6) Glas- und Bijouteriemuseum in Jablonec nad Nisou
Die Glasproduktion der letzten 700 Jahre, Bijouterie, aber auch Medaillen und Münzen. Dies alles ist im Museum für Glas und Bijouterie im nordböhmischen Jablonec nad Nisou / Gablonz zu sehen.
Das Museum für Glas- und Bijouterie hat seinen Sitz in einem Jugendstilgebäude im Zentrum von Jablonec nad Nisou. Dieses sei Anfang des 20. Jahrhunderts als Haus des Exports erbaut worden, erzählt Milada Valečková. Sie leitet das Museum.
„Der hiesige Handwerkerverein bemühte sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts um die Gründung eines Museums, damals noch eines Handwerksmuseums. Für uns gilt 1904 als Gründungsjahr des Museums. Damals war es jedoch im ehemaligen Schulgebäude untergebracht. Im Museum wollten die Industriellen und Handwerker aus dem damaligen Gablonz ihr Kulturerbe bewahren.“
Heute beherbergt das Museum zwei große Dauerausstellungen. Die eine konzentriert sich auf Glas, die andere auf Bijouterie. Die Glasausstellung entstand 2004 und heißt „Der Zaubergarten“.
„Die Schau geht vom Prinzip der französischen Gärten aus, in denen sich immer ein Hauptweg und eine Kirche befinden. Die Kirche wird im Museum durch eine Glocke symbolisiert. Diese stammt aus der ältesten Kirche in der Stadt und wurde auch von den Glasmachern finanziert. Des Weiteren gibt es einen französischen Garten mit einem Springbrunnen. Wir haben hier eine herrliche Glasfontäne, die 1925 in Paris mit dem Grand Prix ausgezeichnet wurde. Zudem finden sich in unserem Zaubergarten zahlreiche Gässchen und Ecken, in denen Exponate besichtigt werden können. Die ganze Ausstellung ist chronologisch gestaltet.“
Die ältesten Exponate stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Gezeigt werden aber auch Repliken von venezianischem Glas aus dem 16. Jahrhundert. Diese sind eine Leihgabe des Prager Kunstgewerbemuseums. Im Museum in Jablonec werden eben nicht nur Exponate aus Nordböhmen gezeigt.
„Seit den 1970er Jahren sammelt das Museum Glasprodukte aus ganz Tschechien. Wir haben die zweitgrößte Glassammlung im Land, die größte findet sich im Prager Kunstgewerbemuseum. In der Dauerausstellung wird auch erklärt, wie Glas entsteht, aus welchem Material es ist, bei welcher Temperatur und wie es geschliffen, geschnitzt, geätzt und bemalt wird. In Nordböhmen war die Glasmacherfamilie Riedel am bedeutendsten. Sie wurden Glaskönige genannt.“
Nominierung für Unesco-Welterbeliste
Die Mitarbeiter des Museums bemühen sich Valečková zufolge gemeinsam mit dem Kulturministerium darum, dass die manuelle Glasproduktion aus Böhmen als immaterielles Kulturerbe der Unesco anerkannt wird. An der Nominierung beteiligen sich sechs Länder: Neben Tschechien sind dies auch Deutschland, Finnland, Frankreich, Spanien und Ungarn.
„Tschechien ist darin einzigartig, dass hierzulande alle bekannten manuellen Glasmachertechniken genutzt wurden. Uns freut, dass bei der Unesco-Bewerbung von der Arbeit in der Glashütte über die Glasbläserei, die Arbeit mit dem Brenner, das Schnitzen, Schleifen und Malen bis zur Produktion von Bijouterie alles miteinbezogen wurde.“
Ein weiterer Teil des Museums konzentriert sich auf die Produktion von Bijouterie. Die Bijouterie aus Jablonec sei ein Phänomen, das die Stadt in der ganzen Welt berühmt gemacht habe, sagt Valečková:
„Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts etablierte sich der Begriff der ,Gablonzer Ware‘. Gablonz war ein bedeutendes Produktions- und Handelszentrum im Bereich Glasbijouterie. Die Produktion entstand insbesondere deswegen in unserer Gegend, weil es in den hiesigen Bergen kaum eine andere Chance gab, um Geld zu verdienen. Die hiesigen Glasmacher suchten nach Möglichkeiten, mehr aus ihrem Glas zu machen. Sie begannen, Halbprodukte für die Bijouterie herzustellen, die weiterverkauft wurden.“
Die Dauerausstellung über Bijouterie unter dem Titel eine „Endlose Geschichte“ wurde nicht chronologisch gestaltet, sondern nach der Art der Waren. Zu sehen ist Glas-, Metall- sowie Holzbijouterie. Die Museumsleiterin:
„Die Besucher lernen hier die wichtigsten Halbprodukte für die Bijouterie kennen. Zudem werden verschiedene Instrumente gezeigt, die zwar historisch aussehen, aber bis heute genutzt werden. Bei der Produktion von Bijouterie gibt es keine große Automatisierung.“
Zu den interessantesten Exponaten gehört die längste Halskette der Welt. Sie ist sogar ins Guinnessbuch der Rekorde eingetragen.
