Moderner Modeschmuck und Bijouterie-Design aus Tschechien
„Handmade Dreams“ - so heißt eine Ausstellung zeitgenössischer tschechischer Mode-Bijouterie, ihrer traditionellen Schmuckmuster und aktueller Trends in der Branche. Sie ist im Juni im Tschechischen Zentrum in Prag zu sehen. Anschließend wird sie sich als Wanderausstellung auf eine Tour durch das Ausland machen.
„Es gibt hier Stücke aus den verschiedensten Materialien, sowohl konservativere als auch gewagtere, die für die unterschiedlichsten Kunden bestimmt sind. Über die tschechische Glasproduktion sagt man, dass sie jeden Kundenwunsch erfüllen kann. Das ist nirgendwo sonst auf der Welt der Fall.“
Dominantes Element, Schwarz, Pastellfarben
Ringe, Ohrringe, Colliers und Broschen, aber auch Diademe, Knöpfe und Schnallen. All das ist Bijouterie – egal ob es sich um Glasperlen, Glassteine, Strass, oder ein anderes, weniger traditionelles Material wie Holz, Metall und Kunststoff handelt. Petr Nový beschreibt die wichtigsten derzeitigen Trends im Bijouterie-Design:„Einer der Trends ist zum Beispiel ein dominantes Element aus Glas: Das heißt nicht zwanzig Perlen auf einer Schnur, sondern eine größere Glasperle und rundum kleinere Dekorationen. Weiter sind es etwa atypische Formen der Glassteine. Also nicht mehr die Nachahmung von Diamanten, wie in der klassischen Bijouterie. Des Weiteren treffen wir selbstverständlich auf den Minimalismus im Design des Schmucks. Als klassisch kann der Gebrauch von schwarzer Farbe und Kristallen bezeichnet werden. Diese Kombination ist dauerhaft beliebt. Schließlich ist Schwarz überhaupt die beliebteste Farbe bei der Bijouterie. Außerdem sind bunte Farben wieder im Kommen, zum Beispiel die Pastellfarben. Das Glas sieht manchmal sogar wie Kunststoff aus. Die Pastell-Farben kommen häufig vor, zum Beispiel in Kombination mit Opal, und erinnern an die Mode der 1950er Jahre. Die Entwicklung ist insgesamt ähnlich wie beim Glas-Design.“
Die Vernissage bot auch Gelegenheit, mit Petr Nový in die Geschichte der Bijouterie zurückzublicken.„Die Geschichte der Bijouterie fängt hierzulande mit den Kelten an, also in ferner Vergangenheit. Man ging lange davon aus, dass in der Zeit der alten Slawen keine Bijouterie geschaffen, sondern nur importiert wurde. Archäologische Funde zeigen aber, dass das nicht wahr ist: die Slawen wanderten nicht nur, sondern sie widmeten sich in beschränktem Maße auch der Glasproduktion.“
Paternosterschüren – Anfänge des Außenhandels mit Bijouterie
Im 13. Jahrhundert begann das Geschäft mit den sogenannten Paternosterschnüren, erzählt Nový weiter:„Dabei handelte es sich um große durchstochene Wickelperlen. Sie wurden auf Ketten gefädelt und um den Hals getragen. Man betete an den einzelnen Perlen das Vaterunser. Damit begann der Außenhandel mit der Bijouterie, also wesentlich früher als mit dem Glas. Denn die Glasperlen fanden in Böhmen keinen Absatz, auch wenn sie hauptsächlich im Böhmerwald produziert und dort von Kaufleuten aus Nürnberg und aus Augsburg aufgekauft wurden.“
Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelte sich der Export von böhmischem Glas. Die Kaufleute, die mit den Waren ins Ausland fuhren, brachten immer auch Bijouterie mit, vor allem Glasperlen. Diese kamen zu der Zeit in Mode.
