Wo der Türmer sein Amt versah: Ausstellung im Glockenturm St. Nikolaus
Die Hauptaufgabe von Türmern war es einst, die Bewohner der Stadt vor Gefahren zu warnen. Eine Vorstellung davon, wie ein Turmwächter vor etwa 250 Jahren lebte, vermittelt eine neue Dauerausstellung. Sie wurde am vergangenen Sonntag im Glockenturm von St. Nikolaus auf der Prager Kleinseite eröffnet.
„Der Türmer hatte die Aufgabe, das Geschehen vom Turm aus zu beobachten und im Falle einer Gefahr die Bewohner der Stadt rechtzeitig zu informieren. Zu diesen Bedrohungen gehörten vor allem Brände, Überschwemmungen, aber auch kriegerische Angriffe. Am häufigsten musste der Türmer die Bewohner der Kleinseite vor Bränden warnen.“
Ursache für die schnelle Ausbreitung von Bränden war die damals weit verbreitete Holzbauweise, sagt die Historikerin. Als ein Memento für die Stadt galt die Feuersbrunst von 1541. Es war der verheerendste Brand in der Geschichte Prags, dem nicht nur der Großteil der Kleinseite, sondern auch des Hradschins zum Opfer fielen. Auch wenn der Turm St. Nikolaus erst 200 Jahre später entstand, wurde weiterhin warnend an den Großbrand erinnert. Der Bau des St.-Nikolaus-Turms wurde 1755 abgeschlossen. Die Wohnung des Türmers sei kurz danach eingerichtet worden, sagt Pavla Státníková:
„Es handelt sich um keinen präzisen Nachbau der damaligen Wohnung. Denn wir wissen nicht, wie sie ausgesehen hat. Wir haben versucht, die Wohnung mit Möbeln und Zubehör auszustatten, wie sie im Haushalt eines Gemeindeangestellten der damaligen Zeit möglicherweise zu finden waren. Der Raum ist sehr eng – man muss sich vorstellen, dass dort der Türmer oft nicht allein, sondern mit seiner Familie lebte. Dies ist heutzutage fast unglaublich.“Eine komfortable Wohnung war es nicht. Die Bewohner beschwerten sich ständig über die Kälte. Die Wohnstube diente sowohl zur Arbeit und Verpflegung, als auch als Schlafzimmer. Das Bett befindet sich in einer neben dem Ofen in der Mauer gemeißelten Nische. Über der Schlafecke hängt ein Kreuz an der Wand. Die Ess- und Arbeitsecke besteht aus einer Holzbank, einem Tisch und einem Stuhl. In einer anderen Nische gibt es ein Gestell für Geschirr. In der Truhe wurden Kleider, Bücher und auch Wertsachen aufbewahrt. Zur Wohnung gehörte auch eine sogenannte Schwarzküche. Die Historikerin:
„Die Küche ist eine Rarität, denn in Prag kann man keine andere Schwarzküche besichtigen. Auf der Prager Burg sind zwar zwei Schwarzküchen erhalten geblieben. Diese sind jedoch nicht zugänglich. Eingemauerte Schwarzküchen gibt es in den historischen Häusern im Stadtkern von Prag schon, sie wurden jedoch meistens zu einem Bestandteil des Schornsteins umfunktioniert. Das war auch bei der Schwarzküche hier im Turm der Fall. Wir haben sie frei gelegt und waren erstaunt, wie intakt sie immer noch ist.“Im nächsten Jahr wird ein weiterer Teil der Dauerausstellung im Turm St. Nikolaus eröffnet. Gezeigt wird nicht nur die andere Wohnung des Türmers aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Historikerin:
„Bei der Gestaltung des Raums können wir uns diesmal auf konkrete Quellen stützen. Denn in der Wohnung waren die Spuren der ursprünglichen Möbel noch auf dem Boden zu erkennen. Zudem wissen wir einiges über die Wohnung aus erhaltenen Zeitzeugenberichten. Im Turm wird es auch eine audiovisuelle Präsentation geben. Sie soll die Tätigkeit des kommunistischen Geheimdienstes im Observatorium mit dem Decknamen Kajka näher bringen.“
Der Glockenturm St. Nikolaus kann bis Februar täglich von 10 bis 18 Uhr besichtigt werden, im März und Oktober bis 20 Uhr, im Sommer bis 22 Uhr. Über die Geschichte des Turms haben wir bereits ausführlich im Spaziergang durch Prag im Sommer dieses Jahres berichtet.