Witz komm raus: Wahlkampf und Unterhaltung

Wahlkampf von ODS (Foto: CTK)

Politik ist eine ernste Angelegenheit, aber mit ernsten Angelegenheiten lassen sich Wähler oft nur schlecht locken. Wie es um die Unterhaltung im tschechischen Wahlkampf bestellt ist, danach hat sich Thomas Kirschner umgeschaut.

Wahlkampf der ODS  (Foto: CTK)
Die Wähler anzusprechen, das ist in Tschechien für die Parteien gar nicht einfach, meint Marketing-Experte Daniel Köppl, Chefredakteur des Fachblattes Marketing & Media. Seine Empfehlung: Weg von den gewichtigen politischen Themen:

"Hier in Tschechien läuft die Wirtschaft sehr gut, wir haben alles, was wir brauchen - warum soll ich mich für Politik interessieren? Und deshalb meine ich, es wäre gut, wenn die Parteien die Wähler viel mehr über Unterhaltung und Entertainment ansprechen. Das fehlt in Tschechien noch."

In der Tat, wenn man Verunglimpfungen des politischen Gegners oder den unfreiwilligen Humor der Parteien selbst nicht dazu zählt, dann sind die Internet-Auftritte der tschechischen Parteien oft noch vergnügungsfreie Zonen der Programmverkündigung. In Deutschland ist der Wahlkampf zuletzt ganz anders gelaufen, meint Daniel Köppl:

"Dort ging es viel mehr um Entertainment und um Spaß, da wurde mit Unterhaltung gearbeitet, mit Spaß für die Kinder und die ganze Familie - jedenfalls auf der einen Seite. Auf der anderen Seite stand dann die klassische politische Kampagne. Hier in Tschechien fehlt der erste Schritt - hier ist auf den ersten Blick zu sehen, dass es sich um eine politische Angelegenheit handelt. Und dadurch entsteht eine Barriere zu dem Wähler."

Martin Bursik,  Parteivorsitzender der Grünen  (Foto: CTK)
Eine Barriere, die unter anderem die Bürgerdemokraten auf ihrer Internetseite schüchtern zu durchbrechen versuchen - immerhin gibt es dort eine eigene Rubrik "zabava", also Unterhaltung. Wer das unterhaltsam findet, der kann dort zwei Wahlplakate der ODS als Bildschirmschoner herunterladen. Außerdem gibt es ein Regionen-Quiz. Da muss man etwa beantworten, ob Aussig an der Elbe liegt, am Amazonas oder an der Erdölpipeline "Freundschaft". Wer einen Fehler macht, muss noch einmal von vorn anfangen - mit den gleichen Fragen.

Anarchistischer gibt sich die Freiheitsunion (US-DEU): Kurz vor den Wahlen hat sie sich unter dem Slogan "It´s legal to be a loser" zur idealen Alternative für junge Leute erklärt. Die dürfen nun bei der Freiheitsunion Graffiti-Schablonen aus dem Internet herunterladen oder in einem Online-Spiel mit einer Comicausgabe von Justizminister Pavel Nemec umherirrende Paragraphen fangen.

Während bei den Christdemokraten technische Probleme verhindern, dass der gelangweilte Internetsurfer Parteimitglieder in einen Zeichentrick-Zug sortieren kann, ist bei Sozialdemokraten, Kommunisten und Grünen von Spielspaß zwischen Wahlprogrammen keine Spur. Aber das gleichen Parteien wie die regionale Gruppierung HELAX mehr als aus. Bei der ist Spaß nämlich das Hauptprogramm - und so plant der designierte HELAX-Minister für Angriffskriege für den Fall des Wahlsieges bereits die Besetzung von China, um für Tschechien den Zugriff auf billige Turnschuhe zu sichern. Das höchste Ziel schließlich formuliert die Parteihymne: Kuchen ohne Arbeit!