Vor zehn Jahren: Die erste Freiwillige von "Aktion Sühnezeichen" in Theresienstadt

Es war das erste Konzentrationslager der Nationalsozialisten auf böhmischem Boden: Theresienstadt. Seit 1940 teilweise als Gestapo-Gefängnis genutzt, wurde die alte Garnisionsstadt bald darauf als ganze zu einem Konzentrationslager. Heute arbeiten junge Menschen aus Deutschland und Österreich als Freiwillige in der Gedenkstätte Theresienstadt. Eine von ihnen war Kristin Vogelbein. Christian Rühmkorf hat sie getroffen.

Kristin Vogelbein  (Foto: Autor)
"Ich hatte schon begonnen zu studieren und hatte einfach das Bedürfnis, mal etwas Sinnvolles zu machen."

Das ist nun zehn Jahre her. Kristin Vogelbein war 21 Jahre alt, als sie im März 1997 für 18 Monate als Freiwillige der deutschen Organisation "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" (ASF) nach Theresienstadt, in die Tschechischen Republik ging. Es war eine Premiere für sie - und für die Gedenkstätte Theresienstadt, auf Tschechisch Terezin. Kristin war dort nämlich die erste Freiwillige von "Aktion Sühnezeichen". Und so war sie an Planung und Umsetzung des neuen Bildungs- und Begegnungszentrums der Gedenkstätte beteiligt. Bei ihrer täglichen Arbeit beantwortete Kristin auch Anfragen von Gruppen aus Deutschland, die eine Bildungsreise nach Theresienstadt veranstalten wollten. Aber nicht nur das:

"Am Anfang, da man ja noch nicht darauf vorbereitet war, dass auch Gruppen länger bleiben, haben wir viel an der Konzeption gearbeitet. Das heißt, wir haben Material ausgearbeitet, wir haben zum Beispiel eine Bibliothek angelegt, eben die ganzen mehrtägigen Aufenthalte in Theresienstadt vorbereitet - auch thematisch."

Zu ihren Aufgaben gehörte es auch, Begegnungen mit ehemaligen KZ-Häftlingen zu organisieren, wie Kristin erzählt:

"Das war sogar der spannendste Bereich bei dieser Arbeit, weil ich sehr interessante Menschen kennen gelernt habe, die meistens aus Prag nach Theresienstadt gekommen sind, um mit den Jugendlichen zu sprechen, die aus Deutschland gekommen sind, um dort die Geschichte kennen zu lernen. Sie haben dann ihre Geschichte erzählt und das waren wirklich immer sehr unglaubliche Geschichten, wie man sich vorstellen kann, aber eben auch sehr beeindruckende Persönlichkeiten."

Heute gibt es in Tschechien rund 15 Freiwillige von "Aktion Sühnezeichen". Sie arbeiten in den Gedenkstätten Theresienstadt und Lidice, besuchen alte Menschen in den Jüdischen Gemeinden Prag, Ostrau / Ostrava und Brünn / Brno, unterstützen Menschen mit Behinderungen, tschechische Hilfsorganisationen für Flüchtlinge und Initiativen der Roma-Minderheit. Kristin ist froh, vor zehn Jahren diesen Schritt gemacht zu haben - eine Lebensentscheidung:

"Das hätte ich am Anfang gar nicht gedacht, aber es hat mein Leben nachhaltig geprägt. Ich habe danach weiter studiert, ich hab ein bisschen meine Richtung gewechselt und ich habe mich verstärkt mit Tschechien beschäftigt. Ich habe die Sprache richtig gelernt. Ich bin noch ein paar Mal zurückgekehrt, habe hier noch ein Jahr studiert, habe noch ein Praktikum gemacht und jetzt bin ich ganz zurückgekehrt und habe beschlossen, in diesem Land zu leben. Ich habe sehr viele Freunde in dieser Zeit gefunden und ich habe viele Sachen kennen gelernt, die mich auch nachhaltig geprägt haben. Also ich muss sagen, es hat mein Leben von Grund auf geändert."

Einem frischgebackenen Abiturienten würde Kristin heute sagen: Mach es!

"Du wirst die Möglichkeit haben, dich weiter zu entwickeln und ein bisschen erwachsener zu werden - oder zu wachsen."