Vom Bildhauergarten zur Klarissenküche: Neues im Agneskloster
Das Prager Agneskloster am rechten Moldauufer gehört zu den ältesten und bedeutendsten mittelalterlichen Sehenswürdigkeiten in Tschechien. Seit dem Jahr 2000 ist in den gotischen Räumlichkeiten eine Dauerausstellung der mittelalterlichen Kunst Böhmens und Zentraleuropas aus den Sammlungen der Nationalgalerie zu sehen. Nie war jedoch das ganze Klosterareal für die Öffentlichkeit zugänglich.
Kunsthistorikerin Štěpánka Chlumská ist für das Projekt der Belebung der Klosteranlage verantwortlich. Jeder Besucher hat nun die Wahl, wo er mit der Besichtigung anfangen möchte, erzählt sie:
„Wenn er mit der Besichtigung in den Gärten anfängt, kann er ins Interieur zurückkommen. Beginnt er in den gotischen Räumlichkeiten, dann sieht er sich den Konvent der Klarissen an, und von nun an auch den Kreuzgang des Minoritenklosters und die anliegenden Räume des früheren Männerkonvents.“Nur wenige der vorbeieilenden Passanten ahnen, dass sich hinter den Klostermauern eine grüne Oase verbirgt. Die früheren Klostergärten haben sich in „Bildhauergärten“ verwandelt:
„Wenn man den Garten am nördlichen Tor betritt, über dem eine Plastik der heiligen Agnes platziert ist, sind auf rechter Seite Plastiken von Pavel Opočenský und Karel Malich zu sehen. Das Werk von František Skála ist ein wenig im Schatten im Gebüsch versteckt. Die monumentale Skulptur der Tänzer von Michal Gabriel steht in der Nähe des restaurierten Klostergebäudes. Nicht zu vergessen ist die Plastik von Stefan Milkov, die sich nahe dem Eingang ins Vestibül des Klosters befindet. Außer dem Garten am nördlichen Tor wurde ein weiterer entlang der Straße Na Františku wiederbepflanzt. Dort sind Werke von Aleš Veselý, Stanislav Kolíbal und Čestmír Suška zu sehen. Auf dem Weg zum Kreuzgang des Minoritenklosters kommt man an den Statuen von Jaroslav Róna und František Bílek vorbei. Wir wollen im kommenden Jahr die Bildhauerwerke noch um eine Toninstallation von Pavel Büchler ergänzen.“
Wo die heilige Agnes gekocht hat
Im Agneskloster sind seit dieser Woche zwei instandgesetzte Räumlichkeiten zugänglich: die frühere Schwarzküche und das Refektorium. Die Klosterküche stammt aus der Zeit um 1250. Kunsthistorikerin Helena Soukupová:„Es gibt nicht viele derartige Klosterküchen noch in Europa. In der Mitte, wo sich heute ein Modell des Klosters befindet, war einst eine Feuerstätte angelegt. Dort haben die Ordensschwestern gekocht. Es heißt, dass die heilige Agnes das Essen auch persönlich zubereitet und das Geschirr gewaschen hat. Einige Legenden beschreiben Wunder, die der Agnes zugeschrieben werden. Eine der Legenden erzählt darüber, dass eine der Ordensschwestern Wasser in den Kessel gießen wollte und dabei in den Kessel gestürzt ist. Sie habe Agnes um Hilfe gebeten und sich so retten können.“
Aus der früheren Klosterküche geht es in das Refektorium. Dort wurde eine neue Dauerausstellung eröffnet, in der rund 50 Artefakte aus dem Lapidarium des Klosters zu sehen sind. Die Mehrheit davon dokumentiert die Baugeschichte des Klosters. Das Lapidarium umfasse insgesamt einige Hundert Kunstgegenstände, erzählt Helena Soukupová.„Wir stellen hier nur eine Auswahl der Gegenstände vor. Chronologisch zeigen wir Bauelemente seit der Gründung des Klosters bis zur Errichtung der Přemysliden-Grabstätte. Dabei wollen wir die Entwicklung der einzelnen Bauelemente wie Gewölberippen oder Kapitelle dokumentieren. Gezeigt werden beispielsweise die ältesten Gewölberippen der St.-Franziskus-Kirche oder Fragmente von Kapitellen, die aus dem Kreuzgang des Klarissenklosters stammen.“
Grabmäler aus der Renaissance
Die Kunsthistorikerin macht auf das Fragment einer Schafskopfplastik aufmerksam. Diese bezieht sich vermutlich auf die heilige Agnes von Rom, die häufig zusammen mit einem Lamm dargestellt wurde. Zu den Exponaten gehören auch große Renaissancegrabmäler, die nach dem Hochwasser von 2002 restauriert wurden.„Dies ist das Grabmal des Glockengießers Jiří Štampach und seiner Familie. Er war Eigentümer eines der Häuser des Minoritenkonvents. Štampach stellte Kerzenständer und Glocken her. Er lebte in Prag in der Zeit des größten Aufschwungs des Zinngießens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Gut erhalten ist ein weiteres Grabmal, auf dem eine Frau mit einem Kranz in der Hand abgebildet ist. Sie symbolisiert vermutlich die Auferstehung. Auch die Gestalten von drei Heiligen schmücken das Grabmal: die heilige Katharina, Barbara und Agnes von Rom. Einige Fragmente des Epitaphs sind erhalten geblieben. Das Grabmal gehörte einem gewissen Jan und seiner Frau Anna. Er war Bürger der Prager Altstadt. Gefunden wurde das Grabmal in der hiesigen St.-Franziskus-Kirche.“
Neben dem Refektorium besteht ein neues Atelier für Kinder. Štěpánka Chlumská:„Es ist ein Atelier, in dem wir Familien mit Kindern die Möglichkeit bieten, den Besuch im Agneskloster richtig zu genießen. Zur Inspiration finden hier die Kinder einige Aufgaben, die von unseren Lektoren zusammengestellt wurden. Aber die kleinen Besucher können selbst entscheiden, womit sie sich im Atelier beschäftigen. Außer dem Atelier gibt es hier eine Besichtigungstrasse, die speziell für Kinder gestaltet ist. In spielerischer Form werden dabei den Kindern verschiedene Rätsel gestellt, die ihnen die Persönlichkeit der heiligen Agnes sowie das Leben im Mittelalter allgemein näher bringen.“
Die Dauerausstellung mittelalterlicher Kunst, das Lapidarium, das Atelier sowie weitere Interieurs des Klosters sind täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die Gärten sind im Sommer von 9 bis 22 Uhr zugänglich, von November bis Februar aber nur zwischen 10 und 16 Uhr. Bei schlechtem Wetter sind die Klostergärten geschlossen.