Zurückgehende Flusspegel offenbaren Ausmaß der Flutkatastrophe in Mähren
Nachdem in Mähren die Flusspegel zurückgegangen sind, wird an vielen Orten das Ausmaß der Hochwasserkatastrophe sichtbar. Mehrere Zehntausend Haushalte bleiben weiterhin ohne Strom. Und die Zahl der Todesopfer ist mittlerweile auf drei angestiegen.
Nach den schweren Überschwemmungen in Tschechien scheint es am Dienstag, als sei das Schlimmste vorüber. Die Flusspegel in Mähren, wo bisher drei Menschen tot geborgen und weitere vermisst werden, sinken wieder. In Südböhmen ist die Gefahr noch nicht ganz vorüber, an vielen Orten zeichnet sich aber ab, dass man der Katastrophe knapp entkommen ist. Vielerorts können die evakuierten Anwohner nun in ihre Häuser zurückkehren. Die Schäden werden begutachtet, und die Aufräumarbeiten beginnen – auch in Litovel / Littau. Die Stadt im Kreis Olomouc / Olmütz wurde von den Wassermassen fast komplett überschwemmt. Der Ort war zudem zwischenzeitlich von der Außenwelt abgeschnitten.
„Im Garten stand mir das Wasser bis zur Hüfte. Der Keller ist immer noch komplett überflutet, wir können ihn nicht betreten“, berichtet Pavla, die mit ihrer Familie in einem Haus in der Nähe des Flusses Morava / March lebt.
So gut es ging hatte sich die Frau auf die Flut vorbereitet. Dann konnte sie nur noch zusehen, wie das Wasser in ihr Haus drang.
František erging es ähnlich. Er führt den Reporter des Tschechischen Rundfunks in seine Garage im Zentrum von Litovel:
„Alles ist voller Schlamm. An der Wand sieht man, wie viel Wasser es hier gab. Dort hinten stand es einen halben Meter hoch.“
Sein Auto konnte der Mann rechtzeitig in Sicherheit bringen und auf einem Hügel in der Nähe parken, sein Hab und Gut brachte er auf Tischen und in Regalen unter.
Nun ist der Pegel der March zwar zurückgegangen. Einige Straßen in Litovel sind wegen des Wassers aber weiterhin gesperrt. In manchen Stadtteilen konnte bis Dienstagmittag zudem die Stromversorgung immer noch nicht wiederhergestellt werden.
„In den nächsten Tagen und Stunden erwartet uns viel Arbeit“, sagt Bürgermeister Viktor Kohout (parteilos).
Am Montagabend war die Regierung in Prag zu einer Krisensitzung zusammengekommen, an der auch Staatspräsident Petr Pavel teilnahm. Innenminister Vít Rakušan (Stan) berichtete im Anschluss, was aktuell die Prioritäten sind:
„Wir versuchen derzeit, uns um die akutesten Probleme zu kümmern, die die Menschen in den am schlimmsten betroffenen Regionen und den teils isolierten Ortschaften haben. Das sind in erster Linie mangelndes Trinkwasser, die zusammengebrochene Stromversorgung und kein Handynetz.“
Bei der Kabinettssitzung wurde die Einrichtung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die die finanzielle Unterstützung der Flutregionen koordinieren soll. Laut Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) müssen als erster Schritt die Schäden beziffert werden.
Bei den Aufräumarbeiten in den betroffenen Regionen sollen auch Soldaten und Armeetechnik eingesetzt werden. Bis zu 2000 Angehörige der Streitkräfte will man entsenden, beschloss das Kabinett. Verteidigungsminister Jana Černochová (Bürgerdemokraten) sagte:
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„Die Soldaten werden etwa Behelfsbrücken errichten, wenn andere Überführungen von den Wassermassen beschädigt oder zerstört wurden. Die Regierung hat den Einsatz der Streitkräfte vom 17. September bis zum 31. Oktober genehmigt. Sollte sich aber zeigen, dass die Hilfe auch darüber hinaus nötig ist, sind wir auch darauf vorbereitet.“
Das Kabinett hat am Montag zudem beschlossen, dass die Staatliche Materialverwaltung (SSHR) kostenlos dringend benötigte Technik an die vom Hochwasser betroffenen Gemeinden ausleihen kann. Ohne eine derartige Genehmigung dürfen die Reserven nur an die Rettungskräfte ausgegeben werden. Nun aber kann man den Gemeinden direkt Wassertanks, Stromgeneratoren, Trockengeräte oder Behelfsbrücken zur Verfügung stellen.
Neben den Aufräumarbeiten steht derzeit auch die Entwicklung an der Elbe im Fokus. Umweltminister Petr Hladík (Christdemokraten) sagte am Montagabend nach der Sitzung der Zentralen Hochwasserkommission:
„Wir verfolgen aufmerksam die Lage in Ústí nad Labem, Děčín und Mělník. Das heißt, wir nehmen die Niederschlagsentwicklung, die Hochwasserwellen und die Scheitelpegel genau in den Blick.“
Laut Landwirtschaftsminister (Christdemokraten) Marek Výborný wird die Situation an der Elbe aber vermutlich zu bewältigen sein, da der Zufluss durch die Stauseen an der Moldau reguliert werden kann.