiligenstadt stattfinden. In diesem Fall geht es um das Problem 'Wallfahrt und Reformation'. Die hussitische Revolution und die Reformation in Deutschland sind eigentlich die Daten, die die nationale Geschichtsschreibung in den beiden Ländern als zentrale Eckdaten für die Entstehung der Nationen betrachtet. Und die Wallfahrt diente vom Anfang dieser beiden Weltereignisse an den Theologen als Ausgangspunkt für Kritik. Weil die Wallfahrten eigentlich ein Zeichen des äußeren Glaubens sind, der nicht zum Kern der Botschaft Christi gehört, und als Erfindung gegen den richtigen Glauben gerichtet waren. Und jetzt wollen wir gerade Wallfahrten vom Ende des 14. bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts zur Reformation einordnen und vergleichen, ob es in den beiden Ländern gemeinsame Züge oder Unterschiede gibt."
Soweit der tschechische Historiker Jan Hrdina. Neben dem Stadtarchiv Heilbad Heiligenstadt (Th. T. Müller) gehören die Theologische Fakultät der Humboldt Universität zu Berlin (Dr. H. Kühne), das Institut für Historische Hilfswissenschaften der Karlsuniversität Prag (Fr. Prof. M. Bláhová, Doz. H. Pátková) und das Eichsfeldforum (J. Freitag) zu den Veranstaltern. Zudem wird die Tagung unter Schirmherrschaft von Bischof Joachim Wanke von der Mission Historique Francaise en Allemagne unterstützt.
In Heiligenstadt wurde am Freitag die Web-Seite präsentiert, die das gesamte Projekt dokumentieren soll. Ihre Adresse lautet: www.wallfahrt-reformation.de.