Vlasta Burian – das grausame Schicksal des Königs der Komiker

Vlasta Burian (Foto: CC BY-SA 3.0)

Sagt man in Tschechien „Der König der Komiker“, fällt jedem nur ein Name ein: Vlasta Burian. Seine Filmkomödien aus der Zwischenkriegszeit gehören hierzulande zu den beliebtesten Filmen überhaupt. Das Leben Vlasta Burians bestimmte jedoch nicht nur sein Talent, es wurde auch durch die tragischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts geprägt. Am 9. April jährte sich seine Geburt zum 125. Mal.

Vlasta Burian  (Foto: Antonín Burian,  Public Domain)
Schauspieler, Sänger, Regisseur, Theaterdirektor, Sportler, Unternehmer und Schriftsteller – all diese Berufe konnte Vlasta Burian in seiner Person vereinen. Er wurde am 9. April 1891 im nordböhmischen Liberec / Reichenberg geboren, wo sein Vater als Schneider und Amateurschauspieler tätig war. Die Familie war zweisprachig: der Vater Tscheche und die Mutter Deutsche. 1901 zogen die Burians nach Prag, wo der Junge Vlastimil – Vlasta ist eine volkstümliche Abkürzung dieses Namens – eine Ausbildung zum Handelsgehilfen machte.

Noch mehr als für das Geschäft, begeisterte er sich aber für das Theater. Bald bekam er die Möglichkeit, Nebenrollen auf verschiedenen Bühnen zu spielen. Die Kritiker sahen ihn auf dem besten Weg, ein guter Schauspieler zu werden. Darüber hinaus konnte er sehr gut singen, womit er sich auch bei der Oper durchgesetzt hätte. Als Komiker fühlte sich Burian aber am besten, weswegen er in verschieden Prager Kabaretts mitzuwirken begann.

Vlasta Burian  (rechts). Foto: Archiv AC Sparta Prag
Burian verfügte jedoch noch über weitere Talente. So war er zum Beispiel auch ein begeisterter Sportler. Abgesehen von einer Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg war er von 1911 bis 1922 durchgehend Torwart des berühmten Fußballclubs Sparta, sagt Pavel Holík, Vorsitzender der Vlasta-Burian-Gesellschaft.

„Seine Fußballerkarriere begann im Prager Stadtviertel Žižkov, wo er als Kind mit seinen Eltern wohnte. Žižkov war damals das Viertel der armen Arbeiter und Vlasta organisierte dort Turniere für die Burschenmannschaften. Er war jedoch ein vielseitiger Sportler, er interessierte sich für das Radfahren und das Boxen, aber auch für den Tennis und das Rudern. Man sagt, es gab keinen Sport, den Vlasta Burian nicht ausprobiert habe. Voll und ganz ergeben war er trotz allem nur dem Fußball, was jedoch mit seinem künstlerischen Engagement kollidierte. Einige Male passierte es sogar, dass ein Theater den Vertrag mit Burian auflöste, weil er eine Vorstellung wegen eines Fußballspiels verpasste.“

Vlasta Burian  (Foto: CC BY-SA 3.0)
Burian musste sich entscheiden – und vor dem Sportler bekam der Komödiant den Vortritt. 1925 gründete er im Zentrum Prags ein eigenes Theater, das später um ein Atelier, einen Modesalon und ein Kino erweitert wurde. Seine Karriere schnellte nach oben und Burian wurde ein Star. In seinem Theater spielte man mehrmals täglich. Natürlich beneideten ihn andere Schauspieler. Viele sehnten sich aber trotzdem danach, mit ihm auf der Bühne zu stehen. Und tatsächlich, die meisten Theaterstars der Zwischenkriegszeit traten auch in Burians Theater auf.

Die größte Popularität brachte Vlasta Burian jedoch der Film. In den 1920er Jahren drehte er vier Stummfilme und 1930 spielte er die Hauptrolle im ersten tschechischen Tonstreifen „c.k. polní maršálek“. Der Erfolg war riesengroß, so Pavel Holík:

Vlasta Burian im Film „c.k. polní maršálek“
„Zeitzeugen berichteten, dass es unglaublich lange Schlangen vor den Geschäften gab, wenn zum Beispiel die Titelmelodie des Filmes ‚c.k. polní maršálek‘ auf Schallplatte verkauft wurde. Von da an spielte Burian in insgesamt 36 Filmen, meistens hatte er die Hauptrollen. Und obwohl sie von der Handlung her manchmal schwach waren, konnte sie Burian interessant machen. Er improvisierte beim Filmen häufig und er schrieb auch das Drehbuch für sich um. Zwar machte das die Regisseure manchmal wütend, der prominente Publikumsliebling konnte es sich jedoch erlauben. Es ist auch zu erwähnen, dass „c.k. polní maršálek“ in zwei Versionen gedreht wurde: in einer tschechischen und einer deutschen. Die deutsche Version hieß „Der falsche Feldmarschall“ und feierte 1931 in Berlin Premiere. Auch dort waren die Kinos voll und Burian gewann dadurch an Beliebtheit.“

