Wohnungsaffäre um Premier Gross: Regierungskoalition zeigt Risse

Sarka und Stanislav Gross (Foto: CTK)
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Die Affäre um die ungeklärte Finanzierung einer Eigentumswohnung und die Geschäftstätigkeit seiner Ehefrau lässt Premierminister Stanislav Gross keine Ruhe. Belastende Fakten sind in den letzten Tagen zwar nicht aufgetaucht, wegen widersprüchlichen Erklärungen und einer ungeschickten Informationspolitik steht der Premier jedoch weiter im Zentrum der Kritik. Inzwischen zeigt auch die Regierungskoalition deutliche Risse. Thomas Kirschner mit den letzten Entwicklungen.

Sarka und Stanislav Gross  (Foto: CTK)
Die Aktion war gut geplant: Während Regierungschef Gross zu einem Besuch nach Frankreich aufbrach, nutzte der Vorsitzende der Christdemokraten Miroslav Kalousek die Abwesenheit des Premiers zum politischen Angriff. Kalousek, Chef der zweitstärksten Koalitionspartei, erklärte, er sehe die Handlungsfähigkeit der Regierung durch die Affäre gefährdet und schlug ein Treffen der Vorsitzenden der Parlamentsparteien mit Ausnahme der Kommunisten vor - gewissermaßen also ein offenes Sondierungsgespräch für eine Regierungsneubildung. Allerdings: bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen geht nichts ohne die Sozialdemokraten von Premier Gross. Die größte Oppositionspartei, die ODS, stimmte dem Gesprächsangebot zwar zu, fordert aber letztendlich vorgezogene Neuwahlen, zumal sie die Meinungsumfragen mit großem Abstand anführt. Kalousek möchte sich darauf jedoch zunächst nicht einlassen:

Miroslav Kalousek  (Foto: CTK)
"Meine Meinung zu vorgezogenen Neuwahlen ist ausreichend bekannt: das kann nur die letzte Lösung sein. Lösungen gibt es aber immer mehrere, und es liegt nur an dem guten Willen der Beteiligten, ob wir uns auf eine Lösung einigen, die nicht die beste für eine einzelne Partei ist, sondern die beste für die Tschechische Republik"

Wie diese Lösung aus Sicht der Christdemokraten aussehen könnte, ließ Kalousek allerdings offen. ODS-Chef Mirek Topolanek hält die Aktion von Kalousek vor allem für ein Ablenkungsmanöver:

"Den Schritt von Miroslav Kalousek sehe ich als Versuch, sich der Verantwortung dafür zu entziehen, dass gerade er und seine Partei es sind, die Stanislav Gross an der Macht halten. Ich denke, ein solches Treffen sollte jemand einberufen, der über den Parteien steht, etwa Präsident Klaus. Im Übrigen meine ich, dass man mit weiteren Kommentaren warten sollte, bis der Premierminister aus Paris zurückgekehrt ist, damit nicht verschiedene historische Konnotationen wachgerufen werden."

Mirek Topolanek  (Foto: Zdenek Valis)
Dafür allerdings ist es bereits zu spät: Allzu deutlich erinnern die Ereignisse an das so genannte "zweite Sarajevo" des Jahres 1997, als der damalige Regierungschef Vaclav Klaus gestürzt wurde, während er sich auf einer Auslandsreise in Sarajevo befand. Premierminister Gross bemühte sich bei Stellungnahmen aus Paris um Gelassenheit:

"Ich glaube, wenn jemand nicht in der Regierung sein will, dann gibt es keinen Grund ihn dazu zu zwingen. Das ist der freie Wille von jedem Einzelnen."

Ein für Donnerstag geplantes Regierungstreffen hat Gross aber inzwischen abgesagt. Stattdessen will er sich nun mit den Vorsitzenden der Koalitionsparteien einzeln treffen.