Zbraslav und Kapellmeister Jaromir Vejvoda
Eine Gaststätte namens Skoda lasky (Schade um die Liebe) mit einem kleinen Museum, Frühlingskonzerte anlässlich seines Geburtstags, ein Blasorchesterfestival alljährlich im September. Dies alles erinnert in dem kleinen Städtchen Zbraslav, das heute eigentlich bereits ein Prager Stadtviertel ist, an den Blasmusikkomponisten und Kapellmeister Jaromir Vejvoda. Er wurde vor allem als Autor der bekannten Rosamunde-Polka weltweit bekannt, die hierzulande als Skoda lasky (Schade um die Liebe) bekannt ist. Vejvodas Geburtsort Zbraslav werden Sie in der heutigen Sendereihe "Reiseland Tschechien" besuchen.
Südlich von Prag liegt auf dem linken Moldauufer das kleine Städtchen Zbraslav. Eigentlich ist es seit 30 Jahren ein Bestandteil der Hauptstadt, der sich allerdings den Charakter eines selbständigen Städtchens bewahrt hat. Über Zbraslav könnte man im Zusammenhang mit seiner reichen Geschichte lange erzählen. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ließ dort König Premysl Ottokar II. ein Jagdschlösschen errichten. Später entstand an dieser Stelle ein Zisterzienserkloster, in dem sich die letzte Ruhestätte der Premysliden befand. Das Kloster wurde in der Barockzeit neu aufgebaut und Anfang des 20. Jahrhunderts in ein Schloss verwandelt. Heute werden darin Sammlungen der Prager Nationalgalerie aufbewahrt und ausgestellt. Die Stadt besitzt aber auch weitere Sehenswürdigkeiten, wie etwa das Haus, in dem der bekannte Schriftsteller der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Vladimir Vancura lebte. Wir werden jedoch in der heutigen Sendung nach den Spuren des Kapellmeisters Jaromir Vejvoda suchen.
"Polka von Zbraslav" heißt das Stück, das Sie gerade gehört haben. Sein Komponist, Jaromir Vejvoda, stammte aus einer Musikerfamilie, die in Zbraslav und im nahen Modrany (heute sind beide Gemeinden Bestandteile Prags) seit mehreren Generationen wirkte. Vejvoda erzählte selbst: "Mein Opa war ein Kapellmeister, mein Onkel war Kapellmeister, der Vater, na sicher, auch Kapellmeister. Was blieb mir übrig?"
Gelegentlich kamen in der Kapelle bis zu 22 Vejvodas zusammen. Die Vorgänger Jaromir Vejvodas waren zwar Musiker, dies jedoch nur sozusagen nebenbei. Sie widmeten sich immer einem Handwerk bzw. einem Gewerbe. Bereits im Jahre 1834 kommt in Zbraslav der Name Josef Vejvoda vor. Dieser Maurermeister hatte fünf Söhne, aus denen er den Kern seiner Kapelle bildete. Den Taktstock und das Baugewerbe übernahm sein Sohn Josef, der in Zbraslav auch zahlreiche Häuser baute. U. a. das Haus Na ruzku, in dem die Familie Vejvoda seit 1919 lebte.
Sein Sohn, der kleine Jaromir, spielte bereits im Alter von sechs Jahren Geige und später, in der Kapelle seines Vaters, auch Flügelhorn. Den Militärdienst verbrachte er in der Militärkapelle in Brno/Brünn und danach kehrte er in die Kapelle seines Vaters zurück:
"Wir haben hier und da gespielt, im Restaurant meines Vaters Na ruzku, später im Hotel U Vejvodu, das meinem Onkel gehörte. Wir haben in verschiedensten Zusammensetzungen fast täglich, vor allem samstags und sonntags gespielt. Zbraslav war in jener Zeit ein gefragter Ausflugsort, Fiaker und Automobile fuhren dorthin in Strömen..."
