Wenn Langeweile aufhört langweilig zu sein – Filmfestival Jihlava kürt deutsch-tschechische Koproduktion

Ich liebe mein langweiliges Leben

In diesem Jahr fand zum 12. Mal das Internationale Dokumentarfilmfestival in Jihlava statt. Vom 26. Oktober bis zum 1. November wurden über 220 Streifen aus internationaler Produktion gezeigt und die Besten davon auf mit Preisen geehrt. In der Kategorie „Bester tschechischer Dokumentarfilm“ wurde „Mám rád nudný život“ – zu deutsch „Ich liebe mein langweiliges Leben“ ausgezeichnet – ein Film der deutsch-tschechischen Dokumentarfilmprojektes „Breathless - Atemlos“. Mehr dazu von Iris Riedel und Sina Stach.

Regisseur Jan Gogola  (Foto: ČTK)
Langeweile kann wie Folter sein. Aber in unserer dynamischen Zeit sehnen wir uns manchmal nach Langeweile und Müßiggang. „Ich liebe mein langweiliges Leben“ von Regisseur Jan Gogola ist ein Film, der noch eine andere Perspektive auf die Langeweile legt. Die Hauptfigur, Großmutter Němcová, hält in ihrem Tagebuch täglich das Wetter, ihre Träume, den Frühsport, was sie kocht, einfach das alltägliche Leben fest. Langweilig fand das die Jury des Filmfestivals im tschechischen Jihlava keinesfalls. Sie kürte Gogolas Film zum Sieger in der Kategorie „Bester tschechischer Dokumentarfilm“. Jurymitglied Petr Fischer beschreibt, was den Film so besonders macht. „Jan Gogola junior benutzt eine sehr persönliche Kameraeinstellung, die den Fluss der Zeit einfängt, zeigt wie Realität entsteht und wie wir uns an sie erinnern. Das alles konnte er mit nur ganz kleinen Kamerabewegungen zeigen. Der Film wirkt sogar wie eine Art Traum-Meditation.“

Ich liebe mein langweiliges Leben
„Ich liebe mein langweiliges Leben“ ist nicht nur ein tschechischer Film. Er ist ursprünglich als deutsch-tschechische Koproduktion entstanden, und zwar als Teil einer ganzen Serie von Filmen, die unter dem Namen „Breathless – Atemlos, die Dominanz des Augenblicks“ zusammengefasst sind. Bei diesem Projekt beschäftigten sich deutsche und tschechische Filmemacher mit der Beschleunigung des Alltags. Insgesamt sind dazu fünf Filme entstanden, die auf den Filmfestivals Dok-Leipzig und dem Internationalen Dokumentarfilmfestival Jihlava gezeigt wurden. „Atemlos“ ist eine Initiative dieser beiden Filmfestivals und Zipp – deutsch-tschechische Kulturprojekte. Katharina Klingan, die Leiterin von Zipp erklärt warum Gogolas Dokumentation „Ich liebe mein langweiliges Leben“ so gut zu dem Dokumentarfilmprojekt „Atemlos“ passt:

„In Bezug zu diesem Thema der Atemlosigkeit hat Gogola natürlich etwas sehr kluges gemacht. Er hat sich mit der Zeit auseinander gesetzt. Und zwar mit der Lebenszeit, mit dem Rhythmus, mit dem Alltag.“

Somit zeigt Gogola in seiner 26minütigen Produktion, dass Alltägliches im richtigen Blickwinkel alles andere als langweilig sein kann.

Autor: Sina Stach
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