Vox populi am Wahltag: Mehr Toleranz in der Politik!
Nicht nur die Meinungen ranghoher Politiker interessieren uns am heutigen Wahltag, sondern auch "Vox populi", die Stimme des Volkes. In einem Wahllokal im 4. Prager Stadtbezirk hat sich für Radio Prag Jitka Mladkova mit dem Mikrophon umgehört:
Es waren zwar keine Menschenmassen, die am heutigen Morgen in die zu Wahllokalen umgewandelten Klassen einer Grundschule im Prager Stadtviertel Podoli strömten. Aber immerhin, Jung und Alt gaben sich hier ununterbrochen die Klinke des großen schweren Gebäudetors in die Hand. Der Großteil derer, die ich sozusagen aufs Geratewohl angesprochen habe, haben meine Fragen bereitwillig beantwortet.
Als erste habe ich eine junge Frau angetroffen, die zunächst eine Babytragetasche sanft auf den Boden stellte. Sie wisse nicht, ob das allgemein die wichtigste Wahl seit 1989 sei, wie der Tenor der Wahlkampagne besagte. Für sie als Mutter mit zwei kleinen Kindern aber ganz bestimmt. Und was möchte sie vor allem mit ihrer Stimme beeinflussen?
"Ich wünsche mir vor allem einen Regierungswechsel. Die neue Regierung sollte vor allen Dingen die Korruption, die bis in die obersten Etagen der Politik vorgedrungen sei, verhindern oder zumindest verringern. Weiter sollte das verhindert werden, was die jetzige linke Regierung plant: die Vermögenserklärungen. Etwa nach dem Motto: Alles, was es zu verkaufen gab, haben wir verkauft, und jetzt machen wir uns, liebe Bürger, an euer Vermögen ran."
Unter den Kommunisten habe sie regelmäßig an den Wahlen teilgenommen, aus Angst nämlich, zu Hause zu bleiben, sagte uns eine weitere Frau. Jetzt mache sie aber gerne von ihrem Bürgerrecht Gebrauch. Die endlosen zwischenparteilichen Streitereien gehen ihr jedoch auf die Nerven:"So denke ich mir, dass wir mehr Anständigkeit in der Politik brauchen. Mich stört die maßlose Arroganz!"
In das Wahllokal kam er, 37 Jahre alt, mit zwei kleinen Kindern. Wofür hat er gestimmt?
"Ich habe für einen Wandel votiert. Wenn jemand acht Jahre lang, also zwei Legislaturperioden, am Ruder ist, dann ist es an der Zeit, ihn auszuwechseln. Die Leute, die jetzt das Sagen haben, haben ihre Themen bereits ausgeschöpft und bringen nichts Neues mehr."
Und was wären die neuen Schlüsselthemen, die dieser Wähler für Prioritäten hält?
"Reformen des Renten-, Sozial- und Gesundheitssystems. Kurzum: strategische Ziele, mit denen sich die Politiker vorzugsweise beschäftigen müssen."
Bei der kleinen Umfrage haben noch mehr Personen Radio Prag ihre Meinungen offen anvertraut. Trotz Differenzen in ihren Wünschen, die sie an die Wahlurnen geführt haben, hatten diese einen gemeinsamer Nenner: Mehr gegenseitige Toleranz in der Politik!