Von Deutschland den Atomausstieg lernen
Mit der Frage eines tschechischen Ausstiegs aus der Atomenergie beschäftigte sich am 6. September in Prag ein Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung und der Bürgerinitiative "Südböhmische Mütter". Mit Bernd Warnat nahm hieran auch ein hoher deutscher Beamter des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teil. Thomas Oellermann berichtet.
Die tschechische Energiepolitik und insbesondere die Atomenergie gehören seit einigen Jahren zu den am kontroversesten diskutierten Themen des Landes. Bei den Protesten gegen das Atomkraftwerk Temelin, das im Jahre 2000 den Probe- und inzwischen den Vollbetrieb aufgenommen hat, bildete sich auch in Tschechien eine Anti-Atomkraft-Bewegung. Als regionale Initiative gründete sich etwa die Organisation "Südböhmischer Mütter". Nachdem das Atomkraftwerk in Temelin nicht hätte verhindert werden können, versuche man sich nun an einer politischen und landesweiten Lösung, so Dana Kuchtova von den "Südböhmischen Müttern":
"Trotzdem hören wir nicht auf mit unserer Anti-Atom-Arbeit. Unser Ziel wäre jetzt, einen Atom-Ausstieg zu erreichen. Wir haben die Lehren gezogen aus dem deutschen Atomausstieg und wir möchten gerne ein Programm für den Ausstieg aus der Atomenergie für Tschechien vorbereiten. Das ist ein großes Ziel. Das schaffen wir selbstverständlich nicht allein."
Mit der Frage, wie sich die Erfahrungen des zwischen Bundesregierung und Betreibergesellschaften im Jahre 2000 ausgehandelten Atomkonsenses auf die Tschechische Republik übertragen lassen, beschäftigte sich nun in Prag ein von den südböhmischen Müttern und der Heinrich-Böll-Stiftung organisiertes Seminar. Als Referent konnte mit Bernd Warnat ein hoher Beamter des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gewonnen werden. Aus der Sicht des Ministeriums erklärte er die Bedeutung solcher Reisen in Sachen Atomausstieg:
"Wir wissen, dass es sehr schwierig ist für die Menschen in den Nachbarländern genau zu verstehen wie der Atomausstieg in Deutschland organisiert ist und wie die besonderen Bedingungen sind."
Zu Beginn des Seminars machte Warnat auch deutlich, dass der deutsche Atomkonsens nur eine Anregung für Tschechien sein könne:
"Ich denke, dass wir in Europa zwar viel voneinander lernen können von einem Land zum Anderen, dass aber die Bedingungen für eine solche komplexe Sache wie die Änderung der Energiepolitik und der Versorgungsstrukturen niemals von einem Land zum anderen übernommen werden kann."
Letztendlich müsse man, so Bernd Warnat weiter, auch abwarten, ob der deutsche Atomkonsens nach den Bundestagswahlen am 18. September noch Bestand habe und von daher weiterhin als Modell dienen könne.