Was darf der Staatspräsident? Senat verklagt Klaus wegen Hochverrats

Václav Klaus (Foto: ČTK)

Der tschechische Senat erhebt gegen den scheidenden Staatspräsidenten Václav Klaus eine Anklage wegen mutmaßlichen Hochverrats. Ein solcher Gang vor das Verfassungsgericht ist einmalig in der Geschichte des Landes. Noch ist aber nicht klar, ob die Richter in Brno / Brünn auch wirklich der Anklage stattgeben, denn Klaus´ Amtszeit endet bereits am Freitag.

Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Die Anklage war vergangene Woche von einem Drittel der Senatoren beantragt worden. Am Montag verhandelte die obere Parlamentskammer dann darüber. Letztlich fand sich eine Mehrheit von 38 Senatoren für den Gang vors Verfassungsgericht, bei 30 Gegenstimmen. Gründe für die Klage der Senatoren sind unter anderem die zu Jahresbeginn erlassene Amnestie, die ausbleibende Ernennung von Richtern für das Verfassungsgericht und Klaus´ Weigerung, den Zusatz zum Lissabon-Vertrag über den Euro-Rettungsschirm zu unterzeichnen. Der sozialdemokratische Senator Jiří Dienstbier sagt, es handle sich nicht um eine Vorverurteilung:

Jiří Dienstbier  (Foto: ČTK)
„Das Verfassungsgericht als unabhängige Institution erhält damit die Möglichkeit zu beurteilen, wie tief in diesen Fällen die Verfassung durch den Präsidenten geschädigt wurde und ob dies den Tatbestand des Hochverrats erfüllt. Das Gericht kann gegebenenfalls daraus Schlussfolgerungen ziehen.“

Vor allem oppositionelle sozialdemokratische und parteilose Senatoren haben für die Anklage gestimmt. Die Vertreter der Regierungsparteien lehnen sie hingegen ab. Premier Petr Nečas wirft der Opposition Rachsucht vor:

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Wenn es nur ein Angriff auf den Staatspräsidenten wäre – es ist aber ein Angriff auf den Ruf unseres Landes im Ausland, der von persönlicher Abneigung getragen ist.“

Als mögliche Höchststrafe bei Hochverrat gilt der Amtsentzug. Doch schon am Freitag übergibt Klaus sein Amt an seinen direkt gewählten Nachfolger Miloš Zeman. Deswegen droht unmittelbar nur der Verlust der Pensionsansprüche und der Möglichkeit, in Zukunft noch einmal für das höchste Staatsamt zu kandidieren.

Jaroslav Kubera  (Foto: Zdeněk Vališ)
Das Ende von Klaus´ Amtszeit könnte zudem bedeuten, dass sich das Verfassungsgericht mit der Klage gar nicht erst befasst. Und selbst wenn es doch zur Verhandlung kommt, prophezeit Senator Jaroslav Kubera von Nečas´ Demokratischer Bürgerpartei der Opposition einen Pyrrhus-Sieg:

„Falls das Verfassungsgericht entscheidet, dass sich Klaus nichts hat zu Schulden kommen lassen, dann wird ihn das stärken und nicht schwächen.“

Doch die klagenden Senatoren wollen nicht unbedingt eine Verurteilung des scheidenden Staatspräsidenten erreichen. Vielmehr möchten sie klären lassen, was ein Präsident in der Tschechischen Republik darf. Denn der Verfassung nach hat er eigentlich eine repräsentative Stellung, die Tradition seit Staatsgründer Masaryk gibt ihm jedoch wichtige informelle Machtbefugnisse politischer Art. Einige Verfassungsexperten messen daher der Hochverratsklage auch mehr als einen symbolischen Charakter bei. Zu diesen gehört Jan Wintr von der Prager Karls-Universität:

Jan Wintr  (Foto: ČT24)
„Falls das Verfassungsgericht Klaus nicht des Hochverrats für schuldig befindet, aber sich zur Ausübung der Machtbefugnisse äußert, dann entstehen ebenfalls sehr starke Argumente für eine zukünftige Auslegung eben dieser Machtbefugnisse.“

Die Klage ist am Dienstagnachmittag beim Verfassungsgericht eingegangen.