Schutz der Jüngsten: Tschechien beschließt eine Ombudsstelle für Kinder
In Tschechien wird es demnächst eine eigene Ombudsperson für Kinderrechte geben. Das entsprechende Gesetz hat beide Parlamentskammern erfolgreich durchlaufen und muss nur noch vom Staatspräsidenten unterschrieben werden.
Deutschland, Österreich, Portugal und Tschechien – das sind die einzigen EU-Länder, in denen es bisher noch keine Ombudstelle speziell für Kinder gibt. Hierzulande soll sich das im Laufe dieses Jahres jedoch ändern. Dem Gesetzesentwurf, der einen Beauftragten für den Schutz der Kinderrechte vorsieht, hatte das Abgeordnetenhaus in Prag schon vor gut einem Monat zugestimmt. Und am Mittwoch passierte das Dokument auch den Senat.
Die Bedeutung einer solchen Funktion betont Klára Šimáčková Laurenčíková. Die Regierungsbeauftragte für Menschenrechte erläuterte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Die tschechischen Kinder warten schon seit Jahrzehnten auf ihre eigene Ombudsperson. Unser Unterstützungssystem für gefährdete und verletzbare Kinder ist bisher sehr zerfasert. Dadurch passiert es öfter, als uns lieb ist, dass ein Kind sozusagen durch das Netz fällt und nicht rechtzeitig die nötige Hilfe bekommt. Genau auf diese Fälle soll die Ombudsperson hinweisen. Sie sollte die Stimme der Kinder im öffentlichen Raum sein.“
Tschechien hatte sich bereits 1991 dazu verpflichtet, eine Vertrauensstelle für Kinderrechte einzurichten. Das Amt soll nun in das Büro des nationalen Ombudsmannes eingegliedert werden. Neben dem Schutz der Jüngsten entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention soll die neue Stelle auch Bildungs- und Aufklärungsarbeit zum Thema leisten. Und die Ombudsperson wird sich in Einzelfällen an Gerichtsverhandlungen etwa zu Vormundschaftsfragen beteiligen können.
Beispiele, weswegen sich Kinder, Eltern oder auch Betreuer zukünftig an das Büro wenden könnten, nennt Šimáčková Laurenčíková eine ganze Reihe. So könnten Fälle von erzwungener Heimunterbringung näher untersucht, Pflegefamilien schneller gefunden oder Kinder vor Schikane geschützt werden. Auch die Problematik eines gewaltsamen Familienumfelds beschäftige die zuständigen Behörden immer wieder, so die Menschenrechtsbeauftragte:
„Kinder werden hierzulande oft zu einem intensiven Kontakt mit einem gewalttätigen Elternteil gezwungen, und das gegen ihren Willen und gegen die Empfehlungen von Psychologen oder Gerichtsexperten. Diese Fälle sollte eine Ombudsperson aufbringen. Und sie sollte Vorschläge machen für systemische und legislative Verbesserungen für einen konsequenten Schutz der Kinderrechte.“
Dazu solle die Ombudsperson eine Verbindung aller wichtigen Stellen herstellen, die im Sozial-, Schul-, Gesundheits- und Justizbereich Tschechiens mit dem Kinderschutz befasst sind, ergänzt Šimáčková Laurenčíková.
Das Abstimmungsergebnis am Mittwoch war eindeutig. 49 der anwesenden 70 Senatoren sprachen sich für das Gesetz aus, acht waren dagegen. Jiří Čunek (Christdemokraten) etwa gab zu bedenken, dass das neue Amt hübsch aussehen, aber wenig Einfluss haben werde. Und Daniela Kovářová (parteilos) mahnte:
„Wir wissen bisher nicht genau, wieviel uns dieses neue Zentralorgan kosten wird.“
Bedenken, dass der finanzielle Aufwand zu hoch sein werde, hat Jan Grulich (Top 09) hingegen nicht. Der Vizevorsitzende des Bildungsausschusses im Senat hatte am Rande der Debatte auf Detailfragen verwiesen und erwartet eher eine positive Entwicklung der neuen Einrichtung:
„Die praktische Diskussion betrifft etwa Themen, wie groß das Team der Ombudsperson für Kinder sein wird und wie es finanziert werden soll. Das muss jedoch noch nicht jetzt entschieden werden, denn die Sache läuft demnächst erst an. Falls deutlich wird, dass weitere Mitarbeiter nötig sind, wird das Amt vielleicht in Zukunft auch erweitert.“
Die Ombudsperson für Kinderrechte in Tschechien soll im Juli ihre Arbeit aufnehmen. Wer dieses Amt als Erster ausführen soll, lege das Abgeordnetenhaus fest, informiert Šimáčková Laurenčíková:
„Mögliche Anwärter werden durch den Senat, den Staatspräsidenten und den Hochschulrat vorgeschlagen. An dieser Auswahl beteiligen sich aber eben auch Kinder. Sie werden in der Expertenkommission sitzen, die dem Abgeordnetenhaus die Kandidatenliste vorlegt.“
Das Gesetz geht nun zur Unterschrift an den Staatspräsidenten.