1930: 80 Prozent der Bijouterie weltweit kommen aus Gablonz
„Ich würde sagen, die Bijouterie war die Mutter und die böhmische Glasproduktion das Kind, das ihren Spuren folgte. Im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielte die Bijouterie im Export eine wichtigere Rolle als das Glas, auf das wir heute so stolz sind. Ich habe auch eine erstaunliche Zahl parat: Noch in den 1930er Jahren, zu Beginn der großen Wirtschaftskrise, waren sich die Medien im In- und Ausland in einem Punkt einig: etwa 80 Prozent der Bijouterie weltweit, wurden entweder in Gablonz und Umgebung hergestellt, oder passierten die Stadt zumindest als Handelsware.“Gerade im nordböhmischen Gablonz und den umliegenden Orten des Isergebirges hat die Fertigung von Glasschmuck eine lange Tradition. Sie entwickelte sich aus der im 16. Jahrhundert im Isergebirge angesiedelten Hohlglasindustrie. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Glaskurzwaren wie Lüsterbehänge, Perlen, später auch Glassteine und Knöpfe hergestellt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam die Fertigung von Modeschmuck hinzu, also Schmuckimitaten aus unedlen Materialien. Mit Einsetzen der Industrialisierung erlebte die Gablonzer Industrie ein starkes Wachstum.
Die Bijouterie gilt manchmal als Flitter, als billige Dekoration, als Ersatz für echten Schmuck aus Gold und Edelsteinen. Petr Nový lehnt aber eine solche Darstellung entschieden ab:
„So hat nur Adolf Hitler gesprochen. Aus diesem Grund hat er Gablonz gar nicht besucht. Wir sind bis heute froh, dass er in Liberec war, und nicht bei uns. Er nutzte den Ausdruck ‚Mumpitz-Industrie‘. Anfang der 1950er Jahre herrschte dann eine andere ideologische Barriere – die Frau sollte sich nicht schmücken, sondern arbeiten. Der abwertende Blick auf die Bijouterie ist also ziemlich neu. So etwas kann nur ein Mensch sagen, der nie in unserem Museum war. Wer nur einen Teil der 12 Millionen Ausstellungsstücke gesehen hat, müsste zugeben, dass er sich irrt. Nur wenige Industriebereiche sind so kreativ, wie die Bijouterie.“Nina Ricci, Karl Lagerfeld und Gaultier
Dank der Kreativität, der hohen Qualität und der Fähigkeit, ein breites Spektrum von Kunden anzusprechen, können böhmische Waren den Billigprodukten aus dem fernen Osten konkurrieren. Als goldene Ära der Bijouterie bezeichnet Petr Nový die 1960er Jahre. Damals waren die tschechischen Export-Firmen Jablonex und Skloexport einige Jahre lang Partner des Filmfestivals in Cannes.
Die Ausstellung „Handmade Dreams“: zeitgenössische tschechische Mode-Bijouterie ist bis zum 30. Juni im Tschechischen Zentrum in Prag zu sehen. Der Ausstellungssaal befindet sich in der Prager Altstadt, und zwar in der Rytířská Straße 31. Der Eintritt ist frei. Weitere Stationen in diesem Jahr sind Budapest, Sofia und Thessaloniki. Über Ausstellungen in Deutschland und Österreich wird noch verhandelt.
„In den Zeitschriften jener Zeit kann man tolle Bilder von Schauspielern aus Hollywood oder Frankreich finden, die sich mit böhmischen Gläsern fotografieren ließen. Aber auch etwa Claudia Cardinale ließ sich mit einem herrlichen Collier aus böhmischer Produktion ablichten. Sophia Loren bekam damals ebenfalls ein Collier geschenkt. Wir zeigen in unserer Ausstellung aber ein anderes, das sie im Jahr 2014 bekam.“
Die tschechische Bijouterie hat Partner, auf die sie stolz sein könne, unterstreicht Nový:
„Wer weiß denn schon, dass Modemarken wie Nina Ricci, Karl Lagerfeld und Jean Paul Gaultier Modeschmuck aus Gablonz nutzen? Es werden große Modeschauen veranstaltet, zum Beispiel in Rio de Janeiro, wo man kaum ein anderes Steinchen als ein böhmisches finden kann. Außerdem tragen zum Beispiel Popstars wie Britney Spears oder Shakira Kostüme, die von ausländischen Modedesignern entworfen wurden, aber die mit böhmischer Bijouterie besetzt sind.“