Zwei Schüler aus Liberec gewinnen das tschechische Landesfinale von „Jugend debattiert“
Der internationale Wettbewerb „Jugend debattiert“ hat in Tschechien bereits lange Tradition. Auch in diesem Jahr beteiligten sich hierzulande wieder 15 Schulen. Im Mai fand in der deutschen Botschaft das Landesfinale statt.
Feierlich eröffnete Jaroslav Prais das tschechische Landesfinale von „Jugend debattiert“. Der Moderator wusste, was die Finalisten erwartet, denn er war selbst einmal Gewinner des Debattierwettbewerbs in deutscher Sprache. Tschechien ist von Anfang an Teil des Programms „Jugend debattiert im Ausland“. Insgesamt 15 sogenannte DSD-Schulen haben in diesem Jahr teilgenommen. Das sind Sprachdiplomschulen, die ein spezielles Deutsch-Profil fördern. Der deutsche Botschafter Andreas Künne betonte in seiner Begrüßungsrede den außerordentlichen Erfolg des seit 20 Jahren bestehenden Formats und bedankte sich vor allem bei den jungen Debattierenden. Vier von ihnen hätten es bis in das Finale geschafft, davor habe er größten Respekt.
Einer der Finalisten war Ondřej Augusta vom Gymnasium František Xaver Šalda in Liberec. Seine Begeisterung für das Debattieren wurde in der Schule geweckt:
„Wir haben dort eine Debattier-AG, die aber auf Tschechisch stattfindet. Auf mich kam Herr Henrich, einer meiner Lehrer, zu und hat mir Jugend debattiert vorgestellt. Seitdem nehme ich daran teil.“
Die Regeln des Wettbewerbs sind international gleich. Eine Debatte erstreckt sich über drei Teile. Sie beginnt mit der Eröffnungsrunde, in der die Debattanten ihre Position so klar wie möglich formulieren sollen. Darauf folgt die freie Aussprache. Sie dient dazu, Argumente präzisier darzustellen und auf die Gesprächspartner zu reagieren. Zuletzt werden die wichtigsten Standpunkte noch einmal in einer Schlussrunde zusammengefasst. Im tschechischen Landesfinale lautete die Streitfrage mit der sich die Finalisten auseinandersetzen mussten: „Sollen in Schulen regelmäßige Zivilschutzübungen durchgeführt werden?“
Alle Teilnehmer des Finales bekamen kurz zuvor eine spezifische Pro- oder Contra-Position zugeteilt. Unter den letzten vier, waren in diesem Jahr sogar zwei Schüler aus Liberec, Ondřej Augusta und Štěpán Dvořák. Neben ihnen debattierten Adam Stibor vom Prager Matyáš-Lerch-Gymnasium und Matěj Kalina von der Deutschen Schule in Prag. Auf dem Weg in das Finale, mussten die Vier viele Herausforderungen meistern. Begleitet wurden sie dabei stets von engagierten Lehrkräften.
Debatte lebt von Begegnungen
Silke Gester ist Bundesprogrammlehrkraft am christlichen Gymnasium in Prag und bereitet seit vielen Jahren die Schülerinnen und Schüler auf „Jugend debattiert“ vor. Sie findet, das Format lebe vor allem von Begegnungen:
„Es geht nicht nur um den Wettbewerb, sondern auch um das Miteinander in den Schulen. Wir sagen auch immer: ‚Debatte ist Teamwork‘. Man kann hier keine Einzelkämpfer erziehen. Hinter jedem guten Debattanten und jeder guten Debattantin steht immer ein gutes Team. Nicht nur die Menschen auf dem Podium debattieren, sondern auch diejenigen, die gut mitrecherchieren und ihre klugen Ideen einbringen.“
An „Jugend debattiert“ beteiligen sich hierzulande Schulen, die das Sprachdiplom DSD II anbieten. Zielgruppe der besonderen Sprachausbildung sind Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 bis 18 Jahren. Gester findet, das Debattieren trage nicht nur dazu bei, kritisches Reflexionsvermögen zu stärken, sondern habe nebenbei noch den Effekt, den Wortschatz und die Sprechfähigkeiten der Fremdsprache auszubauen.
