Vor 75 Jahren: Das Massaker von Postoloprty

Gedenkstätte auf dem Friedhof in Postoloprty (Foto: SchiDD, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Es war ein Blutbad, und die wahre Zahl der Opfer ist bis heute nicht klar. Ende Mai und Anfang Juni 1945 wurden im Ort Postoloprty / Postelberg deutschsprachige Bewohner der Gegend ermordet. Eine tschechische Armeeeinheit war es, die für das Massaker verantwortlich war.

Gedenkstätte auf dem Friedhof in Postoloprty  (Foto: SchiDD,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)

Quelle: Post Bellum,  Archiv von Kurt Kempe
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Stimmung aufgeheizt in der damaligen Tschechoslowakei. Letztlich mündete dies in der Vertreibung der deutschsprachigen Bewohner, die man für die Hitler-Verbrechen mitverantwortlich machte. Dabei kam es aber auch zu Massakern. Und besonders das in Postoloprty ist bekannt. Tomáš Dvořák ist Historiker an der Masaryk-Universität in Brno / Brünn:

„In Postoloprty wurden deutschsprachige Zivilisten aus der Stadt selbst sowie aus Žatec und Umgebung zusammengetrieben und nachfolgend ermordet. Dies geschah über einen Zeitraum vom 25. Mai bis 12. Juni 1945. Von der Zahl der Toten her war es das größte Nachkriegs-Massaker an deutschsprachigen Bewohnern auf tschechischem Boden. Bei der Aushebung der Gräber im Jahr 1947 wurden insgesamt 763 Leichen gefunden. Aber das muss nicht die Gesamtzahl der Opfer gewesen sein.“

Tomáš Dvořák  (Foto: ČT24)
Manche Quellen sprechen sogar von mehr als 2300 Toten. Hingerichtet wurden vor allem Männer und männliche Jugendliche, sie waren im Alter von 13 bis 65 Jahren. Warum es dazu überhaupt kam, ist bis heute nicht ganz klar. Laut Historiker Dvořák lässt sich jedoch angesichts des Ausmaßes schwerlich von einem Wutausbruch sprechen.

Die verantwortliche Armeeeinheit wurde in die Gegend eigentlich mit dem Ziel geschickt, die Vertreibung der dortigen Deutschen vorzubereiten. Postoloprty lag damals an der Grenze zwischen dem deutschsprachigen und dem tschechischsprachigen Teil Böhmens. Und weiter der Historiker:

„Die Einheit bestand aus Soldaten, die an der Ostfront gekämpft hatten. Ein Teil von ihnen waren Wolhynien-Tschechen. Damalige Zeitzeugen bezeichneten die Angehörigen der Einheit als ‚scharfe Hunde‘. Die Soldaten wurden jedenfalls mit unklar formulierten Befehlen losgeschickt. Uns Historikern ist aber auch kein Befehl bekannt, der etwa Massenerschießungen angeordnet hätte. Aber die gesamte damalige Stimmung und die Art der Armeeführung schlossen dies auch nicht aus.“

Kaserne von Postoloprty  (Foto: Lysippos,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
Einer der Hauptverantwortlichen des Massakers schilderte später den Tathergang. Demnach wurden rund 1700 männliche Deutsche in der Kaserne von Postoloprty zusammengetrieben. Rund 500 von ihnen sollen dann direkt dort erschossen worden sein und eine etwa ähnlich große Zahl im sogenannten Fasanengarten beim nahen Levonice. Aber auch anderswo kam es zu den Morden.

Die Gräueltaten an der deutschen Bevölkerung der Tschechoslowakei im Zusammenhang mit der sogenannten wilden Vertreibung kamen aber schon bald ans Licht. Zeitungen vor allem aus dem Ausland berichteten darüber. 1947 sah man sich in Prag genötigt, erste Ermittlungen einzuleiten.

„Die Massengräber in Postoloprty wurden im Dezember 1947 ausgehoben. Dafür war erneut die Armee zuständig. Und es wurde ermittelt. Die Namen der Schuldigen wurden aber nicht veröffentlicht. Und die Ergebnisse der Untersuchungen wurden unter den Tisch gekehrt“, so Dvořák.

Gedenktafel am Ort des Massakers  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Zu kommunistischen Zeiten war das Massaker von Postoloprty dann kein Thema mehr. Erst nach der politischen Wende von 1989 wurde an die früheren Ermittlungen angeknüpft…

„Aufgrund von Zeugenaussagen sowie den Ermittlungsunterlagen aus den 1940er Jahren, die sich erhalten haben, wurden dann die Hauptschuldigen benannt. Es waren die Armeebefehlshaber Vojtěch Černý, Jan Čupka und Jan Zicha-Petrov sowie der Leiter der örtlichen Sicherheitswache, Bohuslav Marek. Doch zu Zeiten der Ermittlungen in den 1990er Jahren waren sie alle schon tot. Deswegen konnte letztlich auch niemand für das Massaker bestraft werden.“

In den Nullerjahren wurde lange über eine Gedenktafel am Ort des Massakers diskutiert. 2009 wurde sie aufgestellt. Dort steht: „Für alle unschuldigen Opfer der Ereignisse in Postoloprty im Mai und Juni 1945“.

Autor: Till Janzer
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