Weltmeisterin Spotakova beendet Saison mit Rekord / Slavia auf dem Weg zu Prags Nummer 1?
Am vergangenen Wochenende konnten tschechische Sportlerinnen und Sportler wieder eine Reihe von Erfolgen verbuchen. Doch bei all den positiven Nachrichten aus der Leichtathletik, vom Rudern und vom Volleyball, das Gesprächsthema Nummer eins unter den tschechischen Sportfans ist nach wie vor der Fußball. Und das aus gutem Grund.
Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche
Beim World Athletics Final in Stuttgart, dem abschließenden Höhepunkt unter die zu Ende gegangene Leichtathletik-Saison, wurde auch noch einmal in Tschechisch gejubelt. Denn im Speerwerfen der Damen glänzte Weltmeisterin Barbora Spotakova nicht nur mit einem überzeugenden Sieg, sondern auch mit dem neuen Landesrekord von 67,12 Meter. Mit dieser Weite, die sie gleich im ersten Versuch erzielte, blieb sie um fünf Zentimeter über dem bisherigen Rekord, mit dem sie den WM-Titel in Osaka errang."Das war ein technisch hervorragender Wurf, bei dem ich zudem sehr entspannt war. Ich muss sagen, dass dies in technischer Hinsicht der wohl gelungenste Wurf von mir in der gesamten diesjährigen Saison war. Danach habe ich nur noch abgewartet und beobachtet, was die Gegnerinnen zu Wege bringen. Und den letzten Versuch habe ich dann eigentlich nur noch für die Zuschauer und die Fotografen, die den Rekordwurf verpasst haben, gemacht", schilderte Spotakova ihren Wettkampf von Stuttgart.
Sehr erfolgreich, und das in gleich mehreren Bootsklassen, waren auch die tschechischen Ruderer bei den Europameisterschaften, die bis einschließlich vergangenen Sonntag im polnischen Poznan stattfanden. Nach den Eindrücken der Vor- und Zwischenläufe hatte der stellvertretende Cheftrainer Michal Vabrousek mit einer größeren Medaillenausbeute bereits vor den Endläufen gerechnet:"Ich erhoffe mir ganz unbescheiden gleich mehrere Medaillen. Die wertvollste, also die Goldmedaille sollte der Achter der Männer holen, der sich hier bisher in einer ausgezeichneten Verfassung präsentierte und seinen Vorlauf klar gewann. In den Kampf um die Medaillen sollten ebenso Miroslava Knapkova im Einer und der Doppelzweier der Frauen eingreifen können. Eine weitere Medaille sollte der Vierer ohne Steuermann der Männer gewinnen können."
Und so kam es dann auch. Der angesprochene Achter und der Vierer ohne Steuermann der Männer sowie der Doppelzweier der Damen eroberten je eine Goldmedaille. Miroslava Knapkova gewann Silber und der Doppelzweier der Männer mit den Brüdern Jan und Ondrej Vetesnik erkämpfte Bronze.Gewisse Medaillenhoffnungen hegen auch die tschechischen Volleyballerinnen, die bei der Europameisterschaft in Belgien in die Zwischenrunde vorstießen. Und zwar nach Siegen über Bulgarien und Spanien sowie einer 1:3-Niederlage gegen Titelverteidiger Polen. Doch besonders nach dem 3:2-Auftaktsieg über Bulgarien zeigte sich Auswahltrainerin Tana Krempaska sehr angetan von der Vorstellung ihrer Schützlinge:
"Ich muss sagen, dass mich meine Mädchen sehr überrascht haben. Und zwar nicht nur mit ihrer auszeichneten Leistung und ihrem Siegeswillen, sondern auch damit, wie sie die taktischen Anweisungen, die sie vor und während der Partie erhielten, im Spiel umgesetzt haben. Wir waren ganz klar besser in der Abwehr und am Netz. Das ist wirklich ein großer Erfolg für uns."
Die SPORT- Reportage
"Der Ball ist rund", hat schon der ehemalige deutsche Bundestrainer Sepp Herberger, dem Deutschland seinen ersten WM-Titel zu verdanken hat, etwas schelmisch festgestellt. Aber weil die Lederkugel dank ihrer Form dauernd am Rotieren ist, ist auch das Fußballspiel ständig in Bewegung. Und seine ihn ausübenden Akteure und Vereine ebenfalls. Deshalb ist wohl auch im tschechischen Clubfußball derzeit nicht mehr alles so, wie es noch in den zurückliegenden Jahren immer war. Diesmal ist es nämlich nicht Rekordmeister Sparta Prag, sondern dessen Lokal- und Erzrivale Slavia Prag, der in der Champions League spielt.Die Rot-Weißen aus dem Stadtteil Vrsovice hatten zwar zunächst große Mühe, um den slowakischen Meister Zilina in der Qualifikation auszuschalten. Doch nach dem Doppelsieg über Ajax Amsterdam und der damit verbundenen erstmaligen Aufnahme in die Königsklasse des europäischen Fußballs, herrscht beim "ewigen Zweiten" aus der Hauptstadt so etwas wie eine neue Aufbruchstimmung. Und eine kaum gekannte Euphorie obendrein. Diese Euphorie bekam am Mittwoch voriger Woche in Prag auch der Auftaktgegner des SK Slavia in der Gruppenphase der Champions League, der rumänische Renommierclub Steaua Bukarest zu spüren. In einem zunächst von den Gastgebern nervös und zerfahren, später aber begeistert geführten Spiel, gingen die Mannen von Trainer Karel Jarolim als verdienter 2:1-Sieger vom Platz. Der stets kritische Jarolim sah aber trotz des Erfolges nicht über die Anfangsprobleme seiner Elf hinweg:
"In der ersten Halbzeit haben wir nicht das gespielt, was wir eigentlich vorgehabt haben. Wir spielten zu passiv und ich habe auch eine ziemliche Nervosität in meiner Mannschaft gespürt. Aber ich denke, dass sich unsere Spielweise in der zweiten Halbzeit grundlegend geändert hat und dass wir dann das praktiziert haben, was wir von Anfang an wollten. Wir haben drei Punkte gewonnen, von daher sind wir zufrieden. Auf einen solchen Moment haben wir lange warten müssen, also wollen wir ihn auch alle ein wenig auskosten. Je länger es uns gelingt, auf dieser Erfolgswelle zu schwimmen, umso besser."
