Zwischenbilanz: Entschädigung ehemaliger Nazi-Opfer in Tschechien

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Das Prager Büro für die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter, das beim Tschechisch- Deutschen-Zukunftsfonds errichtet wurde, hat in dieser Woche eine Zwischenbilanz gezogen. Mehr dazu von Jitka Mladkova:

Man befinde sich gerade in der Halbzeit, wurde bei einem Treffen mit Journalisten konstatiert. Also ein guter Anlass über die bisherige Arbeit zu informieren, um so mehr, wenn die gesamte Bilanz positiv ausfällt. Fast 40 Tausend ehemalige Opfer des Nationalsozialismus in Tschechien, das ist ungefähr die Hälfte der Antragsteller, haben bereits das symbolische Entschädigungsgeld ausgezahlt bekommen. Die deutsche Bundesstiftung für Erinnerung, Verantwortung und Zukunft sowie der Österreichische Versöhnungsfonds haben den ehemaligen Opfern insgesamt 3,4 Milliarden Kronen zukommen lassen. Ausgezahlt wurde nicht nur an tschechische Bürger, sondern auch an Angehörige anderer Staaten, die über einen festen Wohnort in der Tschechischen Republik verfügen. Unter den Empfängern sind auch Roma bzw. Angehörige anderer nationaler Minderheiten, die in Tschechien leben. Vor dem Hintergrund der positiven Ergebnisse der geleisteten Arbeit sagte der Leiter des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds in Prag, Herbert Werner, gegenüber Radio Prag:

"Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen, dass wir insgesamt doch recht erfolgreich waren, denn man muss sich daran erinnern, dass wir ja keine Entschädigungsstiftung sind. Der Tschechisch-Deutsche Zukunftsfonds hat sich erst vor knapp zwei Jahren mit dieser Problematik zum ersten Mal befasst Der Fonds hat sich damals spontan bereit erklärt, wenn man es in Berlin wünscht, diese Arbeit abzuwickeln. Wir haben dann systematisch mit dem tschechischen Außenministerium und vor allem mit dem Sonderbotschafter Sitler zusammengearbeitet und es auch geschafft, dass wir so weit gekommen sind. Und deswegen ist die Benotung und die Eigenbewertung relativ gut. Wir haben bisher bei den Überprüfungen, die aus Berlin erfolgt sind, immer nur hervorragende Ergebnisse erzielt."

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Es war nicht leicht, alle Antragsteller in eine der gleich zu Beginn festgelegten Opferkategorien einzustufen. Außer den Sklaven- und Zwangsarbeitern, die entweder in ein KZ verschleppt oder in ein Zwangsarbeitlager in Deutschland verschickt wurden, gab es auch solche, die z.B. auf dem Gebiet des damaligen Protektorats Böhmen und Mähren in verschieden Haftstätten zu leiden hatten, wo Verhältnisse herrschten, die denen eines KZs oder eines Zwangsarbeitslagers gleichzusetzen sind. Wie Herbert Werner diesbezüglich informiert hat, stehe man kurz vor einer Bestätigung aus Berlin, dass auch diese Personen finanziell entschädigt werden. Dies auszuhandeln hat Mühe gekostet - das ist schließlich auch den folgenden Worten von Herbert Werner zu entnehmen:

"Es war kein Kampf, aber es war eine ständige Diskussion, hin und her, in der sich hier unsere Mitarbeiter vortrefflich geschlagen haben, und wie gesagt, wir stehen jetzt kurz vor dem Ziel."

Nicht nur auf die bei der bisherigen Arbeit gesammelten Erfahrungen kann sich das Arbeitsteam des Prager Büros für Entschädigung in der zweiten Halbzeit seiner Tätigkeit stützen. Das bestätigte uns Tomas Kafka, ebenfalls Leiter des Tschechisch-Deutschen Zukunftsfonds in Prag:

"Das wollen wir uns alle wünschen, dass es etwas leichter und sagen wir auch etwas zügiger vonstatten gehen würde, aber es sind nicht nur die Erfahrungen, die uns zu diesem Optimismus berechtigen, sondern auch das Wissen um sehr viele und sehr engagierte Partner und Partnerorganisationen, auf die wir uns in unterschiedlichen Arbeitsbereichen verlassen können. Es ist anfangend bei den Opferverbänden, die uns sehr viel Geduld und auch Verständnis entgegengebracht haben, aber auch die Bankhäuser, die Bundesstiftung selbst. Also das sind mittlerweile für uns vertrauliche, man kann sogar sagen eingespielte Partner, die uns wirklich optimistischer werden lassen."

Nach Mitteilung von Jan Sechter, Unterhändler des tschechischen Außenministeriums für die Entschädigung der ehemaligen Nazi-Opfer, soll die überwiegende Mehrheit ehemaliger Sklaven- und Zwangsarbeiter ihr beanspruchtes Entschädigungsgeld im September erhalten, bis zum Jahresende dürften die restlichen Zahlungen erledigt werden.