Unterstützung erhalten die Lehrkräfte unter anderem von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen. Helmut Kehlenbeck ist dort Fachschaftsberater für Deutsch als Fremdsprache und zudem Landeskoordinator von „Jugend debattiert“ in Tschechien. Zuvor war er bereits als Fachberater und Mitbegründer des Wettbewerbs in den USA tätig. In Tschechien funktioniere die seit nunmehr 20 Jahren bestehende Kooperation besonders gut:
„Es gibt viele tschechische Schulen mit sehr guten Deutsch-Programmen. Wir von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen betreuen 30 DSD-Schulen. Wir haben stabile Teilnehmerzahlen bei den Prüfungen. Dadurch, dass ‚Jugend debattiert‘ schon seit 20 Jahren etabliert ist, gibt es hier eine gute Tradition. Die Schulen wissen im Wesentlichen, was auf sie zukommt. Wir haben gut fortgebildete Lehrkräfte. Bei den Regionalentscheidungen haben die Schulen wunderbar unterstützt. Es war eine schöne Zusammenarbeit.“
Dass die Kooperation und Arbeit an den Schulen erfolgreich ist, beweisen die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wettbewerbs. Obwohl sie in den Debatten alles geben, die Jury mit ihren Argumenten zu überzeugen, ist von Konkurrenzkampf keine Spur. Unter den Finalisten herrscht ein freundschaftliches Miteinander, denn offensichtlich teilen sie alle die Begeisterung für das Debattieren.
Ondřej Augusta aus Liberec findet, dass allein die Teilnahme an dem Wettbewerb ein Gewinn war. Zwar habe es auch stressige Momente gegeben – zum Beispiel während der aufwendigen Recherchearbeiten, die für ihn nicht immer leicht gewesen seien. Dennoch habe ihn die Arbeit weitergebracht. Sich in eine andere Rolle hineinzuversetzen und Meinungen vor einem Publikum zu präsentieren, das war für ihn dabei das Wichtigste.
Man nimmt eine Rolle ein
Diesen Aspekt findet auch Štěpán Dvořák besonders wichtig. Er begeistert sich seit längerer Zeit für das Theaterspielen, womit sich das Debattieren durchaus verbinden ließe
„Beim Debattieren spielt man eigentlich in einem gewissen Rahmen auch eine Rolle. Und je mehr man sich diese Rolle zu Herzen nimmt und sich selbst davon überzeugt, ob man pro oder contra ist, egal was wirklich die eigene Meinung ist, desto lebendiger und besser debattiert man.“
Alle vier Finalisten sehen den Wettbewerb als einen Prozess des Lernens, aus dem sie gestärkt hervorgegangen sind. Matěj Kalina beschreibt seinen persönlichen Erfolg wie folgt:
„Für mich war im Prinzip das Wichtigste, dass es bei jedem weiteren Teil des Wettbewerbs einfacher wurde. Ich sehe, wenn ich jetzt auf meine eigene Geschichte zurückblicke, dass das Schulverbundfinale für mich schwieriger war als das Finale heute. Bei dem Finale war ich viel selbstbewusster.“
Ohne die intensiven Vorbereitungen für das Sprachdiplom DSD II wäre das nicht möglich gewesen. Ondřej Augusta ist deshalb froh, dass er die Entscheidung getroffen hat, eine Schule zu besuchen, die ihm eine Doppelqualifizierung im Fach Deutsch als Fremdsprache ermöglicht:
„Ich bin jetzt seit fünf Jahren Schüler des deutschen Gymnasiums in Liberec und werde doppeltes Abitur machen. Ich freue mich darauf, weil es mir viele Vorteile für das Leben bringen wird.“
Und schon jetzt konnte Ondřej Augusta die Jury des Landesfinales überzeugen, er belegte den ersten Platz. Der zweite Platz ging an Štěpán Dvořák, also einen weiteren Schüler vom Gymnasium František Xaver Šalda in Liberec. Umso größer war die Freude der beiden, Ende September gemeinsam Tschechien beim internationalen Finale in Berlin vertreten zu dürfen.