Villa Tugendhat nach Renovierung wieder geöffnet

Villa Tugendhat (Foto: Barbora Kmentová)

Sie ist das einzige moderne Baudenkmal in Tschechien, das auf der Unesco-Weltkulturerbeliste steht: die Brünner Villa Tugendhat. Nach einer zwei Jahre dauernden Renovierung wurde das Meisterwerk von Architekt Ludwig Mies van der Rohe nun wieder für die Öffentlichkeit geöffnet.

Villa Tugendhat  (Foto: Barbora Kmentová)
Am Mittwoch vergangener Woche war es so weit: In der Villa trafen geladene Gäste, Journalisten und vor allem auch die Nachkommen von Fritz und Grete Tugendhat zusammen. Für das Ehepaar Tugendhat hatte Mies van der Rohe das ungewöhnliche Familienhaus in den Jahren 1929/1930 erbaut. Die Familie wohnte jedoch nur einige Jahre lang in der Villa, 1938 flüchteten die Tugendhats vor den Nazis aus der damaligen Tschechoslowakei zuerst in die Schweiz und später nach Venezuela. Die Villa wurde dann von der Gestapo beschlagnahmt und an Walter Messerschmidt vermietet. Nach dem Krieg wurde das wertvolle Haus dem Gesundheitsressort übergeben. 1980 übernahm die Stadt Brünn die Villa.

Trennwand aus Makassar-Ebenholz  (Foto: Barbora Kmentová)
In den vergangenen zwei Jahren wurde eine denkmalgerechte Wiederherstellung der Villa durchgeführt – unter der Aufsicht eines Internationalen Expertenbeirats, der speziell zu diesem Zweck eingerichtet wurde. Ivo Hammer ist Präsident des Expertenbeirats und Ehemann von Daniela Tugendhat, einer der Töchter von Fritz und Grete Tugendhat, für die das Haus erbaut wurde. Ivo Hammer lobte bei der Wiedereröffnung der Villa die Zusammenarbeit mit der Stadt Brünn:

„Wir können als Ergebnis dieser Zusammenarbeit sagen – und ich freue mich, dass wir uns daran beteiligen durften – dass die Renovierung der Villa Tugendhat auf dem höchst möglichen internationalen Niveau durchgeführt wurde. Ich möchte nur drei Beispiele erwähnen: Das eine ist die wunderbare Rekonstruktion der halbrunden Trennwand aus Makassar-Ebenholz, die im Keller des Gebäudes der Jura-Fakultät vom Brünner Kunsthistoriker Miroslav Ambroz gefunden wurde und hier wieder im Original eingebaut ist. Auch die Rekonstruktion der Mattgläser ist hervorragend gelungen. Und es ist mir eine besondere Freude, darauf hinweisen zu können, dass die Innen- und Außenwände in der Zusammenarbeit mit den beauftragten tschechischen Restauratoren durchgeführt wurden. Ich sehe darin ein Beispiel für eine fachliche professionelle Souveränität, die ich in anderen Ländern nicht gefunden habe.“

Onyx-Wand in der Villa Tugendhat  (Foto: Martina Schneibergová)
Hammers Frau Daniela Tugendhat hat nie in der Villa gelebt, denn sie kam erst in Venezuela zur Welt. Das Haus ihrer Eltern konnte sie erst 1969 besuchen:

„Ich erinnere mich, wie ich mit meiner Mutter 1969 in das Haus zur ersten internationalen Konferenz über die Villa gekommen bin. Das war sehr emotional und sehr aufregend, weil das zum ersten Mal nach der Emigration war, als sie wieder hier war. Ich bin in diesen Raum gekommen, sie ist zuerst zur Onyx-Wand gegangen und hat sie gestreichelt, wie man einen Menschen streichelt. Dann hat sie gesagt: ´Dass ich dich je wieder sehe.´ Sie hat damals einen Vortrag in tschechischer Sprache gehalten, wo sie sehr viele Details klar gelegt hat, die auch heute für die Renovierung sehr wichtig waren, weil sie der einzige Mensch war, der das überhaupt noch wusste.“

Daniela Hammer-Tugendhat  (Foto: Barbora Kmentová)
Daniela Hammer-Tugendhat zufolge, kann man sich durch Fotos kaum eine Vorstellung vom Innenraum der Villa machen:

„Ich bin Kunsthistorikerin und deswegen habe ich eine besondere Beziehung zur Kunst. Ich persönlich kenne keinen Raum in der Architektur der Moderne, der so überwältigend ist in seinem Raumeindruck. Ich kenne es nur von früher von Kirchen, wo man wirklich nur in dem Raum ist und herum geht und diese Klarheit, diese Schönheit und diese meditative Atmosphäre spürt.“

Für die Öffentlichkeit ist die Villa Tugendhat ab 6. März geöffnet.

Foto: Barbora Kmentová