- schreibt Vejvoda in seinen Erinnerungen. In weiteren Jahrzehnten reiste er als Kapellmeister durch die ganze Welt. Seit dem Zweiten Weltkrieg bis zu seinem Tod im Jahre 1988 lebte er jedoch in Modrany. Trotz seinen häufigen Reisen pflegte er zu sagen:
"Zu Hause ist für mich Zbraslav, Modrany. Sonst habe ich mich eigentlich wirklich nicht aus dem Hause gerührt."
Jaromir Vejvoda ist im Oktober 1988 gestorben. Seine drei Söhne, haben sich Anfang der 90er Jahre entschieden, an die Tradition der Musikerfamilie Vejvoda in Zbraslav anzuknüpfen und diese wieder zu beleben. Wie, davon erzählt auf einer CD sein Sohn Josef, der als Jazzmusiker tätig ist.
"Es gelang uns, die Tradition der anlässlich der Geburtstage unseres Vaters veranstalteten Konzerte in Zbraslav zu erneuern. Vejvodas Kapelle spielt dort wieder, allerdings unter der Leitung von Josef Vejvoda. Auf dem Stadtplatz zu Zbraslav, in dem Haus, wo mein Vater gelebt und komponiert hat, war einst eine Gaststätte, die seinen Eltern gehörte. Wir haben sie im Jahre 1993 neu geöffnet. Sie heißt Skoda lasky, also Rosamunde-Restaurant. Außer einer guten Küche sind hier Tonträger mit den neuesten Aufnahmen der Kompositionen unseres Vaters zu bekommen. Wir haben auch ein Archiv, wo Notenmaterialien, Fotografien und Erinnerungssachen, die mit seinem Leben verbunden sind, aufbewahrt werden. Die Amselpolka, die wir jetzt hören, wurde im Ausland viel populärer als hierzulande. Aber das ist der Lauf der Welt."
Der Gründung der Gaststätte Skoda lasky mit einer Ausstellung über das Leben und Werk des Vaters folgte drei Jahre später ein weiterer Schritt: Es wurde ein Blasmusikfestival ins Leben gerufen.
"Im Jahre 1996 wurde zum ersten Mal das Internationale Festival kleiner Blasorchester 'Vejvodova Zbraslav' veranstaltet. Ein Teil ist dabei ein Wettbewerb um die beste Interpretation einer der Kompositionen von Jaromir Vejvoda. Das Festival findet alljährlich am letzten Wochenende des Monats September statt. Die Polka 'In deinen Armen' (ihr tschechischer Titel lautet 'Polka von Zbraslav'), die wir hören, widmete der Komponist seinem Geburtsort. Deshalb wurde sie zur Leitmelodie der Festspiele."
Soweit Josef Vejvoda, der Sohn des Rosamunde-Autors Jaromir Vejvoda. Wir werden ihm auch das letzte Wort überlassen, zunächst aber unsere Quizfrage beantworten und eine neue Ihnen stellen. Also - Bedrich Smetana (nach diesem Komponisten haben wir im Juli gefragt) lebte in den Jahren 1856-1861in Schweden. Unser Glückwunsch und eine CD gehen an Marc Kautz nach Münster Und die heutige Quizfrage?
Schreiben Sie uns, unter welchem Namen die Polka Skoda lasky, auf Deutsch Rosamunde, in den englischsprachigen Ländern bekannt ist.
Unsere Adresse: Radio Prag, Vinohradska 12, 120 99, Prag 2 oder [email protected] .
"Gestatten Sie mir, liebe Hörerinnen und Hörer, bevor die letzte Polka ausklingt, Sie in das Städtchen Zbraslav einzuladen. Vergessen Sie nicht, die Gaststätte 'Skoda lasky' zu besuchen, und vergessen Sie nicht, dass im September das Blasmusikfestival 'Vejvodova Zbraslav' stattfindet. Zum Schluss möchte ich noch folgende Worte meines Vaters zitieren: 'Wissen Sie, ist das ein schönes Gefühl für einen Musikanten, wenn er sein Lied singen und pfeifen hört, wenn man es überall spielt. Ich hatte den Eindruck, dass die Leute meine Lieder mögen, dass ich ihnen damit Freude mache. Und das ist mein schönster Lohn."