Von der Steinfigur zum Vollautomat: Ausstellung zur Hydrometeorologie in Prag

Foto: Martina Schneibergová

Anfang der Woche konnte man es immer wieder in der Tagespresse lesen: Dieser oder jener Temperaturrekord wurde geknackt, so zum Beispiel die Anfang des 19. Jahrhunderts im Prager Klementinum gemessene Höchsttemperatur für den April. Seit wann aber wird in Prag regelmäßig die Temperatur gemessen? Wie haben die Bewohner der tschechischen Hauptstadt vor einigen Jahrhunderten die Ausmaße von Überschwemmungen gemessen? Dies und mehr können die Besucher in einer Ausstellung erfahren, die das Tschechische Hydrometeorologische Institut (ČHMÚ) zusammen gestellt hat.

Tomáš Chalupa
„Das Wasser und die Luft um uns herum“ heißt die Ausstellung. Das Tschechische Hydrometeorologische Institut stellt seine Tätigkeit vor und zudem wird die Geschichte der Wetterbeobachtungen in Prag dokumentiert. Umweltminister Tomáš Chalupa zeigt sich bei der Eröffnung der Ausstellung eben von dem historischen Aspekt begeistert:

„Es geht hier um eine Arbeit, die Generationen von Forschern weiter vererbt haben: die Wettervorhersagen sowie das Sammeln von Daten über Niederschläge und das Klima in Tschechien. Ich denke, jeder von uns liest oder hört täglich eine Wettervorhersage und vergleicht sie dann mit der Wirklichkeit. Man wird kaum eine andere Institution finden, die von der Öffentlichkeit täglich wahrgenommen wird. Andererseits zeigt die Ausstellung, dass es nicht nur um statistische Daten geht, die als Grundlage für die Berechnung der Wettervorhersage dienen. Die Meteorologie ist eine Wissenschaft und arbeitet mit vielen Informationen, die mit anderen Ländern geteilt werden. Wichtig aber ist für die Meteorologen natürlich auch die historische Erfahrung.“

Foto: Martina Schneibergová
In der Ausstellung werden Messungen aus allen Bereichen gezeigt, die im Hydrometeorologischen Institut erforscht werden: Meteorologie, Klimatologie, Hydrologie und Luftqualität. Es werden Messgeräte präsentiert sowie ergänzende Informationen über die Entwicklung der Beobachtungen und der Kenntnisse vorgestellt, so der Leiter des Instituts, Václav Dvořák. Er macht auf ein Gerät aufmerksam, das den ersten Ausstellungssaal dominiert:

„Wir zeigen hier auch Verfahren und Geräte, die erst vor kurzem in Betrieb genommen wurden. Das ist beispielsweise eine automatische Wetter-Station, die dem neuesten Trend entspricht. Früher ging man eher von den Messungen von Beobachtern aus. Das bedeutete, dass der Beobachter zur gegebenen Stunde die Angaben des Thermometers notieren oder die Höhe der Niederschläge messen musste. Die automatische meteorologische Station erleichtert die Arbeit bedeutend. Ihr großer Vorteil ist die Datenübertragung. Wir erhalten aktuelle Daten und können sie sofort für weitergehende Analysen nutzen.“

Antonín Strnad
Berichte über Überschwemmungen, einen rasanten Wetterwechsel oder besondere Naturerscheinungen findet man in allen mittelalterlichen Chroniken Europas. Mit der systematischen Beobachtung des Wetters wird aber erst in der Zeit der Renaissance und des Humanismus begonnen. Die Anfänge der Meteorologie in den Böhmischen Ländern seien mit den meteorologischen Beobachtungen im Prager Klementinum verbunden, erzählt Václav Dvořák:

„Joseph Stepling, ein Prager Mathematik- und Physikprofessor, hat 1752 regelmäßige meteorologische Messungen im Prager Klementinum eingeführt. Stepling stammte aus Regensburg. Im Klementinum gründete er ein astronomisches Labor. Seine Nachfolger setzten die Beobachtungen fort. Da ragt besonders Steplings Schüler Antonín Strnad (1746-1799) heraus. Der Mathematiker und Meteorologe war vier Jahre lang Rektor der Prager Universität. Strnad war an der Gründung der Königlichen böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften beteiligt. Er war Mitglied der Mannheimer Meteorologischen Gesellschaft, die weltweit Wetterbeobachtungen durchführte und den Austausch von meteorologischen Informationen unterstützte. Diese Reihe regelmäßiger Messungen, die im Klementinum durchgeführt wurden, ist erhalten geblieben.“

