Vor 60 Jahren begann Judendeportation im Protektorat

Wie wir Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, bereits in unserem Tagesecho informiert haben, begann am 16. Oktober vor 60 Jahren die Deportation jüdischer Bürger im Protektorat Böhmen und Mähren. Die seit Samstag laufenden Gedenkfeierlichkeiten fanden am Dienstag an der Stätte des Ghettos Terezin / Theresienstadt ihren Höhepunkt und gleichzeitig ihren Abschluss. Olaf Barth berichtet.

Rund 260 ehemalige Gefangene des Ghettos Theresienstadt waren gekommen, um den Gedenkzeremonien aber auch der Eröffnung des rekonstruierten Ghetto-Kolumbariums beizuwohnen. Unter den Anwesenden ehemaligen Internierten befand sich auch Prof. Felix Kolmer, der am 24. November 1941 mit dem ersten Transport - dem sogenannten Aufbaukommando - nach Theresienstadt kam. Was genau die Aufgabe dieser 342 Häftlinge war erklärt Professor Kolmer:

"Also wir waren mit der Aufgabe betraut, zunächst die Zivilbevölkerung zu evakuieren und dann die Garnisonsstadt Terezin in ein Konzentrationslager umzubauen. Das alles sollten wir vorbereiten und wenn alles fertig war und die Zivilbevölkerung schon evakuiert war, erklärte die SS, dass die Garnisonsstadt Theresienstadt endet und ein Konzentrationslager für die Juden beginnt."

Die Zustände im Lager und vor allem die Verpflegungssituation der Gefangenen war so schlecht, dass mehr als 33 000 Menschen zwischen 1941 und 45 ums Leben kamen.

Wie er als Überlebender des Holocaust und engagierter sowie erfahrener Kämpfer für die Aufarbeitung dieser Verbrechen die diesjährige Gedenkveranstaltung einschätze, wollte ich von ihm wissen:

"Also, mir gefällt es wie es so läuft. Es ist keine pompöse, sondern eine sehr einfache Sache zum Andenken an die vielen Opfer, die hier gestorben sind."

Und schenken die Medien jener Gedenkfeier und dieser Art von Geschichtsaufarbeitung genügend Aufmerksamkeit? Dazu Herr Kolmer:

"Ja das leider nicht. Ich denke, das sollte besser sein, aber es gibt halt kein großes Interesse für dir Sache. Vor einer Woche haben wir im Senat eine öffentliche Anhörung über Antisemitismus und Xenophobie gehabt und das Interesse der Medien war sehr klein, obwohl der Senat diesen Fragen den ganzen Tag geopfert hat."

Die Anwesenden lauschten nicht nur den Worten des tschechischen Kulturministers Pavel Dostal, der u.a. einen Bezug zwischen der sog. Endlösung der Judenfrage im Dritten Reich und der Bedrohung der Welt durch den heutigen Terrorismus herstellte, sondern vor allem andächtig der folgenden Gebetsmusik von Max Bruch, präsentiert von Jiri Hosek und Bozena Kronychova.

Autor: Olaf Barth
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