„Die Halskette stammt von 1994. Sie ist 220 Meter lang und besteht aus 9000 Perlen. Wir konnten sie nur deswegen an eine der Museumswände hängen, weil sie aus Kunststoff und Holz besteht. Eine Glaskette wäre hingegen zu schwer gewesen. Die Halskette entstand bei einem Happening. Sie wurde um das ganze Rathausgebäude herumgewickelt und anschließend ins Museum gebracht.“
Die längste Halskette der Welt
Nicht nur die längste Halskette der Welt wird in Jablonec gezeigt. Passionierte Fans des Filmmärchens „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ erkennen in der Dauerausstellung zudem die Halskette, die Aschenbrödel getragen hat. Das beliebteste Exponat bei Kindern ist jedoch der Expertin zufolge der sogenannte „Trendy Train“. Der kleine Zug kann verschiedene Farben haben.
„Der Zug ist in einen Mantel aus Perlen gekleidet. Die Glasfirma Preciosa gibt ihm immer wieder neue Farben, die gerade trendy sind. Der Zug fährt um ein Modell der ehemaligen Glasfabrik in Lučany herum. Das Gebäude steht noch und wird derzeit restauriert. Künftig soll dort ein Oldtimer-Museum untergebracht werden.“
Das Museum beherbergt auch eine Dauerausstellung von Münzen und Medaillen. Die Tradition der Medaillen-Prägung sei mit der Entwicklung der Metallbijouterie entstanden, sagt die Museumsleiterin.
„Zahlreiche Handwerker konzentrierten sich in Jablonec auf die feine Metallbearbeitung. Auch entstand hier eine spezialisierte Schule für sie, an der bis heute gelehrt wird. Dank dieser Tradition wurde nach der Teilung der Tschechoslowakei in Jablonec eine Prägeanstalt eingerichtet, an der Münzen und Medaillen kreiert werden.“
Jablonec nad Nisou hat eine Städtepartnerschaft mit Kaufbeuren im Allgäu. Die beiden Gemeinden haben einiges gemeinsam. Ein Stadtteil von Kaufbeuren heißt Neugablonz. Er entstand nach dem Krieg als eine Siedlung von Vertriebenen, die vorwiegend aus Jablonec nad Nisou und seiner Umgebung stammten. In Neugablonz gibt es ein Isergebirgsmuseum, in dem auch die Bijouterie aus Nordböhmen ein Thema ist. Bestehen Kontakte zwischen dem Glasmuseum in Jablonec und dem Museum in Kaufbeuren?
„In letzter Zeit sind die Beziehungen nicht absichtlich, sondern wegen Personaländerungen auf den beiden Seiten ziemlich eingeschlafen. Aber wir hoffen, dass die Zusammenarbeit wieder fortgesetzt wird. Das Museum aus Neugablonz hat uns Hilfe angeboten bei den Bemühungen um die Eintragung in die Unesco-Welterbeliste. Dies hat uns natürlich sehr gefreut.“
Milada Valečková und ihr Team planen für kommendes Jahr eine neue Dauerausstellung. Diese soll sich auf Weihnachtsschmuck konzentrieren und noch mehr Besucher ins Museum locken.
„In der Zeit vor der Corona-Pandemie haben jährlich rund 40.000 Menschen das Museum besucht. Mit der neuen Dauerausstellung erwarten wir 50.000 Besucher. Während der Corona-Zeit ist alles stehen geblieben. 40 Prozent der Museumsbesucher stammten früher aus dem Ausland, es kamen Menschen aus der ganzen Welt nach Jablonec, die meisten aus Deutschland und aus Polen.“
Zu den Besuchern des Museums gehören an diesem Tag auch Jindřich und Zdena Novotný aus Nové Město pod Smrkem / Neustadt an der Tafelfichte. Die Bijouterie hätten sie sich zwar nicht detailliert angesehen, erzählt Jindřich, aber…
„Wir haben uns eher das Pressglas angeschaut. Es ist das Glas aus unserer Kindheit. Wir haben mehrere Exponate erkannt.“
Und Zdena Novotná fügte hinzu:
„Mir gefiel der neue Pavillon Krystal. Die Sonne schien gerade herein. Die hervorragenden Werke unserer Glaskünstler verdienen einfach Bewunderung.“
Das Museum für Glas und Bijouterie in Jablonec nad Nisou ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.