Wissenschaftler fanden Schwermetalle im Fruchtwasser schwangerer Frauen aus Ostrau

Foto: APatterson, Stock.xchng

Wiederholt haben wir darüber berichtet: Im Winter herrscht in der nordmährisch-schlesischen Industrieregion häufig Smog. Die zulässige Feinstaubbelastung wird dabei sogar bis zum Drei- oder Vierfachen überschritten, unter der schlechten Luft leiden insbesondere die Kinder. In einer Studie wurde nun festgestellt, dass Kinder aus dieser Region viel öfter röcheln und husten als ihre Altersgenossen aus anderen Gegenden in Tschechien. Medizinische Forschungen sollen jetzt herausfinden, inwieweit die verunreinigte Luft auf das noch ungeborene Leben Einfluss nimmt.

Ostrava  (Foto: František Tichý,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Industriestadt Ostrava / Ostrau nebst ihrer Umgebung gilt als die Region mit der höchsten Luftverschmutzung in Tschechien. Der Ostrauer Stadtteil Radvanice wird sogar als schmutzigster Ort in ganz Mitteleuropa geführt. Hier lebende Familien nutzen daher im Sommer jede sich bietende Möglichkeit, die Lungen ihrer Kinder mit saubererer Luft aufzutanken. In diesem Stadtteil ist auch die zweifache Mutter Vlaďka Galiová zu Hause:

„Mit dem Herbst beginnt die Leidenszeit. Die Möglichkeiten, seine Kinder dann noch an die Luft zu lassen, sind ziemlich begrenzt.“

Foto: APatterson,  Stock.xchng
Die Akademiker der Hochschule für Bergbau in Ostrau wollen nun untersuchen, ob die schmutzigen Luftpartikel nicht bereits Einfluss auf ungeborenes Leben nehmen. Dazu soll festgestellt werden, ob der giftige Kohlenwasserstoff (Benzpyren) außer in die Lungen von Erwachsenen und Kindern nicht auch in das Fruchtwasser von schwangeren Frauen und damit womöglich auch in die DNA der Babys vordringt. Einer der Sprösslinge, die bald das Licht der Welt erblicken, wird der kleine Antonín aus dem benachbarten Karviná sein.

Embryo im Fruchtwasser  (Foto: drsuparna,  CC BY-SA 2.0)
Bevor der Säugling jedoch seine ersten Schreie ausstößt, hat man schon jetzt die Merkmale seiner künftigen Umgebung entdeckt. Die Untersuchungen der Wissenschaftler haben gezeigt, dass im mütterlichen Fruchtwasser auch Partikel von Schwermetallen vorhanden waren. Sie fanden Titan, Barium, Zink, Zinn und Antimon, also eine Zusammensetzung von Stoffen, die die Menschen des Ballungsraums ständig durch die Abgase von Industrie und Verkehr einatmen. Auch nach der Geburt des Jungen werden die Untersuchungen fortgesetzt, so die Ärztin der Geburtenklinik in Karviná, Tereza Bartošáková:



Tereza Bartošáková  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Bei dem Säugling wird Blut aus der Nabelschnur entnommen und sein Urin wird untersucht. Bei der Mutter werden Proben ihres Blutes, Urins und der Muttermilch untersucht.“

Die gleichen Untersuchungen werden die Wissenschaftler bei 100 Neugeborenen der Region im Sommer und bei weiteren 100 Neugeborenen im Winter vornehmen. In ihren Körpern werden sie dabei nach Stoffen suchen, die durch das Einatmen der verschmutzten Luft dorthin gelangen. Schon früher haben die Wissenschaftler festgestellt, dass die Erkrankungen bei Kindern aus Ostrau und Umgebung parallel zum Ausmaß der verschmutzten Luft zunehmen. Einerseits, so ihr Zwischenergebnis, habe der Smog die DNA der Einwohner bereits so umprogrammiert, dass sie diesem Einfluss jetzt besser trotzen können. Auf der anderen Seite aber gilt die Lebenserwartung der Menschen in diesem Industriegebiet als geringer, warnt der Wissenschaftler Radim Šrám:

Radim Šrám  (Foto: ČT24)
„Ich denke, die Forschungsergebnisse, die bereits vorliegen, geben schon einen ausreichenden Grund dafür, dass sich die Regierung ernsthafte Gedanken darüber machen sollte.“

Die Ergebnisse ihrer gegenwärtigen Forschungen an den Neugeborenen wollen die Wissenschaftler in einem Jahr bekanntgeben. Dabei wollen sie diese mit den Ergebnissen der Untersuchungen bei Kindern aus der als wesentlich sauberer geltenden Region Südböhmen vergleichen.