Von der Josephsquelle zur Schönen Peppi: Auf Hrabals Spuren in Kersko
Der Ort Kersko ist dank dem Schriftsteller Bohumil Hrabal bekannt geworden. In der Waldsiedlung, die etwa 30 Kilometer östlich von Prag liegt, hatte der Schriftsteller sein Sommerhaus. Dort fand er auch Inspirationen für seine Werke. Die Bewohner von Kersko hat Hrabal in seiner Prosasammlung „Schneeglöckchenfeste“ beschrieben. Regisseur Jiří Menzel hat das Buch 1983 verfilmt und dabei an mehreren Orten in Kersko gedreht.
Mineralquelle und Freibad
Ursprünglich befand sich die Quelle in einem kleinen Haus mit einem kleinen Springbrunnen. Die Bedienung zapfte das Mineralwasser und reichte es durch ein Fenster den Kunden. Das Häuschen wurde später abgerissen, die Wasserleitung verstopfte. 1985 wurde eine neue Quelle gebohrt, 1993 wurde sie überdacht. 2012 wurde die neue Josephsquelle samt einer Holzplastik des Heiligen Joseph geweiht. Bald darauf schnitt jedoch jemand den Kopf der Plastik ab, erzählt Václav Kořán.„Die hiesigen Bewohner führten eine Spendensammlung durch und installierten eine neue Statue. Nach einem Jahr haben wiederum irgendwelche Dummköpfe den Kopf der Statue abgeschnitten. Der Gemeinderat ließ den Torso der Plastik beseitigen. Derzeit wird darüber verhandelt, ob erneut eine Plastik hier stehen soll.“
Von der Josephsquelle geht es nach links, der Weg führt durch einen stillen Laubwald bis zu einem Teich. Einst gab es dort ein Freibad. Der frühere Besitzer des Waldstücks, Josef Hyross, habe das Bad Mitte der 1930er Jahre anlegen lassen, erzählt Václav Kořán:
„Am Teich war auch für Unterhaltung gesorgt. Dort, wo das Wochenendhaus steht, befand sich vor dem Krieg ein Restaurant. Mein Vater war dabei, als das Erholungsareal eröffnet wurde. Man konnte damals hier auch Boote ausleihen. Heute darf man hier vor allem aus hygienischen Gründen nicht mehr baden.“Bohumil Hrabals Sommerhaus
Vom Teich führt der Waldweg nach links an einigen Sommerhäusern vorbei bis zur Landstraße. Über die Straße geht es direkt zum Bohumil Hrabals Sommerhaus. Die Villa ist weiß mit grün gestrichenen Türen und Fensterläden. Václav Kořán:
„Das Sommerhaus wird weiter genutzt. Bohumil Hrabal und seine Frau haben es dem Sohn ihrer Nachbarn vererbt, dessen Familie kommt an Wochenenden hierher. An dem Haus hat sich nichts geändert. Ich kann mich erinnern, wie hier Hrabal auf seiner Schreibmaschine tippte. Für ihn war das Haus sein Zweitwohnsitz. Später lebte er hier immer von Frühjahr bis Herbst. Im Winter kam er mit dem Bus um 10 Uhr vormittags und fuhr dann um 12 Uhr wieder zurück. Heute stehen bei seiner Haltstelle einige Katzenplastiken aus Holz.“Der Schriftsteller liebte Katzen und hat sich auch in Kersko um sie gekümmert. Nicht weit vom Sommerhaus des Schriftstellers steht ein Anwesen mit einem Garten, in dem einige Szenen aus dem Film „Das Wildschwein ist los“ gedreht wurden.
Menhir am Wegesrand
Aus dem Wald geht es wieder zur Straße, die von Semice nach Hradištko führt. In einer Kurve steht auf der rechten Straßenseite ein Kreuz. Die Stelle wird „Na kostelíku“ (Am Kirchlein) genannt. Ab der frühen Neuzeit stand dort eine Fronleichnamskapelle. Neben der Kapelle wurde damals ein Friedhof für die Bewohner von Hradištko angelegt. 1780 wurde in der Kapelle zum letzten Mal ein Gottesdienst zelebriert. Sechs Jahre später wurde sie geschlossen. In einigen Jahren war der Sakralbau schon halb zerfallen. Der Friedhof diente nur bis 1785 seinem Zweck. Bei den archäologischen Ausgrabungen Ende des 19. Jahrhunderts wurden an diesem Ort einige Artefakte gefunden, die heute im Regionalmuseum in Poděbrady aufbewahrt werden. Im 19. Jahrhundert wurden die sterblichen Überreste der Bestatteten exhumiert, erzählt Václav Kořán:„Die sterblichen Überreste wurden in einem gemeinsamen Grab bestattet, das weiter auf dem Friedhof zu erkennen ist. Fürst Philipp Hohenlohe von Schillingfürst ließ über dem Grab 1891 ein Kreuz aus Gusseisen aufstellen. Es wird zwar erzählt, dass Hynek Boček z Kunštátu hier schon im 14. Jahrhundert eine Kapelle errichten ließ. Dies ist jedoch gar nicht belegt. Es stimmt schon, dass er einige Gemeinden in der Umgebung gegründet hat. Die hiesige Kapelle ist aber erst nach dem Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert erbaut worden.“
Vom früheren Friedhof geht es zurück auf die Landstraße. Nach etwa 100 Metern führt ein Weg links in den Wald bis zu einem Steinblock, dem sogenannten „Menhir von Kersko“. Er ist 76 Zentimeter hoch, sein Gewicht wird auf 200 Kilogramm geschätzt. Seit wann dort der Steinblock steht, wisse man nicht, erzählt Václav Kořán:„Ob er sich hier seit prähistorischen Zeiten befindet oder erst später hergebracht wurde, ist unklar. Einige Experten sind der Meinung, dass er vielleicht als Grenzstein zwischen dem Hoheitsgebiet der Přemysliden und der Zličans oder der Slawnikiden gedient hat. Nach einer anderen Hypothese stellte der Menhir einen Grenzstein zwischen drei Verwaltungsgebieten der Přemysliden dar: Vyšehrad, Kouřim und Boleslav. Es gibt noch eine dritte Hypothese, der zufolge die keltischen Druiden bei ihren Zeremonien den Menhir benutzt haben sollen.“