Zwischen Poetry Slam und Verlagswesen: deutschsprachige Literatur bei Prager Buchmesse

Buchmesse „Svět knihy“ (Foto: YouTube)

„Vielfalt der Poesie“ - ein großes Thema bei der diesjährigen Prager Buchmesse „Svět knihy“ und damit auch für „Das Buch“. Dieses literarische Programm wird vom Goethe-Institut, dem Österreichischen Kulturforum und der Schweizerischen Botschaft veranstaltet. Mit Lesungen von insgesamt 6 Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz serviert man den Besuchern deutschsprachige Literatur. Heinrich Blömeke, Leiter des Goethe-Instituts, verriet mehr über das bunte Programm.

Buchmesse „Svět knihy“  (Foto: YouTube)
Herr Blömeke, Sie sind der Leiter des Goethe-Instituts Prag und veranstalten auch in diesem Jahr das literarische Programm ‚Das Buch’ auf der ‚Svět knihy’. Welche Autoren wurden denn in diesem Jahr ausgewählt, um die deutschsprachige Literatur zu präsentieren? Und warum haben Sie sich gerade für diese entschieden?

„Schwerpunkt der diesjährigen Buchmesse ist ja die Lyrik. Das Motto ‚Wege der Poesie’ war für uns auch der Grund, bestimmte Autoren auszuwählen. Der Schwerpunkt Lyrik wird auf deutscher Seite durch die Einladung von Michael Krüger bestätigt. Herr Krüger wird etwas über Lyrik und ihre Vermarktung und auch über das Verlagswesen sagen. Außerdem wird er mit dem zweiten bundesrepublikanischen Gast, Wilhelm Genazino, dem Büchner-Preisträger, über literarisches Leben in Deutschland und über Verlage und Autoren und das Verhältnis zwischen beiden sprechen. Dann wird Herr Genazino aus seinem Roman, der jetzt auch ins Tschechische übersetzt wurde, ‚Ein Regenschirm für diesen Tag’, lesen.“

Heinrich Blömeke  (Foto: Archiv des Goethe-Instituts)
‚Das Buch’ findet nun schon zum siebten Mal bei der Buchmesse statt. Was hat sich verändert im Vergleich zu den letzten Jahren?

„Sicherlich stellen sich alle im Literaturbetrieb Tätigen immer wieder die Fragen: Was bedeutet das Internet? Was bedeuten die sozialen Medien? Was bedeuten diese Dinge für die Leserschaft? Wird sie dadurch weniger? Zusätzlich beschäftigt man sich mit der Frage, ob die sozialen Medien und die Nutzung des Internets die Buchproduktion verändern. Da gibt es ganz utopische Modelle, bei denen jemand in seinem Blog den Lesern bestimmte Vorlagen liefert und seine Leser dann dazu einlädt, Vorschläge zu machen, wie der Roman weitergehen soll. Das sind globale Themen, die jede Buchmesse, ob in Prag, Frankfurt, Sydney oder Toronto, beschäftigen.“

Mit Stefan Abermann und Daniela Dill haben Sie auch zwei Poetry Slammer eingeladen. Hängt das auch mit dem Thema Blog zusammen?

Daniela Dill  (Foto: Archiv des Goethe-Instituts)
„Das hängt sicherlich damit zusammen, sich zu fragen, wie aktuelle Entwicklungen und Kommunikationsformen von jungen Leuten das Lesen verändern. Die Leserschaft muss sich verjüngen, das ist ein ganz normaler biologischer Prozess. Und Poetry Slam ist eine literarische Form, die nicht so sehr etabliert ist, dafür aber ein anderes und jüngeres Publikum ansprechen kann.“

Welchen Stellenwert hat die deutschsprachige Literatur in Tschechien und warum ist der deutsche Beitrag ‚Das Buch’ so wichtig für die Prager Buchmesse?

„Die deutschsprachigen Länder sind Nachbarn der Tschechischen Republik. Ich glaube, wir haben eine lange und große Tradition des gegenseitigen Wahrnehmens und Lernens. Von daher gibt es eine tschechische literarische Öffentlichkeit und ein Publikum, was sich sehr stark dafür interessiert, was in Deutschland passiert. Wir haben natürlich auch in vielerlei Hinsicht gemeinsame Lebenserfahrungen und -wahrnehmungen: Themen, die sich mit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit im deutschsprachigen Raum beschäftigen, haben in Tschechien einen besonderen Resonanzboden, weil natürlich vergleichbare Erfahrungen vorliegen. Das heißt, dass sich aus der Nähe ein natürliches Interesse ergibt an dem, was passiert.“