Vlasta Burian  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)
In den folgenden Jahren drehte Vlasta Burian noch fünf Filme auf Deutsch. Die Sprache beherrschte er dank seines familiären Hintergrunds perfekt. In einem Sketsch unterrichtete er sogar Tirolerisch:

Burian war nicht nur populär, aber auch finanziell sehr gut gestellt. Für jeden Film bekam er 100.000 Kronen, zehnmal mehr als seine Kollegen. Darüber hinaus war er auch in der Werbung gefragt. So war er auch Namenspatron der beliebten Bonbons „Burianky“. Er lieh auch einer besonderen Rosenzüchtung seinen Namen.

Vlasta Burian sang in der Oper „Die verkaufte Braut“  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Als Burians Karriere ihren Höhepunkt erreichte, zogen dunkle Wolken über Europa auf. Hitler-Deutschland besetzte im Herbst 1938 die Grenzgebiete der Tschechoslowakei und ein halbes Jahr später auch den Rest. Es entstand das Protektorat Böhmen und Mähren. Die Nazis waren sich der Macht der Propaganda bewusst. Daher versuchten sie, Vlasta Burian für ihre Zwecke auszunutzen. Burian war jedoch ein Patriot und bemühte sich mit allen Kräften, diese Rolle nicht zu spielen. Im Gegenteil: in vielen Auftritten balancierte er am Abgrund. In einem Sketsch hob er zum Beispiel den rechten Arm, um zu zeigen, wie hoch sein Hund springen kann. 1943 sang er im Prager Nationaltheater in der Oper „Die verkaufte Braut“ von Bedřich Smetana. Die Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten: Das Nationaltheater wurde geschlossen genauso wie auch Burians Theater. Der Einzige Auftritt, den er zugunsten der Besatzer aufführte, war in der Show „Sterne über Baltimore“ – Burian parodierte dort den tschechoslowakischen Exil-Außenminister Jan Masaryk.

Vlasta Burian mit Lída Baarová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Dennoch wurde der Komiker nach dem Krieg als Kollaborateur verhaftet. Dank der Intervention Jan Masaryks wurde er freigelassen, kurz danach aber doch noch vor Gericht gestellt. Acht Monate Gefängnis, Verlust des gesamten Eigentums und fünf Jahre Spielverbot – so lautete das Urteil. Pavel Holík ist der Überzeugung, dass der Prozess im Jahre 1945 durch eine stalinistische Gruppe der Kommunisten inszeniert wurde.

„Karel Konrád, ein kommunistischer Journalist, der vor dem Krieg im Burians Theater das Programm redigierte, sprach sich zugunsten des Komikers aus. Es kam auch Herr Levy, ein jüdischer Arzt, der vor den Nazis nach Amerika emigrierte. Burian soll die Ausrüstung seiner Praxis im Keller seines Theaters versteckt haben, damit die Geräte nicht in die Hände der Nazis fallen. Burian wurde trotz allem bezichtigt, sich über die Verfolgung der Juden lächerlich gemacht zu haben. Die Zeugen, die im Sinne Burians aussagen sollten, wurden im Gerichtssaal bedroht. Der Schauspielerin Lída Baarová drohte man sogar mit Tod. Es war eine sehr traurige Situation.“

Grab von Vlasta Burian  (Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Der kommunistische Innenminister Václav Nosek soll den Befehl gegeben haben, den Fall einem „unzuverlässigen“ Richter abzunehmen und einem anderen zuzuteilen. Das Ziel war klar: Burian galt als Mitglied der Bourgeoise, für die es in der „neuen“ Republik keinen Platz mehr gab. Für manche Menschen sei es einer der Beweise, dass die Kommunisten bereits 1945 die Fäden in der Tschechoslowakei zogen, und nicht erst ab dem Jahr 1948.

Es waren vor allem ehemalige Kollegen Burians, die sich 1950 um seine Rückkehr auf die Bühne verdient gemacht haben. Für eine gewisse Zeit hatte er ein Engagement im Regionaltheater in Kolín, dann durfte er auch wieder in Filmen mitwirken. Er war jedoch ein ganz anderer Mensch, das Funkeln in seinen Augen war laut Zeitzeugen erloschen. Aber die ganze Gesellschaft hatte sich verändert. Der „König der Komiker“ starb fast vergessen im Jahr 1962. Erst 1994 wurde er juristisch vollständig rehabilitiert.

Autor: Jakub Šiška
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