Foto: Martina Schneibergová
Eine wirklich ununterbrochene Reihe von Temperaturmessungen beginnt in Prag erst mit dem Jahr 1775. Die regelmäßige Messung von Niederschlägen beginnt etwas später, im Jahr 1804.

Eine bedeutend längere Geschichte als die Temperaturmessungen haben die hydrologischen Beobachtungen. Von der Fortschrittlichkeit der Prager zeugt beispielsweise die Entstehung einer Institution, die die Errichtung von Brücken und anderen Bauten beaufsichtigte. Diese wurde in Prag schon 1340 gegründet. Seit 1481 wurden in Prag regelmäßige Messungen des hohen Wasserstands notiert. Früher wurden die Hochwassermarken oft in Stein gemeißelt. Aber es habe auch andere Wassermarken gegeben, so der Experte:

´Bradáč´
„In Prag gibt es einen interessanten mittelalterlichen Wasserstandsmesser, den so genannten ´Bradáč´. Es handelt sich um das steinerne Gesicht eines bärtigen Mannes, das auf der Altstädter Seite der Karlsbrücke zu finden ist. Wenn die Moldau den Kopf des Mannes erreichte, konnten die Menschen in Booten über den Altstädter Ring fahren – so wurde früher erzählt. In den Chroniken heißt es: Wenn das Wasser den Bart des Mannes berührt, ist es an der Zeit, die Häuser am Ufer der Moldau zu verlassen. Wenn das Wasser bis zur Nase des Mannes steigt, sind die Straßen am Altstädter Ufer bereits überschwemmt. Der Bradáč ist eines der ältesten Kunstwerke, das als Wasserstandsmesser dient.“



Hydrometeorologisches Institut in Prag-Komořany  (Foto: Archiv ČHMÚ)
Das Prager Hydrometeorologische Institut entstand 1954. Es knüpfte an die Arbeit seiner Vorgänger aus der Ersten Republik an: des Masaryk-Instituts für Hydrologie und des Instituts für Meteorologie. Die Öffentlichkeit hat einmal im Jahr die Möglichkeit, einen Blick in die „meteorologische Küche“ direkt im Institut im Prager Stadtteil Komořany zu werfen. Václav Dvořák:

„Der Tag der offenen Tür wird anlässlich des Weltmeteorologischen Tages und des Weltwassertages veranstaltet. Der Weltwassertag wird am 22. März, der Weltmeteorologische Tag am 23. März begangen. Beim Weltwassertag arbeiten wir mit weiteren Institutionen zusammen – beispielsweise mit dem Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft.“

Foto: Martina Schneibergová
Über Mangel an neugierigen Besuchern können sich die Hydrometeorologen nicht beschweren, sagt Václav Dvořák. Die Interessen der Hobby-Meteorologen seien aber sehr unterschiedlich:

„Es gibt Leute, die sich beispielsweise für Beobachtungen der Umwelt unter dem Aspekt der Bioakkumulation interessieren. Dabei wird der Gehalt von Schadstoffen in lebendigen Organismen gemessen. Es gibt Verfahren, mit denen festgestellt wird, in wieweit Organismen, die in einem bestimmten Milieu leben, von diesem Milieu beeinflusst werden. Wir verfügen heutzutage über verschiedene Methoden, die Luft- oder Wasserverschmutzung zu messen. Dafür interessieren sich viele der Besucher des Instituts. Wie konkret das gemessen wird, führen wir während des Tags der offenen Tür vor.“

Die Ausstellung „Das Wasser und die Luft um uns herum“ bietet Einsicht in alle Tätigkeitsbereiche des Prager Hydrometeorologischen Instituts. Sie ist im Barockpalais Clam-Gallas in der Husova-Straße in der Altstadt täglich außer Montag bis zum 17. Mai zu sehen.