Den Torreigen eröffnet und damit das historisch erste Tor der Prager in der Champions League erzielt hat Slavia-Angreifer Zdenek Senkerík. Nach der Partie konnte der 26-Jährige sein Glück kaum fassen:"Ich habe ja noch vor einem halben Jahr in der Türkei gespielt. Wenn mir einer damals gesagt hätte, dass ich mit Slavia die Premiere in der Champions League erleben und in diesem Auftaktspiel ein Tor zum Sieg der Prager schießen werde, dann hätte ich ihn wohl ausgelacht. Aber das ist auch ein Bild dafür, wie wunderbar eine Fußballkarriere sein kann."
Slavia Prag, obwohl nur Vizemeister, ist der einzige tschechische Vertreter in der Champions League. Titelträger Sparta Prag war nämlich in der Qualifikation gegen den FC Arsenal ohne Chance. Nach dem Scheitern von Pokalfinalist FK Jablonec 97 an Austria Wien ist der tschechische Clubfußball daher auch nur mit zwei Teams im Uefa Cup vertreten - mit Sparta Prag und dem FK Mlada Boleslav. Die Skodastädter waren bei der Auslosung zur ersten Runde nicht gerade vom Glück verfolgt, denn sie müssen gegen den italienischen Erstligisten FC Palermo antreten. Und dass die Sizilianer nicht von Pappe sind, mussten die Autowerker gleich im Hinspiel vor heimischer Kulisse feststellen. Das haben sie durch das Tor von Jankovic in der Schlussminute mit 0:1 verloren. Entsprechend zerknirscht resümierte FK-Torhüter Miroslav Miller nach der Partie:
"Für uns ist die Begegnung sehr unglücklich verlaufen. Denn wir hatten mehr vom Spiel und auch mehr Chancen. Palermo hat uns mit einem einzigen Konter überrascht, den die Italiener in der 90. Minute gefahren haben. Leider haben sie diesen genutzt und dadurch mit 1:0 gewonnen."
Nicht viel besser aber gestaltete der AC Sparta Prag sein Uefa-Cup-Auftaktspiel gegen den dänischen Club Odense BK. Vor eigenem Publikum kamen die Schützlinge von Trainer Michal Bilek nicht über ein torloses Remis hinaus. Ist der Meister außer Form? Oder hat er sich mit der Häufung von Disziplinlosigkeiten seiner Akteure selbst aus dem Konzept gebracht? Wohl beides. Denn für die verbalen und handgreiflichen Ausfälle der Spieler Repka und Abraham sowie der Trainer Bilek und Siegl im Punktspiel in Teplice wurden nur wenige Stunden vor dem Beginn der Begegnung mit Odense die Strafen durch die Disziplinarkommission des Böhmisch-Mährischen Fußballverbandes (CMFS) verkündet. Alexander Karolyi, der Chef der Kommission, vertritt die Ansicht, dass die Strafen angemessen seien:
"Die sieben Spiele Sperre, die Tomas Repka erhalten hat, sind von Seiten der Disziplinarkommission eine wirklich hohe Strafe. Die vier Spiele Sperre für Martin Abraham und Spartas Assistenztrainer Horst Siegl liegen ebenfalls über dem Normalmaß. Üblich für ein solches Vergehen sind drei Spiele oder drei Wochen Sperre. Die Strafe aber ist der Verfehlung entsprechend angemessen. Und was die Geldbuße für Sparta Prag anbelangt, so soll sie sowohl eine bestrafende als auch eine präventive Wirkung haben."
Bleibt zu ergänzen, dass die Geldbuße für den AC Sparta 700.000 Kronen (ca. 25.500 Euro) und die gegenüber Trainer Michal Bilek festgelegte Finanzstrafe 50.000 Kronen (ca. 1.800 Euro) betragen. Wer die finanziellen Verhältnisse im tschechischen Clubfußball kennt, weiß, dass diese scheinbar hohen Strafen durchaus zu verschmerzen sind. Viel wichtiger aber wird sein, dass sich der nationale Champion endlich wieder auf seine sportlichen Fähigkeiten konzentriert und mit guten Leistungen überzeugt, anstatt durch eine Reihe von Black outs seinen hohen Kredit aufs Spiel zu setzen. Denn ansonsten müsste wohl Sparta Prag damit leben, ab sofort nur noch die Nummer zwei in der Hauptstadt zu sein.