Wichtige Tradition oder unnötige Tierquälerei? In Tschechien werden an 3000 Ständen Karpfen verkauft

An über 3000 Ständen werden in dieser Saison in Tschechien Weihnachtskarpfen angeboten. Die Fische werden dabei zumeist lebend aus Fässern am Straßenrand, in Fußgängerzonen oder vor Supermärkten verkauft. Was für die einen eine wichtige Tradition ist, um das Weihnachtsessen sicherzustellen, sehen Kritiker als unnötige Tierquälerei.

„Zweieinhalb bis drei Kilo. Hauptsache, der Karpfen lebt noch!“, erklärt eine Kundin in Prag einem Verkäufer an einem Straßenstand. Der Verkauf der lebenden Weihnachtskarpfen hat in Tschechien Tradition. In der Spálená-Straße bietet seit elf Jahren auch Jiří seinen Fisch an. Rund 3000 Kilogramm habe er in diesem Jahr versucht an den Mann zu bringen, erzählt er.

Weihnachtsfischmarkt | Foto: Archiv von Stadt Pilsen

Neben den Kunden und Verkäufern sind in dem Treiben auch einige Kontrolleure unterwegs. Zum Beispiel Kateřina Březinová. Bei der Staatlichen Veterinärverwaltung (SVS) leitet sie das Referat für Lebensmittelhygiene. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagt sie:

„Die Fische haben genügend Platz. Sie bewegen sich ruhig und springen nicht umher. Und die Karpfen kommen auch nicht alle bei der Sauerstoffzufuhr zusammen. Sie drohen also nicht zu ersticken und sehen auch ansonsten sehr gut aus und weisen keine äußeren Verletzungen auf.“

Doch mitunter würden auch Verstöße festgestellt, meint Březinová:

„Hier in Prag ist das häufigste Problem, dass die Fische zu wenig Platz in den Fässern haben – vor allem, wenn neue Karpfen hineingeschüttet werden. Die Verkäufer müssen dann sofort mehr Wasser auffüllen, Sauerstoff hinzuführen oder die Fische umsetzen.“

Foto: Antonín Richter,  Tschechischer Rundfunk

Während es für viele Menschen in Tschechien dazugehört, vor Weihnachten einen lebenden Karpfen zu kaufen, diesen in einer Plastiktüte nach Hause zu transportieren und dann daheim in der Badewanne zu halten, bis er am Heiligen Abend schließlich geschlachtet wird, findet mitunter auch ein Umdenken statt. In Ansätzen war das am Donnerstag in Poušov bei Třebíč in Mähren festzustellen: „Einmal haben wir den Fisch nicht gleich töten lassen und ihn lebend mitgenommen. Er schwamm dann aber noch um drei Uhr nachmittags an Heiligabend in der Badewanne umher, weil ihn niemand töten wollte“, beschreibt dem Rundfunkreporter eine Kundin.

„Wir lassen den Karpfen jetzt immer töten und dann dort hinten ausnehmen. Das klappt super“, so die Frau weiter. Auch eine andere Besucherin des Marktes lässt das Tier bereits vor Ort schlachten: „Früher haben wir den Fisch lebend gekauft, aber jetzt nicht mehr. Mein Onkel lebt nicht mehr, und niemand anderes will die Tiere töten.“

Foto: Lenka Žižková,  Miroslav Žižka,  Radio Prague International

Doch ob der Fisch nun lebend den Besitzer wechselt oder vorher geschlachtet wird – dass die Karpfen überhaupt noch am Leben in den Fässern auf den Straßen angeboten werden, kritisieren Umweltschützer seit Langem. Als erste Supermarktkette in Tschechien hat in diesem Jahr nun Lidl Konsequenzen gezogen, und den Verkauf von Karpfen aus Fässern vor seinen Läden untersagt. Der Discounter verwies stattdessen auf den Verkauf der getöteten Tiere im Kühlregal – ohne überflüssiges Leiden für die Fische. All die weiteren Supermarktketten in Tschechien jedoch, halten vorerst weiter an der umstrittenen Tradition fest.

Autoren: Ferdinand Hauser , Karolína Burdová , Milan Soldán
schlüsselwort:
abspielen