Vor 30 Jahren wurden Stacheldrähte durchschnitten

Foto: ČTK / Mirolav Chaloupka

Vor 30 Jahren ist der Eiserne Vorhang an der tschechoslowakisch-bundesdeutschen Grenze symbolisch gefallen. Am Montag wurde nahe der westböhmischen Grenzstadt Rozvadov / Roßhaupt an den historischen Augenblick erinnert.

Albert Füracker  (3. von links),  Tomáš Petříček  (4. von links) und Josef Bernard  (5. von links). Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka

Hans-Dietrich Genscher und Jiří Dienstbier | Foto: ČT24
Kurz vor Weihnachten 1989 haben die damaligen Außenminister der Tschechoslowakei und der Bundesrepublik Deutschland, Jiří Dienstbier und Hans-Dietrich Genscher, in Nové Domky / Neuhäusl nahe Rozvadov die Stacheldrähte durchschnitten. Der symbolische Akt spielte sich fünf Wochen nach dem Beginn der Samtenen Revolution ab. Die Fotos der beiden Außenminister mit einem Bolzenschneider in der Hand erschienen auf den Titelseiten der Tagespresse in beiden Ländern. Nach 30 Jahren trafen am selben Ort erneut führende Vertreter aus beiden Regionen zusammen – allen voran der tschechische Außenminister Tomáš Petříček (Sozialdemokraten), der bayerische Finanz- und Heimatminister Albert Füracker und der Hauptmann des Kreises Pilsen, Josef Bernard (Sozialdemokraten). Die Politiker erinnerten an das Wendejahr 1989 und betonten, wie wichtig es sei, dass beide Völker freundschaftlich miteinander leben. Hauptmann Bernard sagte dazu:

Jindřich Červený  (Foto: ČT24)
„Während des gesamten 20. Jahrhunderts hatten wir nie eine so lange Zeit wie jetzt die Möglichkeit, nebeneinander in einer wirklich guten Nachbarschaft zu leben. Es sind wieder manchmal die Stimmen derjenigen zu hören, die die Grenzen möglichst dicht machen möchten. Lassen wir uns die Stimmung nicht verderben und die Freundschaftsbeziehungen nicht zerstören. Ich würde mir anstelle irgendwelcher Drähte eher eine schnellere Bahnverbindung zwischen Prag, Pilsen und München wünschen. Dies wäre ein Schritt zur Stärkung der Freundschaft.“

Jindřich Červený (parteilos) war vor 30 Jahren Bürgermeister von Rozvadov. Er war dabei, als die Außenminister der beiden Länder die Stacheldrähte durchtrennten. Der ehemalige Kommunalpolitiker erinnerte sich gegenüber dem Tschechischen Fernsehen an den 23. Dezember 1989:

Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka
„Es haben sich damals rund 500 Menschen versammelt. Die Atmosphäre war entsprechend emotional. Die Reden der beiden Außenminister haben alle Erwartungen übertroffen.“

Auch in der Grenzstadt Rozvadov wohnten damals Menschen, die Verwandtschaft auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs hatten. Jahrzehnte lang hatten sie ihre Familienangehörigen nicht gesehen. Jindřich Červený:

„Es gab hier einige Familien, die Verwandte jenseits des Stacheldrahts hatten. Sie hatten Probleme damit, eine Ausreisegenehmigung zu bekommen. Die Öffnung der Grenze war ein großer Fortschritt.“

Jindřich Červený war dann auch einer der Initiatoren für die Errichtung eines Denkmals zur Öffnung des Eisernen Vorhangs in Nové Domky:

Grenzdenkmal  (Foto: ČTK / Miroslav Chaloupka)
„Auf die Idee kam der damalige Bürgermeister von Waidhaus, Gustl Reichenberger. Er war Steinmetz und betrieb ein Steinwerk. Er arbeitete einige Entwürfe aus, über die wir dann etwa vier, fünf Monate diskutiert haben. Dabei wurden die Entwürfe ergänzt und verbessert, bis das symbolische Denkmal letztlich entstanden ist.“

Das Denkmal wurde am 26. Juli 1993 enthüllt. Ex-Bürgermeister Červený hält es für wichtig, an die Zeit vor 30 Jahren zu erinnern:

„Eine große Bedeutung hat das vor allem für jüngere Menschen, die die damalige Zeit nicht erlebt haben.“

An der tschechoslowakisch-österreichischen Grenze wurden die Stacheldrähte schon am 17. Dezember 1989 durchschnitten. Es dauerte jedoch noch fast ein halbes Jahr lang, bis der Eiserne Vorhang entlang der ganzen Staatsgrenze beseitigt wurde.